MoR 05 - Rubikon
seiner Freundin und zukünftigen Schwiegermutter Servilia eine ungeschminkte Schilderung der Ereignisse zukommen lassen. Da Servilia genau wußte, welche Pein Caesar dieser schonungslose Bericht verursachen würde, hatte sie ihn nach Gallien weitergeschickt. Caesar sollte ruhig leiden! Nach allem, was er ihr angetan hatte!
Ich traf in Antiochia ein, unmittelbar bevor KönigArtavasdes dem dortigen Statthalter Marcus Crassus einen Staatsbesuch abstattete. Die Vorbereitungen für den bevorstehenden Feldzug gegen die Parther waren in vollem Gang — das schien Crassus zumindest zu glauben; eine Ansicht, die ich, wie ich gestehen muß, allerdings nicht teilen konnte, nachdem ich mit eigenen Augen gesehen hatte, was Crassus da zusammengetrommelt hatte. Sieben Legionen, die mit jeweils acht Kohorten deutlich unter der Sollstärke von zehn Kohorten je Legion blieben, und ein bunt zusammengewürfelter Haufen von Reitern, die nicht den Eindruck erweckten, als wären sie jemals imstande, auch nur halbwegs vernünftig zu kooperieren. Publius Crassus hatte zur Unterstützung tausend berittene Haeduer aus Gallien mitgebracht — ein Geschenk Caesars an seinen Busenfreund Crassus, das Caesar allerdings besser behalten hätte, denn die Haeduer vertrugen sich nicht mit den galatischen Reitern und litten obendrein unter heftigem Heimweh.
Und dann dieser Abgarus, König der Skeniten. Ich weiß nicht warum, aber vom ersten Moment an fand ich ihn unsympathisch und traute ihm nicht über den Weg. Crassus war von ihm jedoch geradezu begeistert und ließ nicht das geringste auf ihn kommen. Wie es scheint, ist Abgarus ein Klient von Artavasdes, dem König von Armenien, und er wurde Crassus als Führer und Ratgeber für den Feldzug angedient, zusammen mit viertausend leichtbewaffneten Skeniten.
Crassus plante, nach Mesopotamien vorzurücken, wobei er zunächst das am Tigris gelegene Seleukeia angreifen wollte, wo sich die Winterresidenz des parthischen Hofes befand. Da der Feldzug im Winter stattfinden sollte, rechnete Crassus damit, König Orodes dort anzutreffen und ihn zusammen mit all seinen Söhnen gefangenzunehmen, bevor sie fliehen und den Widerstand im Partherreich organisieren könnten.
Doch König Artavasdes von Armenien und sein Klient, der Skenitenherrscher Abgarus, verwarfen Crassus ’ Strategie. Niemand, so wandten sie ein, könne auf offenem Feld ein parthisches Heer aus Kataphrakten und berittenen Bogenschützen schlagen. Dagegen seien die schwer gepanzerten Krieger auf ihren gewaltigen, ebenfalls mit Eisenpanzern geschützten medischen Pferden einem Kampf in den Bergen nicht gewachsen. Und auch die berittenen Bogenschützen, auf ebenes Gelände angewiesen, um im gestreckten Galopp jene treffsicheren Schüsse abzugeben, für die sie so berühmt seien, kämen mit zerklüftetem Gelände nicht zurecht und hätten rasch ihre Pfeile verschossen. Deshalb solle Crassus nicht nach Mesopotamien, sondern in die medischen Berge marschieren. Wenn er im Verein mit dem armenischen Heer das südöstlich des Kaspischen Meeres gelegene Herzland Parthiens mit der Sommerhauptstadt Ekbatana angreife, sei ihm der Sieg gewiß.
Der Plan überzeugte mich, was ich auch kundtat, doch Crassus wollte nicht darauf eingehen. Er sah keine Schwierigkeiten darin, die Kataphrakten und berittenen Bogenschützen in offener Feldschlacht zu besiegen. Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß Crassus nur deshalb kein Bündnis mit Artavasdes schließen wollte, weil er dann die Beute hätte teilen müssen. Du kennst ja Marcus Crassus, Servilia — nicht alle Schätze der Welt könnten seine Geldgier befriedigen. Abgarus war ihm egal, da dieser als relativ unbedeutender König keinen Anspruch auf einen größeren Anteil der Beute gehabt hätte. König Artavasdes hingegen hätte von allem die Hälfte beanspruchen können.
Nun, wie dem auch sei, Crassus sprach ein entschiedenes Nein. Er behauptete, die Ebene von Mesopotamien sei für die Manöver des römischen Heeres besser geeignet. Außerdem wollte er keine Meuterei unter seinen Männern, wie sie etwa in der Armee des Lucullus ausgebrochen ist, als den Soldaten beim Anblick des fernen Ararat plötzlich klar wurde, daß ihr Feldherr sie dort hinaufschicken wollte. Im übrigen hätte ein Gebirgsfeldzug im fernen Medien im Sommer stattfinden müssen, sein Heer war jedoch Anfang April marschbereit, also Anfang Winter. Crassus meinte, ein Aufschub bis zum Sextilis würde die Begeisterung der Soldaten dämpfen —
Weitere Kostenlose Bücher