Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman
herausfinden musste, war dieser Plan nicht aufgegangen. Andreas Fischer hatte sich nämlich einen feuchten Kehricht um die ganze Angelegenheit geschert. Erstens hatte er lange gebraucht, um seiner Frau überhaupt auf die Schliche zu kommen. Und zweitens hatte er sich mit einer Schülerin getröstet. Die Affäre seiner Frau schien ihn überhaupt nicht zu interessieren. Jetzt, da Fischer tot war, hatte er auch Katharina am Hals. Er hoffte inständig, dass sie weiterhin nicht mehr von ihm wollte als gelegentliche Treffen. Eigentlich war ihm längst klar, an welchem Ort sein Platz war. Seit über zwanzig Jahren war er mit Annette verheiratet. Es war nicht nur Liebe und Zuneigung, es waren Blutsbande, die sie verbanden. Die Ereignisse der letzten Wochen stellten eine Bedrohung dar, die sie meistern mussten. Ansonsten würde sein Leben wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Allerdings gab es einen Mann, der alles zum Einsturz bringen konnte. Und dieser Mann war zu allem fähig. Klaus von Lichtenhagen verriegelte die Tür und stieg in seinen Wagen.
„Alle Mann hinunter in den Keller und zwar schnell!“ Julia Will hatte Bohlan, seit sie zusammenarbeiteten, noch nie so laut und hektisch erlebt. Die Polizisten des Einsatzkommandos beeilten sich, die Leiter vom Dachboden herunterzusteigen. Bohlan war bereits in den Keller geeilt.
„Was hat er?“, wollte Steininger wissen, der aus der Garage zurück war.
„Keine Ahnung“, antwortete Will. „Er hat am Fenster gestanden und in den Garten gestarrt. Irgendetwas muss er draußen entdeckt haben.“ Nachdenklich blickte sie durchs Fenster, allerdings ohne Bohlans Gedanken greifen zu können.
„Komm, lass gut sein“, sagte Steinbrecher. „Wir gehen runter.“
Sie fanden Bohlan, der im Vorratsraum an einem Einbauregal rüttelte.
„Was zum Teufel machst du da?“, fragte Steininger.
„Es muss hier irgendwo eine verdeckte Tür geben.“ Bohlan keuchte und zog immer noch wie wild am Regal.
„Wie kommst du darauf?“
„Ich habe es mir schon die ganze Zeit gedacht. Aber als ich oben im Wohnzimmer stand, fiel mir in der Gartenmitte so eine Art Metallkasten auf. Das muss ein Lüftungsschacht sein. Und wo ein Lüftungsschacht ist, muss es auch etwas zum Entlüften geben. Dieser Raum hier liegt genau unter dem Wohnzimmer. Wenn es eine Verbindungstür gibt, dann hier.“ Die Worte schossen aus Bohlan wie Salven aus einem Maschinengewehr. Julia Will trat neben ihn. Sie blickten auf die Regalwand.
„Sieh dir das hier unten einmal genau an“, sagte Bohlan. Seine Stimme klang zunehmend verzweifelt. „Das Regal steht auf einer Metallplatte und die hat nach unten etwas Luft. So etwas ist doch nicht normal.“
„Hast recht“, entgegnete Steinbrecher. „Dieser Teil des Regals sieht aus, als wäre er schwenkbar. Fragt sich nur, wie man das Ganze bewegen kann.“
„Versuchen wir es doch einmal mit diesem Schalter.“ Steininger deutete auf den zweigeteilten Lichtschalter und drückte nacheinander auf die Knöpfe. Tatsächlich bewegte sich das Regal mit einem leichten Surren.
„Achtung“, schrie Bohlan und machte einen Satz zur Seite, während er seine Pistole aus dem Halfter zog. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sich das Regal in Gänze zur Seite geschwungen hatte und den Weg auf eine Metalltür freigab. Zwischenzeitlich war auch das SEK im Keller eingetroffen. Tom Bohlan wandte sich an den Einsatzleiter: „Wir müssen die Tür öffnen. Dann so schnell es geht die Räumlichkeiten dahinter stürmen und sichern. Es ist nicht auszuschließen, dass der Täter bewaffnet ist.“
Der Einsatzleiter, ein großgewachsener Mann, mit einem Kreuz wie ein Schwimmer, nickte und bedeutete seiner Mannschaft mit Blicken, was zu tun war. Steinbrecher, Steininger, Will und Bohlan traten ein paar Schritte zurück und schauten gespannt auf den Einsatzleiter, als dieser die Hand auf die Türklinke legte.
Klaus von Lichtenhagen raste wie der Teufel. Er drückte das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Er war sogar nahe dran, die eine oder andere rote Ampel zu überfahren. Trotz der Hektik und der Angst, die sein Handeln steuerten, war er sich durchaus bewusst, dass er seinen Führerschein aufs Spiel setzte. Aber was war schon eine Fahrerlaubnis im Vergleich zu dem Leben seiner Frau. Und auf das – davon war von Lichtenhagen überzeugt – hatte es Pergande abgesehen. Er war sich sicher, dass Pergande das Geheimnis, das seit Jahrzehnten auf allen lastete, gelöst hatte. Er allein war
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