MoR 04 - Caesars Frauen
ihren Sitz dort unten, wo sich Fluß und Delta kreuzten, und nicht in der Hauptstadt Alexandria? Es war nie zu Auletes vorgedrungen, daß Alexandria für die einheimischen Ägypter ein fremdartiger Ort war, mit dem sie weder Blutsbande noch geschichtliche Entwicklungen verknüpften.
Wie ärgerlich, erfahren zu müssen, daß der gesamte Pharaonenschatz unter der Aufsicht der ägyptischen Priester in Memphis ruhte! Als König hatte Auletes zwar die Kontrolle über das nicht unbeträchtliche, öffentliche Einkommen; doch nur als Pharao konnte er seine Finger durch die riesigen Juwelenkörbe gleiten lassen, konnte Pylone aus Goldbarren errichten und sich am Anblick von Silberbergen ergötzen.
Königin Kleopatra Tryphaena, die Tochter von König Mithridates, war ihrem Ehemann Auletes in intellektueller Hinsicht weit überlegen, da dieser Opfer einer ausufernden Fortpflanzung zwischen Brüdern und Schwestern, Onkeln und Nichten war. Kleopatra wußte, daß sie keine Nachkommen zeugen konnten, ehe König Auletes nicht zumindest zum König von Ägypten gekrönt worden wäre. Sie machte sich deshalb ans Werk, die Priester zu umwerben, und hatte damit Erfolg: Vier Jahre nach ihrer Ankunft in Alexandria wurde Auletes offiziell gekrönt — leider jedoch nur zum König, nicht zum Pharao. Die Zeremonien fanden daher nicht in Memphis, sondern in Alexandria statt. Kurze Zeit später wurde ihr erstes gemeinsames Kind geboren, eine Tochter namens Berenice.
Im gleichen Jahr, in dem die alte Königin Alexandra der Juden starb, schenkte die Königin einer zweiten Tochter das Leben und nannte sie Kleopatra. Das Jahr ihrer Geburt erwies sich als verhängnisvoll. Zum einen zeichnete sich das Ende der königlichen Herrschaft von Mithridates und Tigranes ab, die nach den Feldzügen des Lukullus kampfesmüde waren, zum andern lebte das Interesse Roms an Ägypten wieder auf, das man als Provinz des stetig größer werdenden Römischen Reiches annektieren wollte. Die kleine Kleopatra war vier Jahre alt und Crassus gerade Zensor geworden, als er versuchte, die Annexion Ägyptens im Senat zu erwirken. Ptolemaios Auletes zitterte vor Angst und zahlte große Summen an die römischen Senatoren, um diese Maßnahme zu vereiteln. Seine Bestechungsgelder erwiesen sich als erfolgreich, die Bedrohung durch die Stadt Rom war vorerst abgewehrt.
Doch dann fiel Pompeius der Große im Osten ein, um den Glanzzeiten von Mithridates und Tigranes ein Ende zu bereiten.
Auletes sah seine Verbündeten im Norden schwinden, sein neuer Nachbar zu beiden Seiten war nunmehr Rom, das nun die Oberherrschaft über Cyrenaica und Syrien hatte. Ein Problem löste diese Veränderung im Gleichgewicht der Kräfte allerdings für Auletes: Seit geraumer Zeit schon hatte er den Wunsch gehegt, sich von Kleopatra Tryphaena scheiden zu lassen, da seine eigene Halbschwester, eine Tochter des alten Königs Ptolemaios Lathyrus, nunmehr im heiratsfähigen Alter war. Der Tod von König Mithridates würde diesen Schritt jetzt möglich machen. Es war nicht etwa so, als hätte es Kleopatra Tryphaena an ptolemäischem Blut gemangelt; sie hatte durchaus ein paar Tropfen von ihren Eltern mitbekommen, doch leider nicht genug. Wenn die Zeit käme, wo Isis ihm Söhne schenkte, würden sowohl Ägypter als auch Alexandrier diese weit mehr schätzen, wenn sie von reinem ptolemäischen Blut abstammten, soviel wußte Auletes. Dann könnte er vielleicht auch endlich Pharao werden und seine Hände auf einen Schatz von solchem Ausmaß legen, daß er imstande wäre, sich für alle Zeiten von Rom freizukaufen.
Und so ließ sich Auletes von Kleopatra Tryphaena scheiden und heiratete seine Halbschwester. Ihr Sohn, der zu gegebener Zeit als Ptolemaios der Zwölfte regieren würde, wurde im gleichen Jahr geboren, in dem Metellus Celer und Lucius Afranius Konsuln waren. Seine Halbschwester Berenice war jetzt fünfzehn, Kleopatra acht Jahre alt. Ihre Mutter Kleopatra Tryphaena hatte Auletes nicht etwa ermorden oder in die Verbannung schicken lassen. Sie blieb im Palast von Alexandria mit ihren beiden Töchtern wohnen und war darum bemüht, zur neuen ägyptischen Königin ein gutes Verhältnis zu bewahren. Um eine Tochter des Königs Mithridates zu vernichten, war mehr vonnöten als eine Scheidung; zudem war sie bestrebt, eine Heirat zwischen dem zukünftigen Thronfolger, der noch ein Säugling war, und ihrer jüngeren Tochter Kleopatra anzubahnen. Auf diese Weise würde die Erbfolge des Königs Mithridates in
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