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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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mich schon gelehrt hast, als ich ein kleines Mädchen war? Tag und Nacht zerbreche ich mir den Kopf, aber was soll ich tun? Mein Brudergemahl ist noch ein Kind; außerdem bevorzugt er seine Schwester Arsinoe, denn ich bin ihm nicht ptolemäisch genug; mein Blut ist vom Geschlecht des Mithridates verseucht.«
    »Du brauchst einen anderen Gemahl, Göttin auf Erden.«
    »Es gibt keinen! Keinen! Glaube mir, Cha’em, ich würde die kleine Schlange sofort töten, wenn ich könnte! Und seinen kleinen Bruder und Arsinoe auch! Doch gibt es nur noch vier Ptolemäer, zwei Jungen und zwei Mädchen. Es gibt keinen anderen Mann, dem ich meine Jungfräulichkeit schenken könnte. Ich werde mich im Namen Ägyptens nur mit einem Gott vermählen!« Sie knirschte mit den Zähnen. »Meine Schwester Berenike hat es mit einem anderen Mann versucht! Aber dann hat dieser Aulus Gabinius ihre Pläne durchkreuzt und lieber meinen Vater wieder auf den Thron gesetzt. Berenike ist von ihrem eigenen Vater getötet worden.
    Wenn ich nicht aufpasse, wird man mich auch töten!«
    Durch eine Wandöffnung drang ein dünner Lichtstrahl, in dem Staubkörnchen tanzten. Cha’em streckte seine schmalen, braunen Hände aus und spreizte die Finger, um Schatten auf die Fliesen des Bodens zu werfen. Zuerst legte er beide Hände zu einer strahlenden Sonne übereinander, dann nahm er eine Hand weg und bog die andere in die Form der heiligen Schlange Uräus. »Die Vorzeichen sagen immer wieder dasselbe, so merkwürdig es ist«, sagte er gedankenverloren. »Sie sprechen immer wieder von einem Gott, der aus dem Westen kommt... einem Gott aus dem Westen, würdig, der Gemahl der Pharaonin zu sein.«
    »Aus dem Westen?« fragte die Königin gespannt. »Dem Reich der Toten? Du meinst, Osiris kehrt aus dem Reich der Toten zurück, um Isis-Hathor-Mut zu begatten?«
    »Und um ein männliches Kind zu zeugen«, sagte Tach’a.
    »Aber wie ist das möglich?«
    »Er wird kommen«, sagte Cha’em und erhob sich unter Verbeugungen. »In der Zwischenzeit, Königin der Könige, müssen wir versuchen, eine gute Armee zu kaufen.«

    Zwei Monate lang reiste Kleopatra durch Syrien und kaufte bei den Idumäern und Nabatäern Söldner ein. Söldner aus Syrien galten als die besten der Welt, und die syrischen Königreiche hatten daraus inzwischen einen gewinnbringenden Wirtschaftszweig gemacht. Die allerbesten Söldner aber waren die Juden. Also begab sich Kleopatra nach Jerusalem, wo sie mit dem berühmten Antipater zusammentraf. Kleopatra mochte ihn, weit mehr als seinen zweitältesten Sohn Herodes, einen arroganten und häßlichen jungen Mann.
    Beide, Vater und Sohn, waren sehr intelligent und sehr habgierig. Sie gaben Kleopatra zu verstehen, daß sie mit ihrem Gold Soldaten und andere Dienste kaufen konnte.
    »Ich bezweifle«, sagte Antipater, fasziniert, daß die schmächtige Königin fließend Aramäisch sprach, »ich bezweifle, daß Pompeius Magnus den geheimnisvollen Mann aus dem Westen bezwingen kann, diesen Gaius Julius Caesar.«
    »Den Mann aus dem Westen?« wiederholte Kleopatra langsam und biß in einen Granatapfel.
    »So nennen Herodes und ich ihn, denn er hat alle seine Eroberungen im Westen gemacht. Jetzt werden wir sehen, wie er sich im Osten schlägt.«
    »Gaius Julius Caesar. . . Ich weiß nur wenig über ihn. Er hat meinen Vater gegen Geld zum Freund und Verbündeten Roms gemacht und ihn als König bestätigt — auch das natürlich nicht umsonst. Wer ist dieser Caesar?«
    »Wer ist Caesar?« Antipater beugte sich vor, um die Hände in einem goldenen Becken zu waschen. »Überall außer in Rom wäre er ein König. Seine Familie ist alt und ehrwürdig. Man sagt, er stamme über Aeneas und Romulus von Aphrodite und Ares ab.«
    Erschrocken riß Kleopatra ihre großen Augen auf, bedeckte sie aber sogleich wieder mit ihren langen Wimpern. »Dann ist er ein Gott.«
    »Für uns in Judäa nicht«, mischte sich Herodes ein, »aber ja, man könnte das in gewisser Weise sagen.« Er wühlte mit seinen dicken, hennagefärbten Fingern in einer Schale mit Nüssen.
    Wie eingebildet die Herrscher dieser syrischen Kleinkönigreiche sind, dachte Kleopatra. Sie führten sich auf, als sei Jerusalem, Petra oder Tyrus der Nabel der Welt. Aber der Nabel der Welt war Rom, auch wenn ihr Memphis lieber gewesen wäre! Oder sogar Alexandria.

    Die Königin von Alexandria und Ägypten marschierte mit ihrer Armee von zwanzigtausend Mann — noch verstärkt durch Freiwillige aus dem Land des Onias

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