MoR 04 - Caesars Frauen
wecken, um noch mehr Geld zu bekommen. Statt dessen will ich vermehren, was mir ohnehin schon gehört.
Die Löwin in Rom erfuhr von Onkel Mamercus, daß ihr Bruder tot war. Er war nach Erhalt von Catos Brief sofort zu ihr geeilt. Sie vergoß Tränen, aber nur einige wenige; niemand wußte besser als Onkel Mamercus, was sie wirklich fühlte. Die Anweisung an die Filiale ihrer Bankiers in Pergamum hatte sie gleich nach Caepios Abreise losgeschickt, ein Risiko, das sie lieber vor Vollendung der Tat eingehen wollte. Kluge Servilia. Kein neugieriger Buchhalter oder Bankier sollte sich nach Caepios Tod fragen, warum seine Schwester ausgerechnet jetzt eine so große Summe Geldes an einen Mann namens Sinon anwies, damit dieser sie in Pergamum abholen konnte.
Später am selben Tag sagte Brutus zu Julia: »Ich werde meinen Namen ändern, ist das nicht sensationell?«
»Bist du in einem Testament adoptiert worden?« fragte sie, weil sie sehr wohl wußte, auf welche Weise ein Mann zu einem neuen Namen kam.
»Mein Onkel Caepio ist in Aenus gestorben, und ich bin sein Erbe.« In seinen schönen braunen Augen schimmerten ein paar Tränen. »Er war ein netter Mann, ich konnte ihn gut leiden. Am meisten wohl deshalb, weil Onkel Cato ihn bewundert hat. Der arme Onkel Cato. Er ist eine Stunde zu spät gekommen. Und jetzt kommt er für lange Zeit nicht nach Hause. Ich werde ihn vermissen.«
»Du vermißt ihn doch jetzt schon«, sagte Julia und drückte seine Hand.
Er lächelte und erwiderte den Druck. Brutus’ Verhalten gegenüber seiner Verlobten war untadelig, und keine Großmutter hätte ihn sich aufmerksamer wünschen können. Aurelia hatte es schon bald nach der Unterzeichnung des Verlobungsvertrags aufgegeben, die Anstandsdame zu spielen. Brutus machte seiner Mutter und seinem Stiefvater alle Ehre.
Julia, gerade erst zehn geworden (sie hatte im Januar Geburtstag), war zutiefst dankbar dafür, daß Brutus das Ansehen seiner Mutter und seines Stiefvaters förderte: Als Caesar sie über ihr Eheschicksal aufgeklärt hatte, war sie zunächst empört gewesen, denn auch wenn sie Mitleid mit Brutus empfand, so wußte sie doch genau, daß keine noch so lange Zeitspanne dieses Mitleid in eine Zuneigung von der Art verwandeln würde, die Ehen zusammenhielt. Das Beste, was sie über ihn sagen konnte: Er war nett. Und das Schlechteste: Er langweilte sie. Auch wenn sie in ihrem Alter noch nicht von der Liebe träumte, so war sie — wie die meisten Mädchen aus ihren Kreisen — bereits auf das eingestellt, was das Erwachsenenleben ihr bringen würde, und die Ehe gehörte nun einmal dazu. Es war ihr nicht leichtgefallen, ihren Klassenkameradinnen in Gniphos Schule von der Verlobung zu erzählen, obwohl sie immer geglaubt hatte, es müßte eine große Befriedigung sein, endlich auf einer Stufe mit Junia und Junilla zu stehen, den einzigen Mädchen in ihrer Klasse, die bereits verlobt waren. Aber Junias Vatia Isauricus war ein reizender Bursche, und Junillas Lepidus sah umwerfend gut aus. Und was konnte man von Brutus sagen? Keine seiner Halbschwestern konnte ihn ausstehen — zumindest behaupteten sie es. So wie Julia hielten auch sie ihn für einen grandiosen Langweiler. Und den sollte sie jetzt heiraten! Ihre Freundinnen würden sie gnadenlos aufziehen und bemitleiden.
»Arme Julia!« sagte Junia und lachte fröhlich.
Aber was sollte sie über ihr Schicksal jammern? Sie mußte ihn heiraten und basta!
»Hast du schon gehört, tata?« fragte sie ihren Vater, als er nach der Mittagsstunde kurz zu Hause vorbeischaute.
Es war schrecklich mit ihm, seit Pompeia hier war. Zum Schlafen kam er gar nicht mehr heim, aß nur noch selten mit ihnen, war kaum mehr als ein gelegentlicher Gast. Deshalb war es wunderbar, eine Neuigkeit zu haben, die ihn wenigstens ein paar Augenblicke lang festhalten würde; Julia packte die Gelegenheit beim Schopf.
»Was denn?« sagte er abwesend.
»Rat einmal, wer mich heute besucht hat?« fragte sie freudig erregt.
Ihr Vater zwinkerte ihr zu. »Brutus?«
»Du hast noch einen Versuch!«
»Jupiter Optimus Maximus?«
»Unsinn! Der kommt doch nicht als Mensch zu einem, höchstens als Idee.«
»Wer dann?« fragte er nun schon ein wenig ungeduldig. Pompeia war zu Hause, er hörte sie im tablinum, das sie zu ihrem Zimmer gemacht hatte, weil Caesar dort nie mehr arbeitete.
»Ach, tata, bleib noch ein bißchen!«
Die großen blauen Augen schauten ihn ängstlich an; Caesar hatte ein schlechtes Gewissen. Armes
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