MoR 04 - Caesars Frauen
öffentlichen Leben zurückziehe. Etwas, um Pompeius Konkurrenz zu machen.«
»Er ist der Meinung, daß es nichts mehr zu erobern gibt.«
»Und was ist mit den Parthern?«
»Und den Daziern, den Boiohemern, den Ländern am Danubius?«
»Willst du dorthin ziehen, Caesar?«
»Ja, und ich habe darüber nachgedacht.«
»Die Parther«, sagte Crassus verträumt, als er über die Schwelle trat. »Dort liegt mehr Gold als im Norden.«
»Alle Völker lieben das Gold«, meinte Caesar, »deshalb findet man bei jedem Volk welches.«
»Und du brauchst welches, um deine Schulden zu bezahlen.«
»Richtig. Aber Gold ist nicht die große Verlockung. In der Hinsicht gebe ich Pompeius recht. Das Gold nimmt man nebenbei mit. Viel wichtiger ist es, daß Roms Arm möglichst weit reicht.«
Statt einer Antwort winkte Crassus ihm zu und schritt in Richtung des Palatin davon.
Es hatte keinen Sinn, Aurelia aus dem Weg zu gehen, wenn sie mit einem reden wollte; also begab Caesar sich von der Haustür direkt in ihre Zimmerflucht, der sie längst ihren Stempel aufgedrückt hatte: Von dem schönen Dekor war nichts mehr zu sehen, er war hinter Fächern, Schriftrollen, Papieren, Buchbehältern und einem Webstuhl in der Ecke verborgen. Die Geschäftsbücher aus der Subura interessierten sie nicht mehr; jetzt half sie den Vestalinnen beim Archivieren.
»Was gibt es, Mater?« fragte er, in der offenen Tür stehend.
»Es geht um unsere neue Jungfrau«, sagte sie und wies ihm einen Sessel an.
Er setzte sich. Das interessierte ihn wirklich. »Cornelia Merula?«
»Genau die.«
»Sie ist erst sieben, Mater. Was kann sie in dem Alter schon für Probleme machen?«
»Wir haben uns einen kleinen Cato ins Nest gesetzt«, antwortete seine Mutter.
»Oh!«
»Fabia wird nicht mit ihr fertig, und die anderen auch nicht. Junia und Quinctilia hassen sie richtiggehend und fangen schon an, zu beißen und zu kratzen.«
»Bitte bring Fabia und Cornelia Merula zu mir.«
Wenig später führte Aurelia die Vorsteherin der Vestalinnen und die neue Vestalin in Caesars Arbeitszimmer, einen makellosen, imposanten Raum, der in Zinober- und Purpurrot gehalten war.
Cornelia Merula hatte Catos Blick. Er erinnerte Caesar daran, wie er Cato zum erstenmal begegnet war: in Marcus Livius Drusus’ Haus, als Cato auf die Loggia von Ahenobarbus’ Haus heruntergeblickt hatte, in dem Sulla sich aufhielt. Ein magerer, einsamer kleiner Junge, dem er damals mitfühlend zugewinkt hatte. Sie war auch so groß und mager, und sie hatte auch Catos Farben — kastanienbraunes Haar und graue Augen. Und sie stand so da, wie er immer dastand, die Beine leicht gespreizt, das Kinn herausgestreckt, die Hände zu Fäusten geballt.
»Mater, Fabia, ihr dürft euch setzen«, sagte der Pontifex Maximus förmlich. Er streckte eine Hand nach dem Kind aus. »Und du stellst dich hierher«, befahl er und deutete auf den Platz vor seinem Schreibtisch. »Also, was gibt es für Probleme, Vorsteherin?« fragte er.
»Viele Probleme, wie es scheint!« erwiderte Fabia in scharfem Ton. »Unser Leben ist zu luxuriös, wir interessieren uns mehr für Testamente als für Vesta, wir haben nicht das Recht, Wasser zu trinken, das nicht aus dem Brunnen der Juturna geholt wurde, wir bereiten die mola salsa nicht mehr so zu, wie sie zu Zeiten der Könige bereitet wurde, wir zerkleinern die Teile des Oktoberpferdes nicht ordentlich und vieles mehr!«
»Und woher willst du wissen, was mit den Teilen des Oktoberpferdes passiert, kleine Amsel?« fragte Caesar freundlich (Merula bedeutete Amsel). »Du bist noch nicht lange genug im Atrium Vestae, um die Teile des Oktoberpferdes schon einmal gesehen zu haben.« Er mußte sich bemühen, nicht zu lachen. Die Teile des Oktoberpferdes, die erst in aller Eile zur Regia gebracht wurden, um etwas Blut auf den Altar tropfen zu lassen, bevor das Ritual auf dem geheiligten Herd der Vesta wiederholt wurde, waren nichts anderes als die Genitalien und der Schwanz samt Schließmuskel. Nach den Zeremonien wurde alles zerschnitten, kleingehackt, mit dem restlichen Blut vermischt und verbrannt; die Asche verwandte man bei einem vestalischen Fest im April, den Parilien.
»Meine Urgroßmutter hat es mir erzählt«, sagte Cornelia Merula mit einer Stimme, die bereits jetzt versprach, eines Tages so laut und schrill wie Catos zu sein.
»Woher will sie das wissen? Sie ist keine Vestalin.«
»Du lebst unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in diesem Haus. Deshalb muß ich dir nicht
Weitere Kostenlose Bücher