MoR 05 - Rubikon
drücken, so wie du es dein Leben lang getan hast!«
Brutus erbleichte. »Das stimmt nicht!« keuchte er.
»Das glaube ich dir nicht. Du bist nie dort, wo die entfernte Möglichkeit besteht, daß ein Krieg ausbricht.«
»Wie kannst du das behaupten? Die Parther werden wahrscheinlich im Osten angreifen, noch bevor ich dort bin!«
»Die Parther werden in Syrien, nicht in Kilikien einfallen, genau wie im letzten Sommer, auch wenn Cicero in den Briefen, die er bergeweise nach Hause geschickt hat, immer etwas anderes behauptet hat! Solange wir Syrien nicht verlieren, und das glaube ich nicht, bist du in Tarsus genauso sicher wie in Rom. Nur daß Rom von Caesar bedroht wird.«
»Und das ist ebenfalls Quatsch, Onkel. Du erinnerst mich an die Frau von Scaptius, die ihre Kinder so sehr bemuttert und behütet hat, bis sie alle Hypochonder waren. Ein roter Fleck war sofort Krebs, Kopfschmerzen waren der Beweis einer furchtbaren Krankheit im Kopf, und Magenzwicken war der Beginn einer Lebensmittelvergiftung oder Sommergrippe. Bis sie mit ihrem Gegackere die Göttin des Schicksals herausforderte und einer ihrer Söhne starb. Aber nicht an einer Krankheit, sondern durch ihre Unachtsamkeit. Statt auf ihn achtzugeben, hatte sie nur Augen für die Marktstände, und er geriet unter die Räder eines Fuhrwerks.«
»Eine wirklich interessante Geschichte, Brutus«, sagte Cato aufgebracht. »Bist du sicher, daß Scaptius’ Frau nicht in Wirklichkeit deine Mutter ist, die ohne Frage aus dir einen Hypochonder gemacht hat?«
Brutus’ traurige braune Augen funkelten gefährlich. Wortlos drehte er sich um und ging weg, allerdings nicht nach Hause. Heute war der Tag, an dem er es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, Porcia einen Besuch abzustatten.
Als Porcia von dem Streit hörte, stieß sie einen tiefen Seufzer aus und schlug die Hände zusammen. »Ach Brutus, tata ist manchmal so jähzornig. Nimm es ihm bitte nicht übel! Er wollte dich bestimmt nicht kränken. Er ist manchmal einfach so — so aggressiv. Wenn er sich einmal in etwas verbissen hat, kann er nicht mehr lockerlassen. Caesar ist seine Obsession.«
»Das könnte ich deinem Vater ja noch verzeihen, Porcia, aber nicht seinen Dogmatismus!« Brutus war noch immer verärgert. »Die Götter wissen, daß ich Caesar weder liebe noch schätze, aber er versucht doch nur, politisch zu überleben. Ich könnte ein halbes Dutzend anderer aufzählen, die genau dasselbe getan haben, ohne daß sie nach Rom marschiert sind. Denk doch nur an Lucius Piso, als der Senat ihm die Befehlsgewalt über Makedonien entzog.«
Porcia sah ihn überrascht an. »Aber Brutus, das kannst du doch nicht vergleichen! Du bist so begriffsstutzig, wenn es um Politik geht! Warum kannst du politische Zusammenhänge nicht ähnlich klar wie finanzielle durchschauen?«
Starr vor Ärger stand er auf. »Wenn jetzt auch du mich bekehren willst, Porcia, gehe ich!«
»Ach nein! Bitte!« Voller Reue ergriff sie seine Hand und drückte sie an ihre Wange. Tränen schimmerten in ihren weit aufgerissenen grauen Augen. »Verzeih mir! Geh nicht weg! Bitte!«
Besänftigt entzog er ihr die Hand und setzte sich wieder. »Na gut. Aber du mußt endlich einsehen, wie begriffsstutzig du bist, Porcia. Du willst nicht hören, daß Cato unrecht hat, dabei weiß ich, daß das öfters der Fall ist, zum Beispiel bei seiner gegenwärtigen Kampagne gegen Caesar auf dem Forum. Was glaubt er eigentlich, was er damit erreicht? Er bewirkt, daß die Leute Angst bekommen, obwohl Caesar ihnen dazu gar keinen Anlaß gibt. Denk doch nur an die Panik wegen der drei Legionen, mit denen Caesar über die Alpen kam. Er mußte sie mitbringen! Und zwei davon hat er sofort nach Capua geschickt. Während dein Vater laut verkündete, Caesar werde sie nie abgeben. Er hatte unrecht, Porcia! Er hatte unrecht! Caesar tat genau das, was der Senat angeordnet hatte.«
»Ja, ich gebe zu, daß tata dazu neigt, Dinge zu übertreiben«, sagte Porcia und schluckte. »Aber streite nicht mit ihm, Brutus.« Eine Träne tropfte auf ihre Hand. »Ich wünschte, du würdest nicht fortgehen!«
»Ich gehe ja noch nicht morgen«, sagte er sanft. »Und wenn ich aufbreche, ist Bibulus wieder zu Hause.«
»Ja, natürlich«, sagte sie dumpf. Dann begann sie plötzlich zu strahlen und klatschte sich mit den Händen auf die Knie. »Sieh dir das an, Brutus. Ich habe mich mit Fabius Pictor beschäftigt, und ich glaube, ich bin auf etwas sehr Merkwürdiges gestoßen. Und zwar in dem
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