MoR 04 - Caesars Frauen
Cicero.
»Wenn du morgen das Wahltribunal eröffnest, werden die beiden ihre Kandidatur bekanntgeben.«
»Alles schön und gut, mein Schatz, aber ich sehe nicht, wie ein gemeinsames Konsulat von Catilina und Lucius Cassius einen Mann wie Curius zu Reichtum und Ehren verhelfen könnte.«
»Curius redet von einem allgemeinen Schuldenerlaß.«
Ciceros Kinn klappte nach unten. »Die werden doch nicht so töricht sein!«
»Warum nicht?« fragte Terentia; sie betrachtete die Sache mit kühlem Kopf. »Denk doch einmal nach, Cicero! Catilina weiß ganz genau, daß dieses Jahr seine letzte Chance ist. Und es könnte eine ziemlich heiße Schlacht werden, wenn tatsächlich alle Kandidaten antreten. Silanus geht es erheblich besser; die liebe Servilia sagt, daß er auf jeden Fall kandidiert. Murena hat viele einflußreiche Leute im Hintergrund, außerdem nutzt er seine Verbindung zur Vestalin Licinia bis zum äußersten. Das weiß ich von Fabia. Dann ist da noch dein Freund Servius Sulpicius Rufus, der von den Achtzehn und den tribuni aerarii bevorzugt wird; das heißt, daß er in der ersten Klasse eine Menge Stimmen sammeln wird.
Was sollte Catilina mit einem Partner wie Lucius Cassius gegen solch eine verläßliche Riege wie Silanus, Murena und Sulpicius schon ausrichten können? Nur einer der Konsuln darf Patrizier sein, die Stimmen werden also zwischen Catilina und Sulpicius aufgeteilt. Wenn ich eine Stimme hätte, ich würde Sulpicius wählen.«
Cicero vergaß die Angst vor seiner Frau und redete mit ihr wie mit einem seiner Kollegen auf dem Forum: »Catilina baut also auf einen allgemeinen Schuldenerlaß? Das willst du damit sagen?«
»Nein, das sagt Fulvia.«
»Ich muß sofort mit ihr sprechen!« rief er und sprang auf.
»Überlaß das mir, ich werde sie holen lassen«, sagte Terentia.
Das bedeutete nichts anderes, als daß sie ihm nicht erlauben würde, unter vier Augen mit Fulvia zu reden; Terentia hatte die Absicht, dabeizusein und jedes Wort mitzuhören.
Leider erzählte Fulvia Nobilioris ihm nicht viel mehr, als er bereits von Terentia wußte; nur daß sie ihre Geschichte sehr emotional und zerfahren vortrug. Curius steckte bis zu beiden Ohren in Schulden, verspielte viel Geld und trank; er war ständig mit Catilina, Lucius Cassius und ihren Kumpanen zusammen, und eines Tages war er von einem dieser Treffen zurückgekehrt und hatte seiner Geliebten die großartigsten Versprechungen von zukünftigem Wohlstand gemacht.
»Warum erzählst du mir das alles, Fulvia?« fragte Cicero, nicht weniger ratlos, als sie es zu sein schien, denn er verstand nicht, wovor sie soviel Angst hatte. Ein allgemeiner Schuldenerlaß war eine schlechte Nachricht, aber. ..
»Du bist Erster Konsul!« sagte sie in weinerlichem Ton und schlug sich gegen die Brust. »Irgend jemandem mußte ich es doch erzählen.«
»Leider hast du mir nicht den geringsten Beweis dafür geliefert, daß Catilina tatsächlich einen allgemeinen Schuldenerlaß plant. Ich bräuchte eine Streitschrift, einen verläßlichen Zeugen! Du hast mir nur eine Geschichte erzählt, und ich kann schlecht zum Senat gehen, wenn ich nicht mehr in der Hand habe als die Geschichte einer Frau.« »Aber es ist doch ein Unrecht, oder nicht?« fragte sie und wischte sich die Augen trocken.
»Ja, ein großes Unrecht, und es war richtig, daß du zu mir gekommen bist. Aber ich brauche Beweise.«
»Ich könnte dir ein paar Namen nennen.«
»Dann nenne sie mir.«
»Zwei Männer, die unter Sulla Zenturios waren — Gaius Manlius und Publius Furius. Sie besitzen Ländereien in Etruria. Und sie erzählen dort allen Leuten, die zu den Wahlen nach Rom kommen wollen, daß es keine Schulden mehr gibt, wenn Catilina und Cassius Konsuln werden.«
»Und wie, bitte schön, soll ich zwei ehemalige Zenturios aus Sullas Legionen mit Catilina und Cassius in Verbindung bringen?«
»Woher soll ich das wissen?«
Cicero seufzte und erhob sich. »Nun, Fulvia, ich danke dir herzlich, daß du zu mir gekommen bist«, sagte er. »Versuche du nur weiter herauszufinden, was da vor sich geht, und wenn du einen wirklichen Beweis dafür findest, daß der Gestank der Fischmärkte bis hinüber zum Marsfeld dringt, dann sag mir Bescheid.« Er lächelte ihr zu. »Arbeite weiter mit meiner Frau zusammen, sie wird mich auf dem laufenden halten.«
Während Terentia die Besucherin aus dem Zimmer schob, setzte sich Cicero hin, um in Ruhe nachzudenken. Doch dieses Glück war ihm nicht lange vergönnt. Nur
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