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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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bis zur Tür und geh dann nach Hause«, sagte Lucius Decumius und ging hinaus.
    Caesar nahm an seinem Schreibtisch Platz, um einen Brief an die Königin Oradaltis von Bithynien zu schreiben, doch kaum hatte er das leere Blatt vor sich auf den Tisch gelegt, da öffnete sich die Tür, und Servilia trat ein. Seine Einschätzung war richtig gewesen, sie legte Wert auf Pünktlichkeit.
    Er erhob sich und ging um den Schreibtisch herum, um sie zu begrüßen; es imponierte ihm, daß sie ihm wie ein Mann die Hand entgegenstreckte. Er ergriff sie mit vorsichtigem Druck, wie es solch zarten Knochen angemessen war, aber doch so, wie er die Hand eines Mannes ergriffen hätte. Vor seinem Schreibtisch stand ein Stuhl für sie bereit. Während er sie erwartete, hatte er sich Gedanken darüber gemacht, ob er das Gespräch über den Schreibtisch hinweg führen sollte, oder ob sie es sich nicht etwas gemütlicher machen und sich näher zueinander setzen sollten. Seine Mutter hatte recht gehabt; man wußte nicht recht, wie man Servilia einschätzen sollte. Also bot er ihr den Stuhl ihm gegenüber an und kehrte zurück zu seinem eigenen. Er verschränkte die Hände vor sich auf dem Schreibtisch und blickte sie feierlich an.
    Ganz gut erhalten, wenn sie tatsächlich schon siebenunddreißig ist, dachte er. Sie war elegant gekleidet und trug ein zinnoberrotes Kleid, dessen Farbe dem flammenden Rot einer Prostituiertentoga gefährlich nahekam und trotzdem unschuldig, ja vornehm aussah. Sie besaß dichtes Haar von so tiefem Schwarz, daß es bläulich schimmerte; sie hatte es in der Mitte gescheitelt und streng nach hinten gekämmt, wo es in einem Dutt zusammengehalten wurde. Ungewöhnlich, aber ebenfalls vornehm. Ein kleiner, ein wenig geschürzter Mund, ein reiner, weißer Teint, schwere Augenlider mit langen, geschwungenen Wimpern, Augenbrauen, die sie wohl regelmäßig zupfte und — besonders interessant — ein leichtes Erschlaffen des rechten Wangenmuskels, das er schon bei ihrem Sohn Brutus beobachtet hatte.
    Höchste Zeit, das Schweigen zu brechen, denn sie machte keine Anstalten etwas zu sagen. »Was kann ich für dich tun, domina?« fragte er förmlich.
    »Decimus Silanus ist unser pater familias, Gaius Julius, aber ein paar Dinge, die noch meinen verstorbenen ersten Ehemann betreffen, will ich lieber selbst in die Hand nehmen. Mein gegenwärtiger Gatte ist kein gesunder Mann, deshalb möchte ich ihm zusätzliche Belastungen ersparen. Du darfst es bitte nicht falsch verstehen, wenn ich mich um Dinge kümmere, die von außen betrachtet eigentlich Sache des pater familias wären«, erwiderte sie noch viel förmlicher.
    Der Ausdruck distanzierten Interesses, den er auf dem Gesicht trug, seitdem er sich gesetzt hatte, veränderte sich nicht; Caesar lehnte sich nur ein wenig in seinen Sessel zurück. »Keine Angst, ich verstehe es schon nicht falsch«, sagte er.
    Unmöglich zu sagen, ob diese Versicherung sie beruhigt hatte, denn sie machte seit dem Augenblick ihres Eintretens einen völlig gelassenen Eindruck. Und doch wirkte sie jetzt eine Spur selbstsicherer; er sah es ihrem Blick an. »Meinen Sohn Brutus hast du vorgestern kennengelernt«, sagte sie.
    »Ein netter Junge.«
    »Ja, das ist er.«
    »Formaljuristisch noch immer ein Kind.«
    »Ein paar Monate noch. Diese Angelegenheit betrifft ihn, und er ist der Ansicht, daß sie keinen Aufschub duldet.« Ein leises Lächeln spielte um ihren linken Mundwinkel, der auch beim Sprechen lebhafter wirkte als der rechte. »Die Jugend ist ungeduldig.«
    »Er hat keinen ungeduldigen Eindruck auf mich gemacht«, meinte Caesar.
    »Meistens ist er es auch nicht.«
    »Dann vermute ich, daß ein Wunsch des jungen Marcus Junius Brutus dich zu mir führt?«
    »Richtig.«
    »Nun«, sagte Caesar und atmete tief durch, »nachdem wir die Formalitäten hinter uns haben, solltest du mir vielleicht sagen, was der Junge auf dem Herzen hat.«
    »Er möchte deine Tochter Julia heiraten.«
    Meisterhafte Selbstkontrolle! zollte Servilia ihm innerlich Beifall. Er hatte sich nicht das geringste anmerken lassen.
    »Sie ist erst acht«, gab Caesar zu bedenken.
    »Und er ist offiziell noch gar kein Mann. Trotzdem, er wünscht es sich.«
    »Er könnte seine Meinung ändern.«
    »Das habe ich ihm auch gesagt. Er versichert mir, daß er sie nicht ändern wird, und er hat mich überzeugt.«
    »Ich weiß nicht, ob ich Julia jetzt schon jemandem versprechen will.«
    »Warum nicht? Meine beiden Töchter sind bereits vergeben,

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