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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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kleines Mädchen. Sie hatte mehr als alle anderen unter Pompeia zu leiden, weil sie ihren Vater so selten zu sehen bekam.
    Seufzend hob er sie auf, trug sie zu einem Stuhl, setzte sich und nahm sie auf seinen Schoß. »Du bist ganz schön groß geworden«, bemerkte er erstaunt.
    »Das will ich hoffen.« Sie begann, die kleinen weißen Fächer in den Augenwinkeln zu küssen.
    »Also, wer hat dich heute besucht?« fragte er und hielt absolut still.
    »Quintus Servilius Caepio.«
    Sein Kopf zuckte zurück. »Wer?«
    »Quintus Servilius Caepio.«
    »Aber der ist unterwegs zu Gnaeus Pompeius!«
    »Nein, ist er nicht.«
    »Julia, das einzige männliche Mitglied dieser Familie, das noch am Leben ist, weilt nicht hier in Rom!« sagte Caesar.
    »Ich fürchte«, sagte Julia leise, »der Mann, den du meinst, ist nicht mehr am Leben. Er ist im Januar in Aenus gestorben. Aber es gibt einen neuen Quintus Servilius Caepio, er ist im Testament genannt und wird sehr bald in aller Form adoptiert.«
    Caesar verschlug es den Atem. »Brutus?«
    »Ja, Brutus. Er sagt, daß er sich ab jetzt Quintus Servilius Caepio Brutus nennen will. Brutus ist ihm wichtiger als Junius.«
    »Jupiter!«
    »Tata, du bist schockiert. Warum?«
    Er legte die Hand an den Kopf und gab sich einen leichten Klaps auf die Wange. »Ach, hast du eine Ahnung!« Dann lachte er. »Julia, du heiratest den reichsten Mann von Rom! Wenn Brutus Caepios Erbe ist, dann wird das dritte Vermögen, das zu seinem Erbe hinzukommt, die beiden anderen zur Bedeutungslosigkeit verblassen lassen. Du wirst reicher als eine Königin sein.«
    »Davon hat Brutus gar nichts gesagt.«
    »Wahrscheinlich weiß er es noch gar nicht. Kein besonders neugieriger Mann, dein Verlobter«, sagte Caesar.
    »Ich glaube, er mag Geld.«
    »Tun wir das nicht alle?« fragte Caesar, ein wenig verbittert. Er stand auf und setzte Julia auf den Stuhl. »Ich bin gleich wieder da«, sagte er und eilte zur Tür hinaus in das Speisezimmer und von dort aus weiter, so vermutete Julia, in sein Arbeitszimmer.
    Gleich darauf erschien Pompeia. Sie wirkte beleidigt und funkelte Julia zornig an.
    »Was ist denn?« wollte Julia von ihrer Stiefmutter wissen, mit der sie sich zur Zeit ganz gut vertrug. Pompeia war eine gute Übung für den Umgang mit Brutus, auch wenn dieser glücklicherweise nicht Pompeias Naivität besaß.
    »Er hat mich rausgeworfen!« sagte Pompeia.
    »Doch nur für einen Moment.«
    Es war tatsächlich nur für einen Moment gewesen. Caesar setzte sich und schrieb eine kurze Nachricht an Servilia, die er seit Mai vorigen Jahres nicht mehr gesehen hatte. Natürlich hatte er schon längst vorgehabt, sich wieder einmal bei ihr blicken zu lassen (immerhin war bereits März), aber die Zeit zerrann ihm unter den Fingern, und er hatte andere Dinge zu tun. Wie wunderbar! Der junge Brutus war der Erbe des Goldes von Tolosa!
    Es wurde Zeit, sich gegenüber der Mutter des Jungen etwas aufmerksamer zu zeigen. Diese Verlobung durfte unter keinen Umständen wieder gelöst werden.

Teil II
    März 73 v. Chr. bis Quinctilis (Juli) 65 v. Chr.
    Weder seine Herkunft noch Mangel an Intelligenz oder Geld waren das Problem des Publius Clodius; es fehlte ihm vielleicht an der Richtung. Er hatte kein festes Ziel vor Augen und hätte einer festen Führung durch die Älteren bedurft. Indes sagte ihm sein Instinkt, daß er etwas Besonderes sei. Doch war er bei weitem nicht der erste Nachkomme der Claudii, der das von sich meinte. Wenn es einen römischen Clan gab, der mit Individualisten reich gesegnet war, dann war es die Patrizierfamilie der Claudii. Recht seltsam, wenn man bedachte, daß die claudianische von allen Patrizierfamilien die jüngste war. Sie tauchte erst zu der Zeit auf, als König Tarquinius Superbus von Lucius Junius Brutus abgesetzt wurde und das Zeitalter der Republik begann. Natürlich waren die Claudii Sabiner, und Sabiner waren heißblütig, stolz, unabhängig, unbezähmbar und kriegerisch, sie mußten so sein, denn sie stammten aus der Gegend zwischen dem Apennin und dem nördlichen und östlichen Latium, einer rauhen, bergigen Gegend, in der es nur wenige freundliche Flecken gab.
    Clodius’ Vater war jener Appius Claudius Pulcher gewesen, der es nicht vermocht hatte, das Vermögen der Familie zurückzugewinnen, nachdem sein Neffe, der Zensor Philippus, ihn aus dem Senat geworfen und seinen ganzen Besitz konfisziert hatte, als Strafe für seine starrköpfige Treue zum verbannten Sulla. Seine Mutter Caecilia

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