Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition)
tanzten. Der Trupp blieb abrupt stehen, dann fächerten sie sich auf und schritten auf die Bettler zu.
„Ruhe, ihr Gesindel!“, rief der Hauptmann in die grölende Menge.
Die Bettler beachteten ihn nicht, wohl aber die Wachen der Stadtguardia. „Das geht euch gar nichts an, das fällt in unsere Zuständigkeit!“, rief ein Guardist gereizt.
Der Hauptmann der Rumorwache wandte sich dem Mann zu. „Wenn dem so ist, warum duldet ihr dann ein solches Gehabe?“
Der Guardist ging auf den Hauptmann zu. „Ich bin euch überhaupt keine Rechenschaft schuldig. Seit heute untersteht ihr Möchtegern-Soldaten nämlich uns. Also ab mit euch!“
Der Hauptmann baute sich vor seinem fast einen Kopf kleineren Kontrahenten auf. „Und was, wenn nicht, Bübchen?“
Einen Augenblick später schlug der Guardist dem Hauptmann mit der Faust ins Gesicht.
Die beiden anderen Guardisten stürmten herbei und begannen sich mit den Rumorwachen zu prügeln. Die Bettler bildeten einen johlenden Reigen um sie und feuerten sie an, manche verteilten Fußtritte, wenn sie sich unbeobachtet fühlten.
Die Lautstärke des Tumults nahm zu, nun eilten auch die restlichen Stadtguardisten aus dem Gebäude, um ihren Kameraden zu helfen.
Karl nickte Hans zu. Beide liefen, so schnell sie konnten über den Platz und in das Hauptquartier der Stadtguardia hinein.
„Die haben den Heinz sicher dort gebunkert, wo sie mich das letzte Mal haben übernachten lassen“, sagte Hans und rannte durch die Eingangshalle zum Tor des Kellerabgangs. Karl folgte ihm.
Am Fuß der Steintreppe hielt Hans inne und blickte vorsichtig um die Ecke.
Im Vorraum zum Kellergewölbe, das man zum Gefängnis umgebaut hatte, saß, von Hans abgewandt, nur ein Wachposten, der sich gelangweilt streckte und am Bauch kratzte. Zehn, vielleicht fünfzehn Schritte entfernt, schätzte Hans.
„Und jetzt?“, flüsterte Karl.
„Nur die Ruhe, ich mach das schon.“ Hans zückte seine Pistole.
„Wir sollen das aber ohne Blutvergießen über die Bühne bringen, sonst sind wir selber dran.“
„Vertrau mir.“
Hans schlich sich so leise wie möglich an den Guardisten heran. Und er hatte Glück – auch wenn ihm das Quietschen seiner Stiefel in den Ohren dröhnte, der Mann machte keine Anstalten, sich umzudrehen.
Er war nur mehr wenige Schritte entfernt, als er gegen einen Eimer stieß und erstarrte. Hinter ihm zückte Karl blitzschnell seine Pistole und legte an.
„Schon Zeit für die Ablöse?“, fragte der Posten, ohne sich zu rühren.
Hans griff seine Pistole am Lauf.
„Ganz genau!“ Er zog mit dem Griff seiner Pistole durch und traf den Mann am Kopf. Dieser wurde durch der Wucht des Schlages vom Sessel gerissen und blieb bewusstlos liegen, durch seine Haare sickerten Blutstropfen.
Karl lief herbei und sah sich die Wunde flüchtig an. „Der wird schon wieder. Wo ist der Heinz?“
Vom Vorraum führten im Halbkreis mehrere dunkle Gänge weg. Hans griff sich die Schlüssel des Bewusstlosen und lief in einen der Gänge. „Such du in einem anderen!“
„Schluss mit Faulenzen!“
Die Stimme schreckte den Preußen aus seinem Dämmerschlaf, undeutlich sah er eine Gestalt vor der Zelle stehen. Als die Gestalt näher trat, erkannte der Preuße seinen Kameraden, der ihn triumphierend angrinste.
„Hans? Was machst du denn hier?“ Der Preuße rieb sich den Kopf und gab Johann einen Stoß. Der stöhnte und wälzte sich herum.
Hans sperrte das Gitter auf. „Schnell, noch hat uns keiner bemerkt.“
Der Preuße half Johann hoch, der noch nicht genau wusste, wie ihm geschah.
„Was willst du mit dem da? Die Josefa hat nur was von dir gesagt.“ Hans sah genauer hin. „Ist das nicht der Kerl, wegen dem sie dich verhaftet haben? Der Deserteur?“
„Das ist er. Aber der Johann kommt mit.“
Hans sah unschlüssig zu Karl, der herbeigeeilt war. „Wir haben keine Zeit, der Heinz wird schon wissen, was er tut“, entgegnete dieser. „Und jetzt raus hier.“
Die vier eilten die Stufen hinauf, verharrten kurz am Eingangstor.
Auf dem Vorplatz hatte sich die Rauferei gelegt, die Männer beider Wachen saßen matt auf dem Boden oder lagen bewusstlos herum, alle mit blutigen Gesichtern.
Karl winkte den anderen zu. „Schnell jetzt.“
Sie eilten aus dem Tor, an der Hauswand entlang und in die nächste Seitengasse hinein. Nachdem sie einige Innenhöfe hinter sich gelassen hatten, blieben sie stehen um wieder zu Atem zu kommen.
Johanns Wunden begannen zu bluten, ihm wurde übel. Er
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