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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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aus der Raute herauswuchs.
    »Offenbar beenden sie gerade die Inspektion ihrer Befestigungen«, sagte Biturgo. »Der in dem scharlachroten Mantel, das ist Caesar. Aber wer ist der Mann auf dem guten Pferd neben ihm?«
    »Labienus«, antwortete Vercingetorix. »Die anderen haben ihre italischen Pferde wahrscheinlich den germanischen Hunden überlassen.«
    »Sie stehen jetzt schon eine ganze Weile an dieser Stelle«, sagte Daderax nachdenklich.
    »Weil ihre Befestigungen dort eine Lücke haben«, sagte Vercingetorix. »Ich frage mich nur, wie ich unsere Leute auf die Schwachstelle hinweisen kann, wenn sie kommen. Sie ist nur von hier zu sehen.« Er wandte sich ab. »Kommt mit. Wir müssen vieles besprechen.«
    Sie waren zu viert: Vercingetorix, sein Vetter Critognatus, Biturgo und Daderax.
    »Thema Proviant«, sagte der König, und sein ausgemergelter Körper verlieh dem Wort Nachdruck. »Wieviel haben wir noch, Daderax?«
    »Das Getreide ist aufgebraucht, aber wir haben noch Rinder und Schafe. Und ein paar Eier, wenn nicht bereits allen Hühnern der Hals umgedreht wurde. Seit vier Tagen sind alle auf halbe Ration gesetzt. Wenn wir die Ration noch einmal halbieren, reicht es vielleicht für weitere vier bis fünf Tage. Danach müssen wir Schuhsohlen essen.«
    Biturgo hieb donnernd mit der Faust auf den Tisch, und die andern fuhren erschrocken zusammen. »Hör endlich auf, uns etwas vorzumachen, Vercingetorix!« brüllte er. »Glaubst du vielleicht, wir wüßten nicht, daß die Entsatzarmee seit vier Tagen hier sein müßte? Du verschweigst uns doch etwas. Daß du nämlich überhaupt keine Armee erwartest.«
    Schweigen trat ein. Vercingetorix, der am Kopfende saß, legte die Hände auf den Tisch, drehte den Kopf und starrte durch das große Fenster hinter ihm, dessen geöffnete Flügel die milde Frühlingsluft hereinließen. Seit sie in Alesia eingeschlossen waren, hatte er sich einen Bart wachsen lassen, und jetzt wurde klar, warum er als einziger immer glattrasiert gewesen war: Sein Bart war schütter und silbergrau. Auch die Krone trug er nicht mehr.
    »Wenn sie unterwegs wäre, müßte sie jetzt eigentlich hier sein«, sagte er schließlich. Dann seufzte er. »Ich habe die Hoffnung aufgegeben, daß sie noch kommt. Also müssen wir uns zunächst um Verpflegung kümmern.«
    »Die Haeduer haben uns verraten!« knurrte Daderax.
    »Heißt das, wir sollen uns ergeben?« fragte Biturgo.
    »Ich werde es nicht tun. Aber ich habe Verständnis dafür, wenn jemand von euch mit seinen Männern Alesia verlassen und vor Caesar kapitulieren will.«
    »Wir dürfen uns nicht ergeben«, sagte Daderax heftig. »Was sollen zukünftige Generationen von uns denken?«
    »Dann bleibt nur ein Ausfall mit allen Männern«, sagte Biturgo. »Dann sterben wir wenigstens auf dem Schlachtfeld.«
    Critognatus war älter als Vercingetorix und hatte keinerlei Ähnlichkeit mit seinem Vetter. Hochgewachsen, rothaarig, blauäugig und schmallippig, war er ein Gallier, wie er im Buche steht. Als könnte er es auf seinem Stuhl plötzlich nicht mehr aushalten, sprang er auf und begann auf und ab zu laufen. »Ich glaube es nicht«, sagte er und schlug sich mit der Faust auf die Hand. »Die Haeduer haben doch alle Brücken hinter sich abgebrochen. Sie würden es nicht wagen, uns zu verraten. Caesar würde Litaviccus nach Rom schicken, und dort müßte Litaviccus in seinem Triumphzug marschieren. Nein, ich kann es nicht glauben. Litaviccus will König von Gallien werden und nicht ein Vergobret von römischen Gnaden, also muß er wollen, daß wir siegen. Er wird alles tun, um dir zum Sieg zu verhelfen, Vercingetorix — erst danach wird er zum Verräter werden.« Critognatus kehrte zum Tisch zurück und sah Vercingetorix flehend an. »Siehst du nicht, daß ich recht habe? Die Entsatzarmee wird kommen! Ich weiß es! Mir ist nur unklar, warum sie noch nicht hier ist und wie lange es noch dauert, bis sie kommt. Aber sie wird kommen!«
    Vercingetorix lächelte und streckte die Hand aus. »Ja, Critognatus, sie wird kommen. Das glaube ich auch.«
    »Eben hast du noch das Gegenteil behauptet«, grollte Biturgo.
    »Das stimmt. Aber Critognatus hat recht. Die Haeduer würden zuviel aufs Spiel setzen, wenn sie uns verrieten. Nein, vielleicht hat die Einberufung des Heeres sich verzögert, weil die Völker länger nach Carnutum unterwegs waren, als ich geschätzt habe. Gutruatus ist jedenfalls ein besonnener Mann, solange ihn nicht die Leidenschaft übermannt.«
    Während

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