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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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entziffert und auf Pergament übertragen hatte. Wo die Originale sich befanden, wußte Caesar nicht. Sicher nicht in der Regia, und sie konnten auch den Steintafeln, die er dort gefunden hatte, eigentlich nicht ähnlich sein, denn das waren annalistische Dokumente, die — diese Vermutung hegte er nach ersten Vorarbeiten — aus der Zeit der ersten Könige stammten, vielleicht gar von Numa Pompilius. Oder sogar von Romulus? Was für ein erregender Gedanke! Doch weder bei der in Stein gemeißelten Schrift noch bei den Kopien auf Pergament handelte es sich um etwas Zeitgeschichtliches. Es hatte mit Gesetzen zu tun, mit Regularien, religiösen Ritualen, Anstandsregeln, mit Zeremonien und Zeremonienmeistern. Er würde sie so schnell wie möglich veröffentlichen lassen; ganz Rom sollte wissen, was in der Regia herumlag. Varro würde Feuer und Flamme sein und Cicero begeistert. Er würde ein Abendessen veranstalten.

    Um diesem außergewöhnlichen Jahr, das Caesar Höhen und Tiefen gebracht hatte, die Krone aufzusetzen, bekam er bei den kurulischen Wahlen, die früh im Quinctilis abgehalten wurden, von allen Kandidaten für das Amt des Prätors die meisten Stimmen. Sämtliche Zenturien nannten seinen Namen, deshalb konnte er schon lange, bevor der letzte Mann zurückkam, sicher sein, daß er gewählt worden war. Philippus, sein Freund aus der Zeit in Mitylene, wurde sein Kollege, ebenso Ciceros ungestümer jüngerer Bruder, der kleine Quintus Cicero. Aber leider hatte man auch Bibulus zum Prätor gewählt.
    Als durch das Los bestimmt wurde, welcher Mann welche Aufgabe bekommen würde, war Caesars Sieg vollkommen. Sein Name stand auf der ersten Kugel, er war Stadtprätor geworden, der wichtigste der acht Männer. Deshalb würde Bibulus ihn auch nicht ärgern können (man hatte ihm das Gericht für Gewalttaten zugelost) — während er nun zweifellos in der Lage war, Bibulus zu ärgern!
    Höchste Zeit also, Domitia das Herz zu brechen und sich von ihr zu trennen. Sie war sehr diskret gewesen, also war Bibulus noch völlig ahnungslos. Das würde sich ändern, wenn sie erst anfinge, zu heulen und zu jammern. Das hatten bis jetzt noch alle getan. Bis auf Servilia. Vielleicht war sie deshalb als einzige übriggeblieben.

Teil IV
    1. Januar bis 5. Dezember 63 v. Chr.
    Es war Ciceros Pech, daß sein Jahr als Konsul mitten in einer ökonomischen Krise begann, und weil die Ökonomie nicht gerade sein Spezialgebiet war, sah er diesem Amtsjahr mit düsteren Gefühlen entgegen. Er hatte sich sein Konsulat anders vorgestellt! Die Leute sollten nach Ablauf seines Jahres von ihm sagen, er habe Rom denselben ungetrübten Wohlstand beschert wie sieben Jahre zuvor Pompeius und Crassus während ihres gemeinsamen Konsulats. Da Hybrida der Zweite Konsul war, würde ohnehin die ganze Anerkennung an Cicero gehen. Es gab also keinen Grund, sich im Unfrieden von Hybrida zu trennen, wie Pompeius seinerzeit von Crassus — und umgekehrt.
    Roms wirtschaftliche Probleme gingen vom Osten aus, der den römischen Geschäftsleuten seit mehr als zwanzig Jahren verschlossen geblieben war. Zuerst hatte König Mithridates ihn erobert; dann hatte Sulla, nachdem er ihn Mithridates wieder entrissen hatte, dort lobenswerte finanzielle Regelungen eingeführt und die römische Ritterschaft auf diese Weise daran gehindert, den Osten wie in alten Zeiten wirtschaftlich auszupressen. Hinzu kam, daß das Unwesen der Piraten auf hoher See geschäftliche Unternehmungen östlich von Makedonien und Griechenland nicht eben gefördert hatte. Folglich ließen diejenigen, die Steuern pachteten, Geld verliehen oder mit Gebrauchsgütern wie Weizen, Wein und Wolle handelten, ihr Kapital lieber zu Hause — eine Tendenz, die sich noch verstärkte, als der Krieg gegen Quintus Sertorius in Spanien ausbrach und eine Reihe von Dürreperioden die Getreideernten sehr mager ausfallen ließ. Beide Enden des Mittelmeers waren zu riskanten Handelsplätzen geworden.
    Alle diese Dinge hatten dafür gesorgt, daß Kapital und Investitionen sich zwanzig Jahre lang vorwiegend auf Rom und Italien konzentrierten. Den Geschäftsleuten der römischen Ritterschaft boten sich keine verlockenden überseeischen Investitionsmöglichkeiten mehr, also hatten sie auch wenig Bedarf an großen Geldsummen. Die Zinsen für geliehenes Geld waren niedrig, die Mieten waren niedrig, die Inflation gedieh prächtig, Kreditgeber hatten es nicht eilig, ihre Schulden einzutreiben.
    An Ciceros Unglück war einzig und

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