Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)
wusste, dass dies seine Chance war, den Widersacher nach hinten zu stoßen und ihm mit dem Säbel die Kehle zu durchtrennen.
Tu es!
Aber er war wie versteinert.
Gamelin trat einen Schritt zurück und hielt den Zeltvorhang auf. „Veuillez entrer un moment, s’il vous plaît.“ 16
Johann verstand kein Wort, nahm aber an, dass Gamelin eine Antwort schreiben wollte. Er nickte höflich und betrat das Zelt.
Das Innere des Zeltes war spartanisch eingerichtet. Auf dem hölzernen Fußboden lag ein schmutziger Teppich. Zu Johanns Linker stand ein einfaches Bett, dessen Tuchent derart fest gespannt war, dass man Münzen darauf hätte springen lassen können. Zu seiner Rechten stand ein Schreibtisch, auf ihm lagen Schreibzeug und Papier sowie eine Feldmenage.
Nichts deutete auf Elisabeth hin.
Gamelin setzte sich an seinen Tisch, nahm ein Blatt Papier zur Hand und schrieb mit der Feder etwas darauf.
Dann faltete er es und kam auf Johann zu, dessen rechte Hand immer näher an seinen Säbel wanderte.
Gamelin blieb vor Johann stehen und strecke ihm auffordernd das Papier entgegen. Irritiert griff Johann nach dem Blatt, entfaltete es und las.
Ich habe sie und werde sie auch behalten, Herr List.
Bevor Johann reagieren konnte, spürte er einen heftigen Schlag auf den Kopf. Alles drehte sich, er sackte zusammen.
Langsam kam Johann wieder zu Bewusstsein. Er wusste nicht, wo er war oder was geschehen war, er spürte nur, dass jemand ihn am Arm packte und irgendwohin schliff.
Zeltplanen streiften über sein Gesicht. Dann wurde er liegengelassen.
Johann öffnete die Augen und nahm verschwommen seine Umgebung wahr. Über ihm war eine spärlich beleuchtete Zeltdecke. Er stöhnte und fasste sich an den Kopf, an dem eine warme, klebrige Flüssigkeit herunterlief.
Plötzlich spürte er Tritte in die Seite.
„Aufwachen, Herr List. Sagen Sie Lebewohl“, befahl eine männliche Stimme mit französischem Akzent.
Johann wälzte sich vom Rücken auf den Bauch und hob den Kopf. Sein verschwommener Blick wurde schärfer, wie eine aufgewühlte Wasseroberfläche, die langsam spiegelglatt wurde.
Anscheinend lag er in einem der angrenzenden Zelte. Eine einzelne Öllampe stand am Boden und strahlte ein gespenstisches Licht aus, das monströse Schatten auf Wände und Decke warf.
Vor Johann war ein dicker Pfahl in den Boden geschlagen, an den jemand gefesselt war.
Das Bild wurde noch schärfer –
„Elisabeth!“, rief Johann aus und starrte auf die Gefangene, die sich in ihren Fesseln wand, den Mund geknebelt, die Augen voller Tränen. Gamelin trat neben sie.
„Es heißt, dass Liebende alles überwinden können“, sagte er süffisant und fuhr Elisabeth durchs zerzauste Haar, „aber ich vermute, wer auch immer das behauptet, war noch nie Gefangener der französischen Armee.“
Lachend hielt der Mann, der über Johann stand und ihn getreten hatte, ihm ein Rapier an die Kehle.
„Mein treuer Gefährte Brenner wird nun beenden, was nie hätte beginnen sollen“, fuhr Gamelin fort. „Jemanden wie Euch erschlägt man bei der erstbesten Gelegenheit, das habt Ihr mich gelehrt.“
Elisabeth versuchte, etwas zu sagen, kam aber gegen den Knebel nicht an.
„Steh auf und stirb zumindest wie ein Ehrenmann, Deserteur“, sagte Brenner abschätzig.
Elisabeth wandte den Kopf ab, aber Gamelin packte sie an den Haaren und zwang sie, hinzusehen.
Johann rappelte sich auf. Noch immer war ihm schwindlig, noch immer war er unfähig zu reagieren. „Woher habt Ihr gewusst, wer ich bin?“
Gamelin lächelte kalt. „Euer Aussehen hat mir Alain, einer meiner Söldner, genau beschrieben. Eure Liebste selbst hat es ihm erzählt, wie es sich für ein Waschweib geziemt. Dann Euer aufgesetzter Akzent. Und zu guter Letzt noch der Brief mit dem stümperhaft wiederhergestellten Siegel. Ihr habt also auf ganzer Linie versagt.“
Gamelins Augen funkelten vor Hohn. Er nickte Brenner zu.
Dieser setzte sein Rapier mit gestrecktem Arm an Johanns Brust und sah ihn belustigt an. „Letzte Worte?“
Johann sah zu Elisabeth, die ihn mit schmerzerfüllten Augen anblickte.
„Ja“, sagte Johann zu ihr. „Ich liebe dich mehr als mein Leben.“
Dann packte er das Rapier mit beiden Händen, drückte es nach oben – und stieß sich die Klinge in den Körper …
LXXX
Ludwig hörte einen Schrei und fuhr herum. Der Gardist stürzte sich auf ihn, deckte ihn mit wütenden Hieben seines Degens ein. Der Wirt parierte mit dem Stiel seiner Axt, aber er hatte gegen den
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