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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Diener beschäftigte er — und desto größer war die Wahrscheinlichkeit, daß auch männliche Sklaven darunter waren. In diesen Kreisen war Freilassung an der Tagesordnung, und die Dienstzeit eines Sklaven beschränkte sich im Durchschnitt auf zehn bis fünfzehn Jahre. Nach dieser Zeit wurde er (und in der Regel war es ein Er) zum Freigelassenen und schloß sich der Klientel seines bisherigen Herrn an. Er setzte die Mütze der Freiheit auf und wurde römischer Bürger; wenn er eine Frau und erwachsene Kinder hatte, wurden auch sie freigelassen.
    Seine Stimme dagegen war nutzlos, es sei denn — und das kam hin und wieder vor —, er verdiente viel Geld, kaufte sich die Mitgliedschaft in einem der einunddreißig ländlichen Tribus und war wirtschaftlich so gutgestellt, daß ihm ein Platz in einer der Klassen der Zenturie zustand. Die große Mehrzahl jedoch blieb in den beiden städtischen Tribus Suburana und Esquilina, den größten aller römischen Tribus, die jedoch auch nicht mehr als je eine Stimme in den Komitien hatten. Die Stimmen der Freigelassenen hatten also wenig Einfluß auf die Abstimmungsergebnisse in den Komitien.
    Deshalb kam Manilius’ Gesetzesvorlage kolossale Bedeutung zu. Wenn man die Freigelassenen Roms auf die fünfunddreißig Tribus verteilte, dann könnten sie einen großen Einfluß auf Tribuswahlen und Gesetzgebung erlangen, selbst wenn sie innerhalb der römischen Bürgerschaft keineswegs eine Mehrheit darstellten. Die potentielle Gefahr lag in der Tatsache, daß die Freigelassenen in der Stadt lebten. Wenn man sie nun in einen ländlichen Tribus steckte und sie dort ihre Stimmen abgaben, dann würden sie bei so mancher Wahl den in Rom anwesenden ursprünglichen Mitgliedern des Tribus zahlenmäßig überlegen sein. Kein großes Problem bei den Wahlen im Sommer, wenn sich ohnehin viele Leute vom Land in der Stadt aufhielten, aber eine ernstzunehmende Gefahr bei der Gesetzgebung. Über neue Gesetze wurde zu jeder Jahreszeit abgestimmt, vor allem aber im Dezember, Januar und Februar, wenn die neu gewählten Volkstribunen sich durch möglichst viele Ge setze svorlagen profilieren wollten — und wenn nur wenige Leute vom Land in der Stadt waren.
    Manilius’ Eingabe wurde abgeschmettert. Die Freigelassenen blieben in den beiden riesigen städtischen Tribus. Für Männer wie Lucius Decumius jedoch verhieß es großes Unheil, daß Manilius ausgerechnet unter Roms Freigelassenen um Unterstützung für seine Ge setze svorlage geworben hatte. Und wo versammelten sich Roms Freigelassene? In den Kreuzwegevereinen, denn das waren gesellige Orte, an denen sich Sklaven und Freigelassene ebenso einfanden wie gewöhnliche Römer der unteren Volksschichten. Manilius war von einem Kreuzwegeverein zum anderen gezogen und hatte versucht, die Männer, denen sein Gesetz Vorteile bringen würde, dazu zu überreden, ihn auf dem Forum zu unterstützen. Da sie nur zu gut um die Wertlosigkeit ihrer Stimmen wußten, waren ihm viele gefolgt. Als jedoch die Senatoren und die vornehmen Ritter der Achtzehn die Massen von Freigelassenen zum Forum ziehen sahen, dachten sie nur noch an die Gefahren. Jeder Ort, an dem Freigelassene sich versammelten, sollte verboten werden.
    So ein Kreuzwegeverein war ein Hort spiritueller Aktivitäten, der vor den Mächten des Bösen geschützt werden mußte. An solchen Orten versammelten sich die Laren — Myriaden von guten Geistern, die die Unterwelt bevölkerten und an den Kreuzwegen einen natürlichen Brennpunkt für ihre mystischen Kräfte fanden. Und so stand an jedem Kreuzweg ein Larenschrein, und einmal im Jahr, Anfang Januar, feierte man das Fest der Kompitalien, das die Laren der Kreuzwege günstig stimmen sollte. In der Nacht vor den Kompitalien mußte jeder freie Bewohner eines Viertels, das an einen Kreuzweg grenzte, am Larenschrein eine Wollpuppe aufhängen, und jeder Sklave einen wollenen Ball. In Rom wurden die Schreine so von Puppen und Bällen überschwemmt, daß es zu den Aufgaben der Kreuzwegler gehörte, Leinen zu spannen, um Platz für diese Flut zu schaffen. Puppen hatten Köpfe, und die Köpfe der Freien wurden von den Zensoren gezählt; Bälle hatten keine Köpfe, weil die Sklaven niemand zählte. Trotzdem waren die Sklaven ein wichtiger Bestandteil der Feierlichkeiten. Wie bei den Saturnalien feierten sie gleichberechtigt mit den freien Männern und Frauen von Rom, und es gehörte zu ihren Pflichten (dazu legten sie eigens ihre sklavischen Insignien ab), den Laren

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