Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
verzichten. Sehe ich für Sie etwa wie eine ‚Lady Pembroke‘ aus?“ Winnie nahm einen gelben Sonnenschirm vom Tisch und betrachtete ihn kurz stirnrunzelnd. Dann sah sie Ellie wieder an und blinzelte. „Sie werden natürlich wissen wollen, wo er ist. Pimm, meine ich. Er hofft, später zu uns stoßen zu können, aber leider kann er im Augenblick nicht hier sein. Er ist außer Haus. Geschäftlich, scheint mir, obwohl Sie darüber wahrscheinlich mehr wissen als ich. Zurzeit sind Sie ja wohl seine Partnerin bei der Verbrechensbekämpfung.“
„Es tut mir schrecklich leid, ich wollte mich nicht …“, setzte Ellie an, doch sie brach ab, als Winnie den Kopf in den Nacken warf und lachte.
„Ach, du meine Güte, klang das, als sei ich eifersüchtig? Bitte, seien Sie versichert, das bin ich nicht im geringsten. Pimm hat seine Interessen, und ich habe meine. Obwohl wir natürlich Busenfreunde und großartige Kameraden sind, hat jeder von uns sein eigenes Leben. Diese Vorstellung von den getrennten Bereichen, Sie wissen schon, nach der die Männer draußen das Geld verdienen und die Frauen den Haushalt führen? Bei uns ist es ähnlich, nur dass ich meine Basteleien und meine Salons habe, während Pimm seinen Club und seine Verbrechen hat. Hin und wieder helfe ich ihm in seinen Angelegenheiten oder er mir in meinen, aber tatsächlich halten wir uns am liebsten an unsere Vereinbarung. Sie müssen nicht fürchten, mich aus meiner Position verdrängt zu haben.“
„Ich, ähm, ich war nie verheiratet“, gab Ellie zu. „Ich nehme an, jede Ehe ist anders, auf ihre Weise.“ Nach Winnies lässiger Beschreibung klang es allerdings eher so, als seien sie gute Freunde, die zusammenlebten, anstatt Mann und Frau.
„Manche sind anderer als die übrigen“, meinte Winnie trocken und hob den riesigen Korb hoch, als wöge er gar nichts. „Kommen Sie. Ich habe Pimm gebeten, uns eine Droschke zu mieten, und sie müsste bald hier sein. Wir haben zwar eine eigene Kutsche, wissen Sie, doch Pimms Kammerdiener Ransome war unser Mann für alles. Neben seinen anderen Pflichten diente er uns auch als Kutscher, und seit er uns verlassen hat, sitzen wir schlichtweg auf dem Trockenen. Wir müssten Gespräche mit geeigneten Kandidaten führen, um Ersatz zu finden, doch das ist so mühselig.“
Ellie folgte Winnie zur Tür hinaus und fühlte sich dabei ein wenig, als hätte ein Schiff sie in seinem Kielwasser mitgerissen. Draußen wartete eine offene Hansom-Kutsche. „Pimm hat lieber geschlossene Kutschen“, erzählte Winnie, während der Fahrer sich an den Hut tippte und den Picknickkorb auf den erhöhten Kutschbock hob. „Ich glaube, er mag es, unbemerkt die Leute zu beobachten. Aber an einem Frühlingstag wie heute ist es schön, unter freiem Himmel zu sitzen, nicht wahr?“
Nachdem Ellie und Winnie sich gesetzt hatten, befahl Winnie dem Kutscher, sie zum Hyde Park zu bringen, an ein nettes Plätzchen unter den Bäumen. Der Mann gab dem Pferd die Zügel und ließ es über die Pflastersteine klappern.
Winnie nahm Ellies Hand und lächelte sie an. „Ich habe das Gefühl, dass wir gute Freundinnen werden, Ellie.“
„Das wäre schön“, sagte Ellie, und zu ihrer Überraschung meinte sie es wirklich so. Winnie war zwar wesentlich höhergestellt als Ellie, doch sie hatten ungefähr das gleiche Alter, und die überschwängliche Wärme der anderen Frau war ansteckend. „Winnie, wie viel wissen Sie über Pimms Geschäfte?“
„Oh, er erzählt mir eine Menge. Nicht alles, möchte ich wetten, aber doch das meiste.“
„Wenn er Geheimnisse für sich behält, tut er das sicherlich nur, weil er Sie nicht beunruhigen möchte.“
„Ha“, sagte Winnie. „Wenn er Geheimnisse für sich behält, dann tut er das, weil er weiß, dass ich nicht damit einverstanden bin, wie er die Dinge handhabt.“ Sie warf Ellie einen Seitenblick zu. „Ich glaube, Sie haben ein falsches Bild von mir, Ellie. Ich bin nicht sonderlich vornehm. Als Pimm und ich geheiratet haben, gab es sogar einen kleinen Skandal. Was meine Rolle bei seiner Arbeit angeht: Sie haben seinen elektrifizierten Gehstock im Einsatz erlebt, nicht wahr?“
Ellie nickte.
„Ich habe ihn gebaut.“
„Sie! Sie sind eine Erfinderin?“
Winnie winkte ab. „Tatsächlich eher eine Bastlerin. Ich muss gestehen, dass ich selten neue Dinge erschaffe. Aber ich bin gut darin, die Entwürfe anderer Leute zu kombinieren, zu verbessern und eine Verwendung dafür zu finden, die ihre Schöpfer nie
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