MoR 04 - Caesars Frauen
Fabius Hadrianus hatten alles versucht, aber die Cilicier rührten sich nicht vom Fleck, auch nicht nach einer ernsten Warnung des Statthalters Dolabella. Und das war nicht die einzige unangenehme Nachricht aus Zela. Sornatius schrieb, irgend jemand müsse den Soldaten der beiden cilicischen Legionen eingeredet haben, sie seien von Lucullus während der ganzen sechs Jahre seit seiner Rückkehr nach Osten um ihren gerechten Anteil an der Kriegsbeute betrogen worden. Zweifellos hatte die Angst vor der Hitze am Tigris zu der Meuterei geführt, aber das Gerücht von Lucullus’ Betrug hatte ein übriges getan.
Von dem Fenster aus, an dem Lucullus saß, sah man quer über die Stadt, genau in die Richtung, in der Mesopotamien lag; Lucullus hatte den Blick auf den entfernten Horizont mit den niedrigen Bergen gerichtet, ohne wirklich etwas zu sehen; er versuchte gerade, sich von einem Traum zu trennen, dessen Erfüllung ihm bereits greifbar erschienen war. Narren! Wahnsinnige! Er, ein Licinius Lucullus, sollte sich an Männern bereichert haben, die unter seinem Kommando standen? Er, ein Licinius Lucullus, sollte sich auf das Niveau dieser geldgierigen, auf schnellen Reichtum bedachten römischen Steuerpächter herabbegeben haben? Wer hatte ein solches Gerücht in die Welt gesetzt? Und warum hatten sie nicht selbst gemerkt, was für ein Unsinn das war? Ein paar einfache Rechnungen, mehr wäre nicht nötig gewesen.
Sein Traum von der Eroberung des Partherreichs war ausgeträumt. Mit weniger als vier Legionen in ein vollkommen flaches Land einzurücken, wäre Selbstmord, und Lucullus war kein Selbstmörder. Seufzend erhob er sich und ging Sextilius und Fannius suchen, seine beiden ältesten Legaten in Tigranokerta.
»Und was hast du jetzt vor?« fragte ihn Sextilius fassungslos.
»Ich werde das tun, was mit meinen Truppen machbar ist«, antwortete Lucullus, der sich mit jeder Sekunde mehr verhärtete. »Ich ziehe nach Norden, hinter Tigranes und Mithridates her. Ich werde sie zum Rückzug zwingen, bis sie in Artaxata in der Falle sitzen, und dann reibe ich ihre Armeen auf.«
»Es ist noch zu früh im Jahr, um so weit nach Norden zu marschieren«, meinte Lucius Fannius besorgt. »Wir können frühestens im Sextilis aufbrechen. Und dann bleiben uns nur vier Monate. Dort oben ist das Land an keiner Stelle flacher als fünfzehnhundert Meter, und die Vegetationszeit dauert nur einen kurzen Sommer. Viel Proviant können wir auch nicht mitnehmen — ich glaube, dort oben sind massive Berge. Aber du willst sicher rechts um den Thospitissee herumziehen.«
»Nein, ich ziehe links am Thospitissee vorbei«, antwortete Lucullus; inzwischen hatte er sich in den Gedanken an diesen Feldzug festgebissen. »Wenn wir nur vier Monate haben, können wir uns keinen Umweg von zweihundert Meilen leisten, nur weil es sich dort leichter laufen läßt.«
Seine Legaten machten betroffene Gesichter, aber keiner wagte zu widersprechen. Diesen Ausdruck auf Lucullus’ Gesicht kannten sie. Kein Argument hätte ihn umstimmen können. »Und was machen wir bis dahin?« fragte Fannius.
»Wir lassen die Fimbrianer hier im Luxus schwelgen«, antwortete Lucullus verächtlich. »Von der Nachricht werden sie ohnehin begeistert sein!«
Anfang des Monats Sextilis verließ die Armee des Lucullus schließlich Tigranokerta, aber nicht etwa, um nach Süden in die Hitze zu marschieren. Von dieser neuen Marschrichtung (das hatte Clodius von Silius und Comificius erfahren) waren die Fimbrianer, die am liebsten in Tigranokerta geblieben wären, nicht gerade begeistert. Aber wenigstens das Wetter würde auszuhalten sein, und ein echter Fimbrianer ließ sich schließlich von keinem Berg in ganz Asia einschüchtern! Sie hatten sie alle erklommen, wie Silius selbstgefällig feststellte. Und außerdem, vier Monate waren nicht mehr als ein hübscher kleiner Ausflug. Im Winter würden sie es sich wieder in Tigranokerta gemütlich machen können.
In eisigem Schweigen führte Lucullus die Marschkolonne an. Bei einem Besuch in Antiochia hatte er erfahren, daß er als Statthalter von Cilicia abgesetzt worden war; Quintus Marcius Rex, der Erste Konsul dieses Jahres, sollte die Provinz bekommen, und Rex wäre am liebsten schon während seines Konsulats nach Osten aufgebrochen. Er hatte drei nagelneue Legionen zu seiner Verfügung, wie Lucullus zu seiner großen Empörung hören mußte. Er, Lucullus, hätte nicht eine einzige aus Rom loseisen können, und wenn sein Leben davon
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