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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Lebenskraft. Sein Leiden war so geheimnisvoll, daß die diagnostischen Fähigkeiten aller konsultierten Ärzten davor kapitulieren mußten, auch wenn die allgemeine Ansicht der Mediziner darauf hinauslief, daß es zu langsam fortschritt, um eine bösartige Ursache zu haben, zumal weder eine ertastbare Geschwulst gefunden wurde, noch die Leber vergrößert war. Übernächstes Jahr würde er sich um das Konsulat bewerben können, aber Servilia glaubte nicht daran, daß er für solch einen Wahlkampf das nötige Durchhaltevermögen besaß.
    »Wie geht’s dir heute?« fragte sie und nahm vor seinem Schreibtisch Platz.
    Er hatte den Blick gehoben und ihr zugelächelt, als sie eingetreten war, und legte jetzt erfreut die Feder zur Seite. Seine Liebe zu ihr hatte nach fast zehn Jahren Ehe nichts von ihrer Kraft verloren, aber seine in jeder Hinsicht manifeste Unzulänglichkeit als Ehemann nagte noch mehr an ihm als die Krankheit. Er war sich der angeborenen Mängel seines Charakters wohl bewußt, und als nach Junillas Geburt die Krankheit sich seiner bemächtigte, hatte er mit Vorwürfen und Kritik gerechnet, aber Servilia hatte ihn in Ruhe gelassen, auch dann noch, als sein nächtliches Brennen in den Eingeweiden so heftig wurde, daß er in ein eigenes Schlafgemach umziehen mußte. Nachdem jeder Versuch, mit ihr zu schlafen, mit dem peinlichen Eingeständnis seiner Impotenz geendet hatte, war es ihm angenehmer und weniger beschämend erschienen, sich körperlich von ihr zurückzuziehen, auch wenn er sie gern geküßt und mit ihr geschmust hätte.
    Er antwortete ehrlich auf ihre Frage: »Nicht besser und nicht schlechter als sonst.«
    »Mann, ich möchte mit dir reden«, erwiderte sie.
    »Jederzeit, Servilia.«
    »Ich bin schwanger, und ich muß dir ja wohl nicht sagen, daß es nicht dein Kind ist.«
    Sein graues Gesicht wurde weiß, er schwankte. Servilia sprang auf und ging zum Spieltisch, auf dem zwei Karaffen und ein paar silberne Becher standen, schüttete unverdünnten Wein in einen davon und stützte Silanus, während er — ein wenig widerwillig — Wein aus dem Becher schlürfte.
    »Oh, Servilia!« stöhnte er, nachdem das Stimulans seine Wirkung getan und sie an ihren Platz zurückgekehrt war.
    »Falls es dich tröstet«, sagte sie, »es hat mit deiner Krankheit und deiner körperlichen Schwäche nichts zu tun. Selbst wenn du die Manneskraft eines Priapus hättest, ich wäre trotzdem zu diesem Mann gegangen.«
    Tränen traten in seine Augen und liefen über seine Wangen.
    »Nimm ein Taschentuch, Silanus!« fuhr sie ihn an.
    Er zog eines heraus, wischte sich das Gesicht ab und raffte sich zu der Frage auf: »Wer ist es?«
    »Alles zu seine Zeit. Zuerst will ich wissen, was du zu tun gedenkst. Der Mann wird mich nicht heiraten. Es würde seinen Stolz kränken, und der bedeutet ihm mehr als ich. Ich kann es ihm nicht einmal verdenken.«
    »Wie kannst du so sachlich sein?« fragte er verwundert.
    »Alles andere hätte wenig Sinn! Wäre es dir lieber, ich würde jammern und herumbrüllen, damit alle erfahren, was nur uns etwas angeht?«
    »Nein, besser nicht«, antwortete er müde und seufzte. Er steckte das Schnupftuch wieder weg. »Natürlich nicht. Auch wenn es mir bewiesen hätte, daß du ein Mensch bist. Wenn mich etwas bekümmert, Servilia, dann ist es dein Mangel an Menschlichkeit, deine Unfähigkeit, menschliche Schwächen zu verstehen. Du zimmerst dir das Gerüst deines Lebens zurecht wie ein routinierter Handwerker.«
    »Eine seltsame Metapher«, fand Servilia.
    »Aber so bist du mir immer vorgekommen, und vielleicht habe ich dich sogar darum beneidet, weil mir diese Fähigkeit fehlt. Ich bewundere dich dafür, aber es ist wenig tröstlich und läßt keinen Raum für Mitgefühl.«
    »Verschwende dein Mitgefühl nicht an mich, Silanus. Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Was gedenkst du angesichts meiner Situation zu tun?«
    Er erhob sich und stützte sich auf die Lehne seines Stuhls, bis er sicher sein konnte, daß seine Beine ihn trugen. Dann ging er ein paarmal im Zimmer auf und ab, blieb stehen und sah sie an. Sie war ruhig, gefaßt, ja völlig ungerührt angesichts des Desasters.
    »Da du den Mann nicht heiraten wirst, erscheint es mir als das beste, für eine Weile wieder in dein Schlafzimmer zu ziehen, damit es so aussieht, als sei ich der Vater des Kindes«, sagte er und ging zurück zu seinem Platz.
    Hätte sie ihm nicht wenigstens die Genugtuung gönnen können, einen entspannten,

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