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Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Aaron Payton
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bekommen werden.“ Er zog die Haut mit dem schönen roten Haar ab und ließ sie über das Gesicht fallen, sodass die Kopfhaut nur noch an einem Hautlappen unter der Nase hing und den nackten Schädel darunter freilegte.
    Halliday wandte sich noch immer nicht ab, obwohl Adam eine gewisse Anspannung bei ihm spürte. Adam nahm seine Knochensäge und fing knapp über den Augen an, im Kreis um den Schädel des toten Mädchens zu sägen. „Der Trick besteht nun darin, den Schädel zu öffnen, ohne das Gehirn zu beschädigen. Bei Hunden oder Katzen kann man den Schädel mit Scheren durchschneiden, aber der menschliche Schädel ist ein gewaltiger Knochenhelm, für den man eine starke Hand und eine noch schärfere Klinge braucht.“ Dass er die nötige Körperkraft für diese Aufgabe besaß, erwähnte Adam nicht. Das würde sowieso bald deutlich werden. Seine Bewegungen waren gleichmäßig und sorgfältig. Wenn er nur um den Bruchteil eines Zentimeters verrutschte, würde er Teile ihres Gehirns zerstören. Dieser Eingriff hatte schon unter Idealbedingungen nur geringe Erfolgsaussichten, die noch geringer wurden, wenn er versehentlich durch ihre grauen Zellen sägte.
    „Sagen Sie, Lord Pembroke. Glauben Sie an die Liebe?“
    „Liebe? Wie kommen Sie jetzt darauf, über Liebe zu sprechen?“
    „Wann sonst? Der Tod eines Individuums ist oft auch der Tod der Liebe. Die Liebe des Opfers stirbt mit ihm. Auch wenn die, die das Opfer lieben, keine Minderung ihrer eigenen Gefühle erleben, ist dennoch alle Gegenseitigkeit dahin.“ Adam war durchaus in der Lage, auf seine chirurgische Arbeit zu achten und dabei zu philosophieren. Es war sogar beinahe zu einfach, nur zwei Dinge gleichzeitig zu tun. „Ich weiß, es ist schwer zu glauben, wenn ich hier mit meinen scharfen Messern und meiner Lederschürze stehe, aber alles, was ich tue, tue ich um der Liebe willen. Ich suche nur die wahre Verbindung zwischen zwei Wesen. Individuen, die einander gänzlich und augenblicklich verstehen, die wie ein Geist in zwei Körpern sind.“
    „Nun ja“, sagte Halliday und war offensichtlich froh, Ablenkung von Adams grausiger Arbeit zu finden. „Ich weiß nicht, ob dies das Ideal ist, nach dem ich selbst streben würde. Diese ganze Idee, miteinander zu verschmelzen und wie ein Fleisch zu sein, das entspricht nicht meinem Geschmack. Ich glaube, ich hätte lieber eine Partnerin, die gegen meine Erwartungen ginge, die mich stets auf erfreuliche Weise überraschte. Wissen Sie, bei meinen Ausflügen in die Unterwelt sehe ich oft genau das, was ich erwartet habe: Immer wieder die gleichen kleinlichen Beweggründe für die gleichen traurigen Verbrechen. Die gleichen schäbigen Akte, die sich aus den immer gleichen törichten Gründen immer wieder abspielen. Aber eine Frau, die mich überraschen könnte, ein Rätsel, das ich nicht lösen könnte – eine solche Frau wäre meine Liebe wert. Als ich noch zur Schule ging, kannte ich ein Mädchen, das diese Wirkung auf mich hatte. Sie hieß Adelaide und war die Tochter eines Familienfreundes. Aber leider ist sie gestorben, vor, ach, vor mehr als zehn Jahren. Doch ja, ich würde sagen, dass ich an die Liebe glaube.“
    „Hmm. Dieser immerwährende Zustand angenehmer Überraschung, ist dies die Art von Beziehung, die Sie mit Lady Pembroke führen?“, fragte Adam.
    Pimm zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde, bevor er sagte: „Oh ja, natürlich.“ Aber das war schon lange genug für Adam, um zu merken, dass er log. Selbst den Reichen, Schönen und Klugen, die in ihrem Leben mit allem gesegnet waren, gelang es demnach nicht immer, sich ihren Herzenswunsch erfüllen. Adam fand diese Tatsache bedrückend und ermutigend zugleich.
    Nachdem der Schädel aufgeschnitten war, hob Adam die Schädeldecke an und zog sie behutsam hoch, wobei er das schleimige Bindegewebe zwischen den grauen Zellen und dem weißen Schädel zerriss. Der Detektiv wandte sich schließlich doch ab. Gerade jetzt, da es interessant wurde. Wie enttäuschend.
    „Wir sind fast fertig.“ Adam legte die Schädeldecke beiseite und ergriff eines seiner Messer. „Ich muss nur noch die Sehnerven und die Hypophyse durchtrennen, den dritten und vierten Hirnnerv und ein paar andere Verknüpfungen.“ Seine Stimme verlor sich, er war in seine Arbeit vertieft und vergaß fast, dass der Detektiv anwesend war. Bald griff er in den Schädel, umfasste vorsichtig die schwammige Hirnmasse und hob das Organ heraus. Ein Gehirn, das seinem Behälter entnommen

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