MoR 05 - Rubikon
ließen — beide waren groß, dabei aber so untersetzt, daß sie schon wieder klein wirkten, und von einer gewissen Schwerfälligkeit. Sie zogen ihm die toga praetexta des Crassus über und ließen als Liktoren verkleidete Spaßmacher vor ihm herumspringen; sie schwenkten Rutenbündel, die mit römischen Eingeweiden zusammengebunden und mit Geldbeuteln sowie den Köpfen von Crassus’ Legaten verziert waren. Hinter dem falschen Marcus Crassus stolzierten Huren und Tänzerinnen. Musikanten gaben unflätige Lieder zum besten, und Pornohefte, die man im Gepäck des Tribunen Roscius gefunden hatte, wurden herumgezeigt. Als nächstes folgten Kopf und Hand des Crassus’ und als Nachhut schließlich unsere sieben Adler.
König Artavasdes von Armenien scheint ein fanatischer Liebhaber des griechischen Dramas zu sein, und da auch Orodes Griechisch spricht, wurden bei der Hochzeit von Pacorus und Laodice unter anderem einige berühmte griechische Stücke aufgeführt. An jenem Abend, an dem der Umzug in Artaxata eintraf, fand eine Aufführung der Bakchen des Euripides statt. Du kennst das Stück ja. Die Rolle der Königin Agaue wurde von Jason von Tralles gespielt, einem berühmten Schauspieler der Stadt. Noch berühmter als für seine glänzende Darstellung weiblicher Rollen ist Jason von Tralles jedoch für seinen Haß auf die Römer.
Bekanntlich trägt Agaue bei ihrem Auftritt in der letzten Szene einen Teller mit dem Kopf ihres Sohnes König Pentheus, den sie bei einer bacchantischen Orgie eigenhändig enthauptet hat. Als es soweit war, erschien Königin Agaue auf der Bühne. Auf dem Teller, den sie in Händen hielt, lag der Kopf von Marcus Crassus. Jason von Tralles stellte den Teller hin, riß sich die Maske vom Gesicht und hob Crassus’ Kopf hoch, was nicht schwierig war, da Crassus sich wie viele kahlköpfige Männer die Haare am Hinterkopf hatte lang wachsen lassen, damit er sie nach vorn kämmen konnte. Mit triumphierendem Grinsen ließ der Schauspieler nun den Kopf wie eine Lampe hin-- und herschwingen.
»Gesegnet das Opfer, das ich bringe, frisch vom Rumpf getrennt!« rief er.
»Wer erschlug ihn?« fragte der Chor im Sprechgesang.
»Mein ist der Ruhm!« schrie mit gellender Stimme Pomaxarthres, ein hoher Offizier aus dem Heer des Pahlawi Surenas.
Wie es heißt, fand die Szene großen Anklang.
Anschließend wurden Kopf und rechte Hand des Crassus auf den Zinnen der Mauern von Artaxata zur Schau gestellt, wo sie, soviel ich weiß, heute noch zu sehen sind, während sein Körper an der Stelle bei Carrhae, wo Crassus den Tod fand, den Geiern zum Fraß überlassen wurde.
Ach Marcus! Daß es dazu kommen mußte. Konntest du nicht voraussehen, wie das alles enden würde? Ateius Capito hat dich verflucht, die Juden haben dich verflucht, dein eigenes Heer schenkte diesen Flüchen Glauben, und du tatest nichts, um sie vom Gegenteil zu überzeugen. Fünfzehntausend brave römische Soldaten tot, zehntausend weitere auf Lebenszeit an eine fremde Grenze verbannt und meine haeduischen Reiter und der größte Teil der Galater verloren! Und Syrien wird von einem unternehmungslustigen, unerträglich arroganten jungen Mann regiert, dessen geringschätziges Urteil dir für alle Zeiten anhängen wird. Die Parther mögen dich umgebracht haben, aber Gaius Cassius hat deinen Ruf ruiniert. Ich wüßte, welches Schicksal ich vorziehen würde.
Auch dein tüchtiger ältester Sohn ist tot, wie du ein Opfer der Geier. In der Wüste erübrigen sich Leichenverbrennung und Begräbnis. Der alte König Mithridates ließ Manius Aquillius rückwärts auf einen Esel binden und ihm geschmolzenes Gold in die Kehle gießen, um seine Habgier zu kurieren. War es das, was Orodes und Artavasdes mit dir vorhatten? Aber du hast ihnen ein Schnippchen geschlagen und bist gestorben, bevor sie dazu kamen. Vermutlich erlitt statt deiner ein bedauernswerter Zenturio namens Paccanius dieses Schicksal. Und jetzt starren deine Augenhöhlen blind über die kalten Berge in die eisige Unendlichkeit des Kaukasus.
Caesar blieb lange auf seinem Stuhl sitzen und erinnerte sich. Wie Crassus sich gefreut hatte, als der Pontifex Maximus eine Klingel installieren ließ, für die er selbst aus Geiz kein Geld hatte ausgeben wollen. Welcher Überredungskünste es bedurft hatte, damit er und Pompeius sich nach Ablauf ihres ersten gemeinsamen Konsulats auf der Rednerbühne vor aller Öffentlichkeit umarmten. Wie er ohne zu zaudern die nötigen Anweisungen erteilt hatte, um
Weitere Kostenlose Bücher