MoR 05 - Rubikon
Platte von einem gedrehten, ebenfalls goldenen Band, das auf der linken Seite wie ein Schakal geformt war, rechts wie zwei Füße und eine Löwenpranke, besetzt mit Lapislazuli, Karneol, Beryll und Onyx. Darüber hingen zahlreiche Goldketten, die in karneolbesetzten Scheiben und quadratischen, juwelenbesetzten Kreuzen endeten.
»Du bist verkleidet«, sagte er auf Altägyptisch.
»Die Alexandriner haben mich gestürzt.«
»Ah!«
Cha’em führte sie zu seinem Palast, einem kleinen quadratischen Bau aus Kalkstein, bemalt mit Hieroglyphen und den Namen aller Hohenpriester des Ptah. Verschiedene Götterstatuen flankierten das Portal: Ptah selbst, eine aufrecht stehende, barhäuptige Figur in Menschengestalt und Mumienform, seine Gemahlin, die Löwengöttin Sachmet, und der Gott der Lotusblume Nefertem, gekrönt mit weißen Straußenfedern und der heiligen blauen Lotusblüte.
Im Inneren des Gebäudes war es kühl und hell. Die Wände waren mit lebendigen Malereien geschmückt, das Mobiliar bestand aus Stühlen und Tischen aus Elfenbein, Ebenholz und Gold. Angezogen vom Klang der Stimmen, betrat eine Ägypterin den Raum, die aufjene ausdruckslose Art schön war, welche die Kaste der ägyptischen Priester über Jahrtausende hin zur Vollendung gebracht hatte. Sie trug eine schwarze Perücke, ein schlauchförmiges Unterkleid aus weißem Leinen und ein weitärmeliges Oberkleid aus durchscheinendem, gefälteltem Leinen, wie nur die Ägypter es herstellen konnten.
Auch sie verbeugte sich tief.
»Tach’a!« sagte Kleopatra und umarmte sie. »Meine Mutter.«
»Ja, das war ich drei Jahre lang«, sagte Cha’ems Frau. »Hast du Hunger?«
»Habt ihr denn genug zu essen?«
»Wir kommen zurecht, Tochter des Ra, auch in diesen harten Zeiten. Mein Garten hat einen Kanal zum Nil. Meine Diener bestellen ihn.«
»Kannst du meinen Leuten zu essen geben? Es sind zwar nur drei, aber der arme Apollodorus ißt eine Menge.«
»Wir haben schon genug! Setzt euch, setzt euch!«
Bei einem einfachen Mahl aus Fladenbrot, kleinen gebratenen Fischen, Datteln und Gerstenbier erzählte Kleopatra, was passiert war.
»Was willst du tun?« fragte Cha’em.
»Du mußt mir Geld geben, damit ich mir in Judäa und Nabatäa eine Armee kaufen kann. Und in Phönizien. Potheinus wollte dort die Getreidespeicher plündern, ich werde also sicher ausreichend Soldaten finden. Syrien ist sich selbst überlassen, nachdem Metellus Scipio dort letztes Jahr abgezogen ist. Solange ich die Küste meide, werde ich wohl keine Schwierigkeiten bekommen.«
Tach’a räusperte sich. »Cha’em, du mußt mit der Pharaonin noch etwas anderes besprechen.«
»Geduld, Frau! Erst müssen wir dieses Thema beenden.« Er sah wieder Kleopatra an. »Wie können wir mit Alexandria fertigwerden? Ich gebe zu, es ist gut, einen geschützteren und weniger sumpfigen Mittelmeerhafen zu haben als das alte Pelusium, aber Alexandria ist ein Schmarotzer! Es nimmt Ägypten alles weg und gibt nichts zurück.«
»Das weiß ich. Du hast es mir erklärt, als ich hier lebte, und ich werde Abhilfe schaffen. Aber zuerst muß ich wieder sicher auf dem Thron sitzen. Und du weißt, daß Alexandria untrennbar mit Ägypten verbunden ist. Ich kann Ägypten nicht von Memphis aus regieren, Cha’em, weil Alexandria sofort eine Armee kaufen und uns zermalmen würde. Denn Ägypten ist der Nil — wir könnten nirgendwohin fliehen. Du weißt, wie einfach es zu erobern wäre. Der Wind bläst die Kriegsgaleeren vom Delta nach Süden zum Ersten Katarakt, die Strömung trägt sie wieder zurück. Das eigentliche Ägypten würde ein Sklave der Makedonier und der Römer werden, denn die römische Armee würde bei uns einmarschieren.«
»Das führt mich zu einem heiklen Thema, Göttin auf Erden.«
Kleopatras goldgrüne Augen verengten sich, sie runzelte die Stirn. »Den Pegel des Todes.«
»Zweimal hintereinander. Und dieses Jahr war er nur acht Fuß hoch! Das hat es noch nie gegeben! Das Volk am Nil ist beunruhigt.«
»Wegen der Hungersnot? Natürlich.«
»Nein, wegen seiner Pharaonin.«
»Erkläre!«
»Es heißt, der Nil wird den Pegel des Todes so lange nicht überschreiten, Tochter des Ra, bis die Pharaonin schwanger ist und ein männliches Kind gebiert. Es ist die Pflicht einer Pharaonin, fruchtbar zu sein und Krokodil und Nilpferd gnädig zu stimmen, damit sie das Wasser nicht selbst trinken.«
»Das weiß ich genauso wie du, Cha’em!« sagte Kleopatra scharf. »Warum erzählst du mir Dinge, die du
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