MoR 04 - Caesars Frauen
geflossen waren. Die zehn Talente, die ihm Caepio in seinem Testament hinterlassen hatte, wollte er für dieses Begräbnis aufwenden, und als er trotz eifrigster Bemühungen, das ganze Geld bei den Leichenbestattern und Gewürzhändlern der Stadt auszugeben, nur ein einziges Talent aufgebraucht hatte, gab er ein weiteres Talent für eine goldene, mit Edelsteinen besetzte Urne für Caepios Asche aus, und die restlichen acht für ein Standbild von Caepio, das auf dem Marktplatz von Aenus aufgestellt werden sollte.
»Aber die Farbe seiner Haut, seines Haares und seiner Augen wirst du nicht hinkriegen«, sagte Cato mit seiner harten, bellenden Stimme, die von den Verzweiflungsschreien noch heiserer geworden war, »und es soll auch nicht wie das Standbild eines lebenden Mannes aussehen. Jeder soll auf den ersten Blick sehen, daß er tot ist. Du wirst es aus grauem thasischen Marmor formen und so lange polieren, bis mein Bruder im Mondlicht leuchtet. Er ist ein Schatten, und wie ein Schatten soll sein Standbild aussehen.«
Es war das eindrucksvollste Begräbnis, das die kleine griechische Kolonie an der östlichen Mündung des Hebrus jemals erlebt hatte. Jede verfügbare Frau wurde als Klageweib verpflichtet, jeder Stengel aromatischen Krautes, der sich in Aenus finden ließ, brannte auf Caepios Scheiterhaufen. Als die Beisetzungsfeierlichkeiten vorbei waren, sammelte Cato die Asche eigenhändig zusammen und schüttete sie in den kostbaren kleinen Kasten, den er von diesem Tag an nicht mehr aus der Hand geben sollte, bis er ein Jahr später in Rom eintreffen und die Urne, wie es seine Pflicht war, an Caepios Witwe übergeben würde.
Er schrieb an Onkel Mamercus in Rom und wies ihn an, bis zu seiner Rückkehr alles Nötige wegen Caepios Testament zu veranlassen. Erstaunt mußte er feststellen, daß es sich erübrigte, Rubrius nach Thessalonike zu schreiben. Der äußerst gewissenhafte Ethnarch hatte Rubrius bereits am Tage von Caepios Tod eine Nachricht geschickt, und Rubrius hatte seine große Chance erkannt. Zusammen mit dem Kondolenzbrief an Cato traf auch Catos und Munatius Rufus’ gesamte Habe in Aenus ein. Eure Dienstzeit hier ist ohnehin bald abgelaufen, Freunde, hatte der Statthalter in fein leserlicher Handschrift zu Papier gebracht, und ich möchte Euch beiden nicht zumuten, daß Ihr noch einmal hierher zurückkehrt, bei diesem unwirtlichen Wetter, und wo die Bessi sich für den Winter an den Danubius zurückgezogen haben. Gönnt Euch einen langen Urlaub im Osten, so kommt Ihr am besten darüber hinweg.
»Das werde ich tun«, sagte Cato, der die Urne in den Händen hielt. »Wir reisen nach Osten, nicht nach Westen.«
Aber er hatte sich verändert, wie Athenodorus Cordylion und Titus Munatius Rufus betrübt feststellen mußten. Cato war ihnen immer wie ein Leuchtfeuer vorgekommen, wie ein kräftiger, gleichmäßiger Lichtstrahl, der ohne Unterlaß schien. Jetzt war das Licht erloschen. Das Gesicht war noch dasselbe, der schlanke, muskulöse Körper war nicht müder oder gebeugter als vorher. Doch nun war die vormals so durchdringende Stimme tonlos geworden; auch erregte Cato sich nicht mehr, noch schmollte oder zürnte oder begeisterte er sich: Sein inneres Feuer war gleichfalls erloschen.
Nur Cato selbst konnte ermessen, welche Kraft es ihn kostete, weiterzuleben. Und niemand außer Cato wußte, was Cato beschlossen hatte: Niemals mehr würde er sich einer solchen Tortur, einer solchen Vernichtung aussetzen. Wer liebte, war auf ewig verloren. Die Liebe sollte ihm fortan verhaßt sein. Cato würde nie mehr lieben. Niemals mehr.
Und während der armselige kleine Trupp, bestehend aus drei freien Männern und drei Sklaven, zu Fuß die Via Egnatia entlang zum Hellespont trottete, lehnte sich ein Freigelassener namens Sinon auf die Reling eines schnittigen, kleinen Schiffes, das ein frischer, aber gleichmäßiger Winterwind mit Kurs auf Athen über die Ägäis trug. Dort würde er sich nach Pergamum übersetzen lassen, wo die zweite Hälfte seines Goldes auf ihn wartete. Er zweifelte nicht daran, es vorzufinden. Sie war zu klug, um ihn nicht auszuzahlen, die große patrizische Dame Servilia. Einen Moment lang spielte Sinon mit dem Gedanken, sie zu erpressen, dann lachte er, zuckte die Achseln und warf eine Drachme als Opfer an Poseidon in das schäumende Kielwasser. Bringe mich sicher übers Wasser, Vater der Tiefe! Ich bin nicht nur frei, ich bin auch reich. Die Löwin in Rom ist still. Ich will sie nicht
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