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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Kante geben, über die die Fluten des Meeres hinunterstürzen würden wie ein Wasserfall. Nein, Gnaeus Pompeius, die Erde ist eine Kugel; sie ist in sich geschlossen wie eine Faust, bei der die Fingerspitzen den Handballen berühren. Und das ist eine Art von Unendlichkeit.«
    »Ich habe mich gefragt, ob du...«, Pompeius suchte nach Worten, »ob du mir wohl etwas über die Götter sagen kannst.«
    »Ich kann dir sehr viel über die Götter sagen. Was genau willst du wissen?«
    »Nun, wie sie aussehen, und worin ihre Göttlichkeit besteht.«
    »Ich denke, ihr Römer seid der Antwort näher als wir Griechen. Wir haben unsere Götter als Nachbildungen von Menschen erdacht, mit all ihren Schwächen, Wünschen und Begierden. Die römischen Götter hingegen, ich meine die wirklichen römischen Götter, haben kein Gesicht, kein Geschlecht, sie haben nicht einmal eine Gestalt. Ihr nennt sie numina , sie existieren in der Luft, sind Teil der Luft. Auch das ist eine Art von Unendlichkeit.«
    »Aber wie sind sie?«
    »Wie sie selbst. Wir haben keine Vorstellung davon, weil wir sie nicht kennen. Wir Griechen gaben ihnen menschliche Züge, anders konnten wir sie nicht begreifen. Um sie aber zu Göttern zu machen, gaben wir ihnen übermenschliche Macht. Ich glaube, alle Götter sind im Grunde Teil einer einzigen großen Gottheit. Auch da kommen die Römer der Wahrheit näher. Alle eure Götter sind Teil eures großen Gottes Jupiter Optimus Maximus.«
    »Und auch dieser große Gott lebt in der Luft?«
    »Er ist überall — oben, unten, innen, außen und darum herum. Und ich glaube, wir sind ein Teil von ihm.«
    Pompeius benetzte seine Lippen. Schließlich stellte er die Frage, die ihm keine Ruhe ließ: »Leben wir nach dem Tod weiter?«
    »Ah! Die ewige Frage! Auch eine Art von Unendlichkeit.«
    »Die Götter sind unsterblich, wir aber sterben. Leben wir nach dem Tod weiter?«
    »Unsterblichkeit ist nicht das gleiche wie Unendlichkeit. Es gibt viele verschiedene Arten der Unsterblichkeit, zum Beispiel das lange Leben Gottes. Aber ist es unendlich lang? Ich glaube nicht. Gott wird in unermeßlich langen Zyklen geboren und wiedergeboren, die Unendlichkeit hingegen ist unveränderlich, sie hat keinen Anfang und kein Ende. Wie das bei den Menschen ist, weiß ich nicht. Du jedenfalls, Gnaeus Pompeius, wirst unsterblich sein. Dein Name und deine Taten werden noch viele tausend Jahre nach deinem Tod weiterleben. Ein tröstlicher Gedanke.«
    Verwirrt verabschiedete Pompeius sich. Aber wie hieß es doch immer? Versuche, von einem Griechen eine klare Antwort zu bekommen, und du wirst mit leeren Händen dastehen.

    Zusammen mit Cornelia Metella, Sextus und den beiden Lentuli brach er auf und fuhr über das Ägäische Meer von Insel zu Insel. Sie blieben nirgendwo länger als eine Nacht und begegneten niemandem, den sie kannten. Als sie Lykien umrundet hatten und in der pamphylischen Stadt Attaleia vor Anker gingen, trafen sie dort sechzig Senatoren im Exil an, die nicht mehr wußten, auf wessen Seite sie stehen sollten. Attaleia bekundete Pompeius ewige Treue und gab ihm zwölf seetüchtige Triremen und einen Brief seines Sohnes Gnaeus, der noch auf Corcyra weilte.
    Vater, ich habe diesen Brief an viele verschiedene Orte geschickt. Ich bitte Dich, gib nicht auf! Von Cicero habe ich erfahren, wie übel Deine Legaten Dir mitgespielt haben. Dieser Labienus!
    Cicero war eine Zeitlang mit seinem Bruder und seinem Neffen hier bei mir. Er kam mit Cato und tausend Verwundeten, die wieder genesen sind. Cato sagte, er wolle die Soldaten nach Africa mitnehmen, ein einfacher Prätor wie er könne aber nicht das Kommando übernehmen, solange ein Konsular dafür zur Verfügung stehe — er meinte Cicero. Cato wollte sich und die Soldaten Cicero unterstellen, aber Du kennst den alten Windbeutel ja besser als ich und kannst Dir vorstellen, wie seine Reaktion ausfiel. Cicero wollte nichts mit Widerstand, Soldaten und Cato zu tun haben. Als Cato merkte, daß Cicero heimlich seine Überfahrt nach Italia plante, bekam er einen Wutanfall und ging mit Händen und Füßen auf ihn los. Ich mußte Cato mit Gewalt wegzerren. Cicero floh bei der ersten Gelegenheit mit seinem Bruder Quintus und seinem Neffen Quintus nach Patrae.
    Cato ist mit meinen Schiffen nach Africa aufgebrochen; ich brauche sie hier nicht mehr. Leider konnte ich ihm keinen Führer mitgeben, so habe ich ihm geraten, mit dem Bug einfach nach Süden zu halten und sich vom Wind und von der Strömung

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