MoR 04 - Caesars Frauen
Tag vor den Kalenden des November verging, und nichts geschah. Die Konsuln und Prätoren, die nach Ankündigung der Briefe ermordet werden sollten, gingen unbehelligt ihren Geschäften nach, und aus Etruria war von einer Revolution nichts zu vernehmen.
Zweifel und bange Erwartungen quälten Cicero; Catilinas fortwährende Verspottungen trugen nicht gerade zu einer Verbesserung seiner Stimmung bei, ebensowenig wie die Zurückhaltung, die er bei Catulus und Crassus spürte. Was ging da vor sich? Warum kamen keine Nachrichten?
Auch am Morgen der Kalenden des November war Cicero noch ohne Neuigkeiten. Er war während dieser schrecklichen Tage des Wartens auf Ereignisse nicht völlig tatenlos geblieben. Er ließ die Stadt von Teilen der in Capua stationierten römischen Truppen umstellen, postierte in Oriculum eine Kohorte, eine andere in Tibur, eine in Ostia, eine in Praeneste und zwei weitere in Veii. Mehr konnte er nicht tun, denn mehr kampfbereite Truppen gab es nicht, nicht einmal in Capua.
Nach der Mittagsstunde der Kalenden überstürzten sich dann die Ereignisse. Aus Praeneste traf eine verzweifelte Bitte um Hilfe ein, man werde angegriffen. Dann ein weiterer Hilferuf aus Faesulae, das ebenfalls angegriffen wurde. Der Aufstand hatte, wie in den Briefen angekündigt, tatsächlich schon vor fünf Tagen begonnen. Als die Sonne unterging, berichteten weitere Nachrichten von Unruhen unter Sklaven in Capua und Apulia. Cicero rief für den nächsten Tag den Senat zusammen.
Erstaunlich, wie nützlich die Institution der Triumphzüge sein konnte! Seit fünfzig Jahren hatte die Anwesenheit von siegreichen Armeen auf dem Marsfeld bei jeder Staatskrise dafür gesorgt, daß Rom von allen äußeren Gefahren verschont geblieben war. Die gegenwärtige Krise machte da keine Ausnahme. Quintus Marcius Rex und Metellus Creticus das Zicklein warteten beide auf dem Marsfeld auf ihren Triumphzug. Natürlich hatte keiner von ihnen mehr als eine Legion dabei, aber es waren Veteranenlegionen. Mit voller Rückendeckung durch den Senat schickte Cicero Befehle zum Marsfeld hinaus — Metellus das Zicklein sollte nach Süden gegen Apulia ziehen und auf dem Weg Praeneste entlasten, während man Marcius Rex nach Norden gegen Faesulae schickte.
Cicero hatte acht Prätoren zur Verfügung, Lentulus Sura in Gedanken jedoch schon ausgeschlossen. Er gab Quintus Pompeius Rufus den Auftrag, sich nach Capua zu begeben und unter den vielen Veteranen, die sich auf ihre Ländereien in Campania zurückgezogen hatten, einige Truppen auszuheben. Auf wen konnte er sonst noch zählen? Gaius Pomptinus war Soldat und außerdem ein guter Freund Ciceros; für ihn würde sich in Rom eine wichtigere Aufgabe finden lassen. Cosconius war zwar der Sohn eines ausgezeichneten Feldherrn, selbst aber nicht der richtige Mann für die Meisterung der gegenwärtigen Herausforderungen. Auch Roscius war ein guter Freund Ciceros, aber er taugte eher zum Diplomaten als zum Feldherrn oder Truppenwerber. Sulpicius war kein Patrizier, trotzdem schien er ein wenig mit Catilina zu sympathisieren, und auch dem Patrizier Valerius Flaccus traute Cicero nicht über den Weg. Blieb also nur noch der praetor urbanus Metellus Celer. Pompeius’ Mann und absolut loyal.
»Quintus Caecilius Metellus Celer, ich beauftragte dich damit, nach Picenum zu reiten und dort Soldaten für Rom zu werben«, sagte Cicero.
Celer erhob sich mit nachdenklichem Gesicht. »Natürlich würde ich das gern tun, Marcus Tullius, aber es gibt da eine Schwierigkeit: Als Stadtprätor darf ich nicht länger als zehn Tage hintereinander aus Rom fort sein.«
»Unter einem Senatus Consultum Ultimum darfst du alles tun, womit der Senat dich beauftragt, ohne damit Gesetz oder Tradition zu brechen.«
»Ich wünschte, ich könnte deiner Interpretation zustimmen«, unterbrach ihn Caesar, »aber ich sehe das anders, Marcus Tullius. Der Beschluß erstreckt sich nur auf die Krise, normale Verwaltungsaufgaben werden durch ihn nicht außer Kraft gesetzt.«
»Ich brauche Celer, um mit der Krise fertig zu werden!« rief Cicero.
»Dir stehen fünf weitere Prätoren zur Verfügung, die noch keine Aufgabe haben«, sagte Caesar.
»Ich bin der Erste Konsul. Ich schicke den Prätor, den ich für den geeignetsten halte!«
»Auch wenn du damit gegen das Gesetz verstößt?«
»Ich verstoße nicht gegen das Gesetz! Das Senatus Consultum Ultimum setzt alle anderen Belange außer Kraft, auch die normalen Verwaltungsaufgaben<, wie du
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