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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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verleumden, aber die Leute hörten immer weniger auf ihn, denn was Caesar zu sagen hatte und mehr noch wie er es sagte, gefiel ihnen.
    Als einige Städte in Mazedonien und Mittelgriechenland Caesar baten, in ihrem Namen Anklage gegen den älteren Dolabella zu erheben — der von seiner verlängerten Statthalterschaft zurückgekehrt war, nachdem Appius Claudius Pulcher endlich in seiner Provinz eingetroffen war —, nahm Caesar das Mandat an. Es sollte sein erster wirklich bedeutender Prozeß sein, denn das Verfahren sollte bei der quaestio de repetundae stattfinden, dem Gericht für Fälle von Erpressung in den Provinzen, und richtete sich gegen einen politisch einflußreichen Mann aus einer der höchsten römischen Familien. Da Caesar wenig über die Amtsführung des älteren Dolabella wußte, begann er mit den Zeugenanhörungen und sammelte Beweise für die Anklage. Seine Mandanten, die griechischen Ethnarchen, waren von ihm begeistert, zeigte er sich doch stets umgänglich, zuvorkommend und voller Respekt für ihren politischen Rang. Vor allem aber beeindruckte sie sein Gedächtnis: Was er einmal gehört hatte, vergaß er nicht mehr. Oft griff er ein scheinbar nebensächliches, von niemandem bemerktes Detail auf, das sich dann unerwartet als wichtig erwies.
    »Vor übertriebener Zuversicht muß ich allerdings warnen«, sagte er zu seinen Mandanten am Morgen des Prozeßbeginns. »Auf der Geschworenenbank sitzen nur Senatoren, deren Sympathien vor allem Dolabella gehören. Er gilt als guter Statthalter, weil er die Skordisker in Schach gehalten hat. Ich halte es daher für unwahrscheinlich, daß wir den Prozeß gewinnen.«
    Tatsächlich endete das Verfahren mit einem Freispruch — trotz der erdrückenden Beweise, über die nur ein Senatorengericht hinwegsehen konnte, das über einen Senatskollegen zu befinden hatte. Dennoch brauchte sich Caesar bei seinen Mandanten nicht zu entschuldigen. Seine Beweisführung und seine Redekunst vor Gericht wurden als die beste juristische Leistung seit langem gepriesen, und viele drängten ihn, seine Reden zu veröffentlichen.
    »Sie werden einmal als Muster für Schüler der Rhetorik und des Rechts dienen«, sagte Marcus Tullius Cicero, der um eine Abschrift für sich selbst bat. »Du hättest zwar nicht verlieren dürfen, aber ich bin froh, daß ich rechtzeitig aus dem Ausland heimgekommen bin, um deine Reden zu hören. Mit ihnen hast du selbst Hortensius und Gaius Cotta übertroffen.«
    »Auch ich bin froh, Cicero«, gestand Caesar. »Wenn man von Cethegus mit Lob überschüttet wird, ist das eine Sache, aber etwas ganz anderes ist es, von einem Anwalt deines Kalibers um Abschriften meiner Reden vor Gericht gebeten zu werden.« Er fühlte sich von Ciceros Bitte geschmeichelt.
    »In Rhetorik kannst du mich nichts mehr lehren«, entgegnete Cicero und minderte damit, ohne es eigentlich zu wollen, sein großzügiges Kompliment. »Aber ich kann dir versichern, Caesar, daß ich das Verfahren studieren werde, wie du den ganzen Prozeß aufgezogen und deine Anklage untermauert hast.« Cicero sprach weiter, während sie mit langen Schritten über das Forum gingen. »Ich bin verblüfft über deine Fähigkeit, die Stimme zu modulieren. Im Gespräch ist sie so tief, aber wenn du vor einer Versammlung sprichst, gibst du ihr ein helles Timbre, so daß sie herrlich weit trägt. Wer hat dir das beigebracht?«
    »Niemand«, entgegnete Caesar erstaunt. »Mir ist nur aufgefallen, daß Männer mit tiefer Stimme von ferne schlechter zu hören sind als solche mit heller Stimme. Da ich aber von allen gut gehört werden möchte, habe ich mich in einen Tenor verwandelt.«
    »Apollonius Molon, mit dem ich in den letzten beiden Jahren Fragen der Rhetorik studiert habe, behauptet, daß die Stimme eines Menschen von der Länge seines Halses abhängt. Je länger der Hals, desto tiefer die Stimme. Und du hast einen langen, dünnen Hals! Zum Glück hat mein Hals gerade die richtige Länge«, mußte Cicero noch hinzufügen.
    »Eher kurz«, sagte Caesar mit funkelnden Augen.
    »Gerade richtig«, wiederholte Cicero unbeeindruckt.
    »Du siehst gut aus und hast endlich ein paar Pfund zugenommen.«
    »Ja, mir geht es gut. Und es reizt mich, wieder bei Gericht aufzutreten. Allerdings möchte ich mich nicht unbedingt mit dir messen. Manche Titanen sollten lieber nicht aufeinanderstoßen. Dazu rechne ich auch solche wie Hortensius und Gaius Cotta.«
    »Ich hätte mehr von ihnen erwartet«, sagte Caesar. »Wenn das

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