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Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Aaron Payton
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West End. Während der Fahrt unterhielten sie sich leise. Der dämmrige Innenraum der Droschke schuf eine merkwürdige Intimität, und obwohl sie über Leben und Tod und über Verbrechen sprachen, fühlte es sich erstaunlicherweise fast wie ein Gespräch unter alten Freunden an. Ellie erzählte ihm von dem fliehenden Mann, den sie in der Gasse gesehen hatte, und entschuldigte sich, dass sie ihm keine bessere Beschreibung des mutmaßlichen Mörders geben konnte.
    „Das ist schon in Ordnung“, sagte Lord Pembroke. „Nur in Schauergeschichten hat der Mörder stets eine Augenklappe, ein Holzbein und ein Muttermal in Form eines Cellos. Die meisten Menschen sehen ganz einfach aus wie Menschen. Wir sind im Allgemeinen nicht besonders einprägsam.“
    Ellie war froh, dass er ihr Lächeln im Dunkeln nicht sehen konnte. Er war jedenfalls sehr einprägsam. „Wenn Sie doch wissen, dass ein Mörder in der Gegend sein Unwesen treibt, warum melden Sie es nicht der Polizei?“
    Lord Pembroke seufzte. „Mr. Value besteht darauf, das Problem selbst zu lösen. Er glaubt, dass der Mörder ihn zu blamieren versucht oder die Aufmerksamkeit der Polizei auf einige seiner anderen Geschäfte lenken will. Seine Bedenken sind plausibel, trotzdem überzeugen Sie mich nicht recht. Ich glaube, dass der Mörder wesentlich komplexere Motive hat, als Mr. Value zu verärgern, obwohl das gewiss einer der Gründe ist. Männer wie Value halten sich jedoch für den Nabel der Welt.“
    „Das erklärt, warum Value die Polizei außen vor lassen will. Aber warum wollen Sie es? Warum arbeiten Sie überhaupt für ihn?“
    „Dazu kann ich nur sagen, dass das Leben kompliziert ist. Manchmal müssen auch Männer mit Gewissen unbequeme Bündnisse schließen, um ein höheres Ziel zu unterstützen. Ich weiß, dass diese Antwort Sie nicht zufrieden stellen wird, Miss Skye. Aber lassen Sie mich Ihnen einfach sagen, dass es mir nicht zusteht, die Geheimnisse Dritter zu offenbaren. In Ordnung?“
    Ellie rutschte auf ihrem Sitz hin und her. Sie war sich nur zu gut bewusst, wie eng und dunkel das Innere der Droschke war und wie nah sie beieinander saßen, fast Knie an Knie. Sie wollte nicht schlecht von diesem Mann denken, den sie bewundert hatte. „Sie arbeiten mit Value zusammen, um jemand anderen zu schützen?“
    Obwohl der Innenraum der Droschke nur schwach beleuchtet war, glaubte sie, ihn fast unmerklich nicken zu sehen. „Mr. Value ist sich nicht zu schade, mit Erpressung zu drohen, und es gibt Menschen, die mir nahe stehen und denen kein Leid geschehen soll.“ Er sah aus dem Fenster der Droschke. „Oh, wir sind fast da.“
    Ellie musste sich eingestehen, dass die Aussicht, einen Club zu betreten, sie doch etwas in Aufregung versetzte. Für jemanden ihres Geschlechts war ein solcher Ort ebenso mysteriös wie der ferne Orient oder die Urwälder Afrikas. Als sie vor einem vornehmen Backsteingebäude in der St. James’s Street hielten und aus der Droschke stiegen, ging es schon auf Mitternacht zu. „Hat er wirklich so spät noch geöffnet?“, fragte sie.
    „Das hat er in der Tat. Der Luna Club war schon immer zu jeder Tages- und Nachtzeit geöffnet, auch wenn er tagsüber natürlich stärker frequentiert wird. Einige der Herren treffen sich fast jede Nacht zum Kartenspiel und spielen dann bis in die Morgenstunden, aber das ist dann auch der Gipfel der Ausgelassenheit. Die neuen Clubs in der Pall Mall sind belebter und entsprechen eher der aktuellen Mode, aber hier ist es etwas ruhiger. Anders als viele Jüngere gehe ich in den Club, um nachzudenken und mich zu entspannen, verstehen Sie.“
    „Spielen Sie auch Karten, Sir?“
    „Oh, natürlich, ein wenig, aber nicht ernsthaft. In dieser Hinsicht habe ich keinerlei Ambitionen. Ich habe auch kein großes Interesse daran, Geld zu gewinnen oder zu verlieren. Zum Glück. Eine starke Wettbegeisterung würde aufs Gefährlichste mit meinen anderen Lastern konkurrieren.“ Er grinste sie an, dann betätigte er den Türklopfer an der stattlichen, mit Schnitzereien verzierten Eichentür. Einen Augenblick später ging lautlos die Tür auf. Dahinter stand ein Mann mittleren Alters mit einem weißen Schnurrbart. Für Ellie sah er wie ein ganz normaler Bediensteter aus, doch Lord Pembroke wankte rückwärts, als habe der Mann ihm einen Schlag versetzt. „Ransome!“, sagte er. „Was in aller Welt machen Sie hier?“
    Der Mann stand stocksteif da und sah aus wie die fleischgewordene Würde. Er sagte: „Der Luna Club

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