MoR 04 - Caesars Frauen
Crassus, nachdem es ziemlich lange still geblieben war, »daß dieses Haus den Ersten Konsul damit beauftragt, alle Aspekte dieser Angelegenheit noch einmal genau zu untersuchen. Eine Revolte in Etruria würde mich nicht überraschen, das gestehe ich dir zu, Marcus Tullius. Aber wenn selbst dein Kollege im Konsulat das Ganze für einen schlechten Scherz hält und bekanntgibt, daß er morgen nach Cumae zurückreisen wird, wie kannst du dann von uns anderen erwarten, daß wir in Panik aus der Stadt laufen?«
Und dabei blieb es. Cicero wurde beauftragt, weitere Beweise zu finden.
»Quintus Curius hat Marcus Crassus die Briefe gebracht«, erklärte Fulvia Nobilioris früh am nächsten Morgen, »aber er wird nicht für euch aussagen. Er hat viel zuviel Angst.«
»Hast du mit ihm geredet?«
»Ja.«
»Kannst du mir Namen nennen, Fulvia?«
»Nur die Namen von Quintus Curius’ Freunden.«
»Und die wären?«
»Lucius Cassius, wie du bereits weißt. Gaius Cornelius und Lucius Vargunteius, die damals zusammen mit meinem Curius aus dem Senat geworfen wurden.«
Plötzlich stellten ihre Worte die Verbindung zu einer Tatsache her, die Cicero tief in seinem Gedächtnis vergraben hatte. »Gehört der Prätor Lentulus Sura zu seinen Freunden?« fragte er, als er sich wieder erinnerte, wie dieser Mann ihn bei den Wahlen beschimpft hatte. Ja, Lentulus Sura war — obschon Konsul — einer der über siebzig Männer, die von den Zensoren Poplicola und Clodianus ausgeschlossen worden waren!
Aber Fulvia wußte nichts von Lentulus Sura. »Den jüngeren Cethegus jedoch, den habe ich hin und wieder mit Lucius Cassius gesehen. Und Lucius Statilius und den Gabinius mit dem Spitznamen Capito auch. Es sind nicht seine besten Freunde, deshalb ist es schwer zu sagen, ob sie an dem Komplott beteiligt sind.«
»Und wie steht’s mit dem Aufstand in Etruria?«
»Ich weiß nur, daß Quintus Curius sagt, er werde stattfinden.«
»Quintus Curius sagt also, daß er stattfindet«, wiederholte Cicero nachdenklich, nachdem Fulvia Nobilioris zur Tür geleitet worden war. »Catilina ist zu klug für Rom, meine Liebe. Ist dir jemals ein Römer begegnet, der ein Geheimnis für sich behalten konnte? Wie ich es auch drehe und wende, ich stehe vor einem Rätsel. Ach, wenn ich doch nur aus einem adligen Stall käme! Wenn ich Licinius oder Fabius oder Caecilius heißen würde, dann stünde Rom jetzt unter Kriegsrecht, und Catilina wäre ein Feind des Volkes. Aber ich heiße Tullius und stamme aus Arpinum, dem Land des Marius! Was ich sage, hat wenig Gewicht.«
»Stimmt«, bemerkte Terentia trocken.
Cicero schaute wie ein geprügelter Hund drein, sagte aber nichts.
Doch im nächsten Moment schlug er sich mit den Händen auf die Schenkel und sagte: »Gut, ich muß es eben weiter versuchen!«
»Du hast doch genug Schnüffler nach Etruria geschickt.«
»Sollte man denken. Aber in ihren Briefen steht, daß die Rebellion sich nicht auf die Städte konzentriert, daß die Städte von Stützpunkten auf dem Land aus eingenommen werden sollen.«
»In den Briefen steht auch, daß sie knapp mit Waffen sind.«
»Richtig. Als Pompeius Magnus Konsul war und dafür sorgte, daß nördlich von Rom Depots mit Waffen angelegt wurden, waren viele von uns dagegen. Ich gebe zu, seine Arsenale sind so schwer einzunehmen wie Nola, aber wenn eine Stadt im Aufruhr ist...«
»Bis jetzt sind die Städte noch nicht im Aufruhr. Sie haben zuviel Angst.«
»Sie sind vollgestopft mit Etruriern, und die Etrurier hassen Rom.«
»Diese Revolte ist das Werk von Sullas Veteranen.«
»Und die leben nicht in den Städten.«
»Eben.«
»Ob ich es noch einmal im Senat versuche?«
»Ja, Mann. Du hast nichts zu verlieren. Versuch es noch einmal.«
Und er machte gleich am nächsten Tag, dem einundzwanzigsten Tag des Oktober, einen erneuten Versuch. Seine Sitzung war spärlich besucht, ein weiterer Hinweis darauf, daß Roms Senatoren nicht viel von ihrem Ersten Konsul hielten — einem ehrgeizigen neuen Mann, der aus einer Mücke einen Elefanten machte und sich selbst so wichtig nahm, daß er seine Reden zur Lektüre für die Nachwelt verlegen ließ. Cato, Crassus, Catulus, Caesar und Lucullus waren anwesend, aber auf den Rängen zu beiden Seiten des Hauses waren viele Plätze frei geblieben. Catilina jedoch stellte sich sehr selbstbewußt zur Schau, ständig umgeben von Männern, die eine gute Meinung von ihm hatten und ihn für das Opfer einer Verfolgung hielten: Lucius Cassius,
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