MoR 05 - Rubikon
Viertelmillion fertigwerden. Das ist ein Rekord.«
»Dann lohnt sich die Mühe wenigstens«, meinte Trebonius.
»Allerdings. So bequem wie bei Aquae Sextiae haben wir es hier nicht. Die Gallier haben seit meiner Ankunft dazugelernt. Und ich will meine Soldaten auf keinen Fall verlieren.« Sein Gesicht hellte sich auf. »Sind es nicht tüchtige Kerle?« sagte er leise.
Er sah seine Legaten streng an. »Es ist unsere Pflicht, alles in unserer Macht stehende zu tun, die Verluste möglichst gering zu halten. Die harte Arbeit der Legionäre soll nicht umsonst gewesen sein. Daß die Entsatzarmee der Gallier eine Viertelmillion Mann stark ist, ist meinen Informationen zufolge eher noch zu wenig. Der Sinn unserer Arbeit hier ist es, das Leben römischer Soldaten zu schützen und uns den Sieg zu sichern. Der Krieg in Gallien wird hier in Alesia entschieden.« Er lächelte. »Und ich habe nicht die Absicht, ihn zu verlieren.«
Der innere Befestigungsring verlief durch die Alesia umgebenden Täler und im Osten über den Ausläufer des Höhenzugs. Der äußere Ring zog sich über die kleine Ebene im Westen, dann zur Kuppe des Berges südlich von Alesia hinauf, auf dessen Ostflanke wieder hinunter zum südlichen der beiden Flüsse, von da über den Kamm des Höhenzugs im Osten zum nördlichen Fluß und schließlich zum Gipfel des sich im Norden von Alesia erhebenden Berges. Zwei der vier Legionärslager lagen am Hang des südlichen, ein weiteres an dem des nördlichen Berges.
Und dort, im Norden, befand sich auch die einzige Schwachstelle des Ringes. Der Berg im Nordwesten war zu hoch für den Bau einer Mauer gewesen. Ein an seinem Fuß gelegenes Reiterlager war durch starke Mauern mit dem äußeren Befestigungsring verbunden worden — doch war eine solche Sicherung bei dem vierten Legionärslager, das die Lücke im Befestigungsring sichern sollte, nicht möglich gewesen. Zu ungünstig war die Lage des Lagers an einem steilen und felsigen Abhang.
»Wenn ihre Kundschafter etwas taugen, entdecken sie die Schwachstelle«, meinte Labienus, der als einziger Anführer noch sein italisches Pferd ritt. Sein lederner Brustpanzer knarrte, als er sich im Sattel zurücklehnte und mit seinem Adlerprofil den Berg hinauf spähte. »Schade.«
»Ja«, stimmte Caesar zu. »Aber wenigstens kennen wir die Schwachstelle. Das Legionärslager sichert sie.« Er schlang ein Bein um die beiden vorderen Sattelknöpfe — eine Angewohnheit von ihm —, drehte sich im Sattel um und zeigte auf den Berg im Süden. »Von dort oben kann ich alles überblicken. Sie werden sich im Westen sammeln, denn ihre Reiterei ist zu groß, um im Norden oder Süden anzugreifen. Und Vercingetorix wird am Westrand Alesias herunterkommen, um an derselben Stelle unseren inneren Befestigungsring anzugreifen.«
Decimus Brutus seufzte. »Wir können nur abwarten.«
Vielleicht weil er seit einiger Zeit keinen Wein mehr bekam, fühlte Marcus Antonius sich hellwach, wissensdurstig und energiegeladen, und er verfolgte jedes Wort der Legaten und jeden Gesichtsausdruck und jede Äußerung Caesars mit gespannter Aufmerksamkeit. In einem solchen Moment hier zu sein! Nie zuvor war so etwas wie Alesia gewagt worden. Weniger als sechzigtausend Mann sollten einen zwölf Meilen langen Mauerring gegen einen Feind verteidigen, der sie mit achtzigtausend Mann von der Innenseite und einer Viertelmillion von der Außenseite belagerte...
Und ich bin dabei, bin ein Teil davon! Ach Antonius, auch dir ist das Glück hold! Deshalb schuften sie für ihn, und deshalb lieben sie ihn fast so sehr wie sich selbst. Durch ihn gelangen sie zu ewigem Ruhm, denn er teilt seine Siege stets mit ihnen. Ohne sie ist er nichts, aber er weiß das. Gabinius wußte es nicht, und auch keiner der anderen, unter denen ich gedient habe. Caesar kennt seine Männer, er spricht ihre Sprache. Eine eigenartige Faszination geht von ihm aus. Aber ich bin genauso. Eines Tages werden sie mich genauso lieben wie ihn. Ich muß mir nur seine Art zu eigen machen, dann werde ich seinen Platz einnehmen, sobald er zu alt für dieses Leben ist. Eines Tages werden Caesars Männer die Männer von Antonius sein. In zehn Jahren gehört er der Vergangenheit an, und dann bin ich dran. Und dann werde ich noch größer als Gaius Julius Caesar sein.
Vercingetorix stand mit einigen anderen gallischen Häuptlingen auf der Westmauer von Alesia, dort, wo sich die Hügelkuppe zu einer vorspringenden Nase verengte, der wie ein bizarrer Kristall
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