MoR 03 - Günstlinge der Götter
einer geeigneten Anklage drängte sich der Name Gaius Antonius Hybrida sofort auf.«
»Was hat er verbrochen?«
»Er war Kavalleriepräfekt, dem die Distrikte von Thespiae, Eleusis und Orchomenos unterstanden, als Sulla oder seine Stellvertreter mit ihren Truppen in Böotien lagen. Als Soldat hat er sich nicht hervorgetan, dafür fand er um so größeres Gefallen an abartigen Vergnügungen: Foltern, Verstümmeln, Vergewaltigen von Frauen und Männern, Knaben und Mädchen, schließlich auch Mord.«
»Und sein Name ist tatsächlich Hybrida?«
»Ja, er heißt tatsächlich so.«
»Ich habe ihn stets für einen typischen Vertreter der Antonii gehalten: einen Trunkenbold, der nicht eher ruht, bis er alles Geld ausgegeben hat, mit einem maßlosen Appetit auf Essen und Frauen.« Sein Gesicht zeigte, daß er sich ekelte. »Aber Folter? Selbst für einen Antonius wäre das ungewöhnlich. Ich würde das eher von einem Ahenobarbus annehmen!«
»Wir haben unwiderlegbare Beweise, Caesar.«
»Dann muß er diese fatale Neigung von der Seite seiner Mutter geerbt haben. Sie war keine Römerin, wenn ich auch nie etwas Nachteiliges über sie gehört habe. Sie stammte aus Apulia, aber die Apulier sind keine Barbaren, und was ihr mir berichtet, ist reine Barbarei. Selbst Gaius Verres ist nicht soweit gegangen.«
»Wir haben unwiderlegbare Beweise«, wiederholte Iphikrates. Er schaute Caesar ernst an. »Nun versteht Ihr vielleicht unsere Not, denn wer aus den feinsten Kreisen Roms würde uns schon glauben, es sei denn, ganz Rom redete von dem Fall und alle sähen unsere Beweise mit eigenen Augen?«
»Habt ihr Opfer, die als Zeugen aussagen können?«
»Dutzende, wenn es sein muß. Leute, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen. Verstümmelt sind sie alle: manchen hat man die Augen ausgestochen, manchen die Ohren abgeschnitten, manche haben keine Zunge mehr, manche keine Nase oder Hände oder Füße oder Beine oder Geschlechtsteile. Frauen ist die Gebärmutter herausgerissen worden, anderen Unglücklichen hat man die Haut abgezogen, oder sie haben gleich mehrere Grausamkeiten auf einmal erdulden müssen. Dieser Mensch war eine Bestie. Seine Spießgesellen nicht weniger, aber die kommen hier nicht in Betracht, da sie nicht der Nobilität angehören.«
Caesar sah betrübt aus. »Dann sind seine Opfer also mit dem Leben davongekommen?«
»Die meisten ja. Hybrida meinte, sein grausames Geschäft sei eine Kunst. Und die Kunst bestehe darin, dem Opfer den größtmöglichen Schmerz und die grausamste Verstümmelung beizufügen, ohne daß der Tod eintrete. Er empfand das größte Vergnügen, nach Monaten wieder in eine seiner Städte zu reiten und zu sehen, daß seine Opfer noch am Leben waren.«
»Es wird zwar schwierig für mich werden, aber ich übernehme den Fall dennoch«, sagte Caesar entschlossen.
»Schwierig? Wie sollen wir das verstehen?«
»Sein älterer Bruder Marcus ist mit meiner Cousine ersten Grades verheiratet — der Tochter des Konsuls Lucius Caesar, der später von Gaius Marius ermordet wurde. Drei kleine Söhne — Hybridas Neffen — sind meine Vettern zweiten Grades. Es gilt als Verstoß gegen die guten Sitten, Mitglieder der eigenen Familie vor Gericht zu belangen, Iphikrates.«
»Erstreckt sich die Verwandtschaftsbeziehung wirklich auf Gaius Antonius Hybrida? Schließlich ist Eure Cousine nicht mit ihm verheiratet.«
»Das stimmt, und deshalb übernehme ich den Fall. Aber viele werden meine Entscheidung mißbilligen. Die Blutsbande gehen über Julias drei Söhne.«
Lucius Decumius war es schließlich, dem sich Caesar anvertraute.
»Du hast doch deine Ohren überall, Vater«, begann Caesar. »Hast du auch schon von Hybridas Umtrieben gehört?«
Lucius Decumius sah äußerlich immer gleich aus. Caesar fiel es schwer, ihm ein bestimmtes Alter zu geben, schätzte ihn aber auf ungefähr sechzig.
»Etwas, nicht viel. Seine Sklaven leben bei ihm nie länger als sechs Monate, wenn man auch nie von ihrem Begräbnis hört. Ich finde es immer verdächtig, wenn sie nicht begraben werden. Gewöhnlich deutet das auf gewisse abartige Veranlagungen hin.«
»Nichts ist schändlicher als Grausamkeit an einem Sklaven.«
»Du mußt so denken, Caesar, weil du die beste Mutter der Welt hast und weil du im rechten Geist erzogen worden bist.«
»Das sollte nichts mit der Erziehung zu tun haben, die jemand genossen hat«, entrüstete sich Caesar. »Das hat etwas mit der inneren Natur eines Menschen zu tun. Ich kann
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