Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)
verlaufen auf drei Ebenen.“
Johann pfiff beeindruckt.
„Die tiefsten von ihnen liegen unter dem Grundwasserspiegel“, Pietro machte eine theatralische Pause, „damit der Feind sie nicht einfach angraben kann. Seine Mineure würden ersaufen wie die Ratten“, fügte er mit breitem Grinsen hinzu. „Und in der Zwischenzeit rollen wir unsere Pulverfässer unter die feindlichen Stellungen und sprengen sie. Wenn die Lunte erst einmal brennt, muss man sich beeilen, dann bleibt einem nicht viel Zeit.“
„Dann solltest du eine längere Lunte verwenden“, entgegnete Johann trocken.
Pietro nickte. „Aber wenn sie zu lang ist, erwischt sie vielleicht der Franzose und löscht sie. Also muss man sie immer ein wenig kürzer legen, als man eigentlich möchte.“
„Für einen Heldentod scheinst du noch etwas jung zu sein.“
Demonstrativ glättete Pietro seinen dicken Schnauzer. „Siebenundzwanzig Lenze und drei Kinder habe ich bereits auf dem Buckel.“
Johann grinste. „Sag ich doch, zu jung.“
Der Stollen wurde niedriger, die Luft stickiger. Schließlich standen sie vor einer Wand. Pietro deutete auf die Hacken, die im Finsteren lagen.
„Grabt hier vorsichtig nach oben, wir holen das Pulverfass.“
Johann und Wolff ergriffen das Werkzeug und machten sich an die Arbeit.
Langsam brach die Erde ein, als würde ein riesiger Maulwurf sich die Freiheit ergraben. Wolff schob vorsichtig den Kopf durch die Öffnung und sah sich um.
Die ganze Zeit hatte er befürchtet, dass sie in einem Zelt herauskommen würden, inmitten von waffenputzenden Franzosen, oder unter einem der großen Lagerfeuer. Aber seine Befürchtungen zerstreuten sich: Das Loch war von Strohballen umringt. Einen idealeren Ausstiegsort hätten sie sich nicht wünschen können.
Das Lager schien ruhig zu sein, dem Stand des Mondes nach war es etwa zwei Stunden nach Mitternacht.
Vorsichtig kletterte Wolff aus dem Stollen und lugte über die Heuballen. Nur dreißig Fuß vor ihm lag das schwer bewachte Kanonen- und Pulverwagendepot. Er lachte innerlich hell auf. Das würde ein vortreffliches Feuerwerk geben!
„Schiebt das Fass weiter nach hinten“, sagte Wolff zu Angelo und Pietro, als er wieder in den Stollen hinuntergestiegen war. „Dann geht es genau unter dem Pulverlager hoch.“
Breit grinsend rollten die beiden Mineure das große Fass zurück und richteten es auf.
„Einen Augenblick noch“, rief Wolff ihnen zu und zückte sein Messer. Er trat zu Johann und hielt es ihm an die Kehle. „Vertrau mir.“ Mit diesen Worten ritzte er Johann den Hals quer über den Adamsapfel auf.
Kleine Blutstropfen perlten aus dem Schnitt. Überrascht starrte Johann Wolff an, brachte aber kein Wort hervor.
„Wickel dir ein Tuch darüber“, wies Wolff ihn an. „Wenn dir jemand eine Frage stellt, dann krächzt du, schiebst das Tuch beiseite und tust, als hättest du eine Halsverletzung. Oder hast du in den letzten Stunden Französisch gelernt?“
Johann verstand. „Und was ist, wenn dich jemand anspricht?“
„In die Höhle des Löwen wirst du allein gehen müssen, mein Freund. Ich deck dir von draußen den Rücken. Und sollte mich doch jemand etwas fragen, dann …“ Wolff deutete einen Kehlenschnitt an.
„Gebt uns genügend Zeit“, sagte Johann zu Angelo und Pietro und verabschiedete sich von den beiden. „Und Pietro: Lass die Lunte lang genug!“
Johann und Wolff kauerten zwischen den Heuballen und warteten.
Als ein Soldat vorbeischlenderte, packte Wolff ihn, riss ihn zu sich und schnitt ihm die Kehle durch. Er nahm ihm seine Waffen und ließ ihn in das Erdloch fallen, noch bevor das Leben aus ihm gewichen war.
Johann schnallte sich den Säbel um und schulterte das Gewehr. Dann vergewisserte er sich, dass er den versiegelten Umschlag noch bei sich hatte.
„Jetzt werden wir sehen, was der Plan dieses Pfeifenspielwerkers wert ist“, sagte er. Dann umarmte er Wolff. „Was auch immer jetzt geschieht, ich danke dir.“
„Wenn du auf diesen Bastard von Gamelin triffst“, entgegnete Wolff, „dann schlitz ihn auch ein bisschen für mich auf.“
Johann nickte. Dann stand er auf, zog den Umschlag aus dem Rock und schritt ruhig auf das Lager der Offiziere zu.
LXXVII
Der Gardist, der als Erster ging, blickte hinauf, dorthin, wo die Blitze Bäume und Felsbrocken aus der Dunkelheit rissen, als ob es Lebewesen wären. Er hatte ein Prickeln auf der Haut, konnte regelrecht fühlen, dass sie beobachtet wurden.
Er packte seine Muskete fester und
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