MoR 04 - Caesars Frauen
notwendig. Er zog es vor, den Senat ohne Vorwarnung zu treffen, indem er zuerst die Plebs informierte, und zwar an einem Tag, an dem niemand mit welterschütternden Ereignissen gerechnet hätte.
Nur etwa fünfhundert Männer hatten sich im Komitium eingefunden, als Gabinius die Rednertribüne erklomm, um das Wort zu ergreifen; es waren die berufsmäßigen Plebejer, der »harte Kern«, Männer, die keine Versammlung ausließen und ganze Reden auswendig zitieren konnten, gar nicht zu reden von ihrer Kenntnis über genaueste Einzelheiten bedeutender Plebiszite, die vor mehr als einer Generation abgehalten worden waren.
Auch die Tribüne der Senatoren war nicht gerade dicht besetzt; nur Caesar und ein paar von Pompeius’ Klienten — unter ihnen Lucius Afranius und Marcus Petreius — waren anwesend. Außerdem war Marcus Tullius Cicero zugegen.
»Falls es noch einer Erinnerung daran bedurft hätte, daß die Piraten eine ernste Bedrohung für Rom darstellen, dann müßten der jüngste Überfall in Ostia und der Raub der ersten Sendung sizilianischen Getreides vor drei Monaten eigentlich eine phänomenale Gedächtnisstütze gewesen sein!« begann Gabinius seine Rede vor der Plebs und den Zuschauern auf der Tribüne der Curia Hostilia.
»Und was haben wir getan, um unser Meer von dieser gefährlichen Seuche zu befreien?« polterte er. »Was haben wir getan, um den Nachschub an Getreide zu sichern, um zu gewährleisten, daß die Bürger Roms keine Hungersnot erleiden oder mehr für ihr wichtigstes Grundnahrungsmittel — das Brot — bezahlen müssen, als sie sich leisten können? Was haben wir getan, um unsere Schiffe und unsere Händler zu schützen? Was haben wir getan, um zu verhindern, daß man unsere Tochter entführt, unsere Prätoren verschleppt? Wenig, Plebejer! Sehr, sehr wenig!«
Cicero rückte näher an Caesar heran und berührte seinen Arm. »Interessant, aber nicht besondes viel versprechend. Weißt du, worauf er hinauswill, Caesar?«
»O ja.«
Gabinius war ganz in seinem Element.
»Das wenige, was wir getan haben, seit Antonius der Redner vor mehr als vierzig Jahren seine große Piratensäuberung in Angriff nahm, muß eigentlich noch zu den Nachwirkungen der Regentschaft unseres Diktators gezählt werden; sein treuer Verbündeter und Kollege Publius Servilius Vatia hatte seine Regentschaft in Cilicia mit dem Auftrag angetreten, die Piraten aufzustöbern. Er hatte volle prokonsularische Amtsgewalt und die Befugnis, in allen Städten und Staaten, die von Piraten belästigt wurden, Flotten zusammenzustellen, ebenso auf Zypern und auf Rhodos. Er begann in Lycia und schlug sich mit Zenicetes herum. Drei Jahre hat er gebraucht, um einen einzigen Piraten zu besiegen! Und dieser Pirat hatte seinen Stützpunkt mitten in Lycia, nicht etwa irgendwo versteckt zwischen den Felsen und Klippen von Pamphylia und Cilicia, wo die gefährlichsten Piraten sitzen. Den Rest seiner Amtszeit im Palast des Statthalters vertrieb Vatia sich mit einem hübschen kleinen Krieg gegen einen Stamm binnenländischer Pamphylier, in der Erde scharrender Bauern, den Isaurern. Als er sie besiegt und ihre armseligen kleinen Städtchen erobert hatte, gab ihm unser ehrenwerter Senat den Rat, sich doch ein Anhängsel an seinen Namen Publius Servilius Vatia zu hängen — Isauricus. Man stelle sich das vor! Zugegeben, der Name Vatia macht nicht eben viel her! Ein X-Bein als Beinamen! Kann man es dem armen Teufel verdenken, daß er es vorzog, statt >Kleiner Publius aus der x-beinigen plebejischen Familie Servilius< lieber >Publius Servilius X-Bein, Sieger über die Isaurer< zu heißen? Ihr müßt zugeben, daß Isauricus einem ansonsten ziemlich jämmerlichen Namen wenigstens einen Hauch von Glanz verleiht!«
Um seine Ausführungen zu veranschaulichen, zog Gabinius die Toga hoch, ließ seine wohlgeformten Beine bis hinauf zum Oberschenkel sehen und trippelte mit geschlossenen Knien und weit gespreizten Füßen die Rednertribüne auf und ab. Sein Publikum dankte es ihm mit johlendem Gelächter und Jubelrufen.
»Das nächste Kapitel dieser Saga«, fuhr Gabinius fort, »hat die Insel Kreta und ihre Umgebung zum Schauplatz. Nur weil sein Vater, der Redner — ein besserer und fähigerer Mann als er, der es aber auch nicht geschafft hatte! —, seinerzeit vom Senat und den Einwohnern Roms beauftragt worden war, der Freibeuterei auf den Meeren ein Ende zu machen, riß sein Sohn Marcus Antonius vor gut sieben Jahren dasselbe Kommando an sich, auch
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