Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman
entführten Bankierssohn.
„Ich nehme einmal an, dass die dezenten Hinweise, die wir in den letzten Wochen erhalten haben, von Ihnen stammen.“ Will war neben Bohlan getreten.
„Sie müssen Julia Will sein, die junge Kommissarin, das akribische Köpfchen in Bohlans Team.“
„Ja, ich bin Julia Will. Und das Ganze ist keine Schnitzeljagd, wo Sie Ihre Pfeile legen und wir hinterherlaufen.“
„Nicht?“ Pergande machte ein enttäuschtes Gesicht.
„Nein, das hier ist die Realität. Wir haben bereits drei Tote und es geht um einen gefährlichen Serienmörder.“
„Sie haben schon wieder die falsche Zahl genannt. Wann geht es endlich in Ihren Kopf, dass es vier sind. Nehmen Sie ihn doch endlich fest. Sie müssten längst wissen, wer es ist. Sie haben alle Informationen, die Sie benötigen.“
Nun stand auch Wills Geduldsfaden kurz vor dem Zerreißen. Mit äußerster Beherrschung drehte sie sich zum Einsatzleiter: „Bringen Sie ihn aufs Präsidium.“
„So werden Sie denn Fall niemals lösen“, schrie Pergande, während er aus dem Raum geführt wurde. Bohlan blickte ihm schweigend hinterher.
„Was faselt er immer von vier Toten?“, sagte Bohlan. „Das macht doch alles keinen Sinn?“
„Vielleicht hat er Annette von Lichtenhagen schon mitgezählt?“ Will ließ ihren Blick an den Schränken entlanggleiten.
„Möglich“, knurrte Bohlan. „Zum Glück sind wir noch rechtzeitig gekommen. Habt ihr einen Rettungswagen geordert?“
„Schon erledigt“, sagte Will.
„Was jetzt?“, fragte Steinbrecher, nachdem Bohlan die Metallschnallen an von Lichtenhagens Armen und Beinen gelöst hatte.
„Was weiß denn ich“, erwiderte Bohlan gereizt. „Pergande ist irre. Meiner Meinung nach weiß er nicht, was er tut. Er kommt mir vor wie ein kleiner Junge, der sich in einer Spielidee verfangen hat. Warten wir, bis von Lichtenhagen wieder bei Bewusstsein ist. Vielleicht werden wir dann ein wenig schlauer.“
Es klingelte an der Tür.
„Das wird der Rettungswagen sein“, sagte Will. Sie ging nach oben und öffnete. Für einige Sekunden blickte sie in ein ernstes Gesicht. Dann spürte sie einen harten Schlag auf dem Kopf und die Welt versank in einem Nebelschleier.
„Ihr Name ist also Tobias Hoffmann.“ Felicitas Maurer schob ihren Schreibtischstuhl nach hinten und schlug die Beine übereinander. Sie musterte den jungen Schüler.
„Ja, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob das hier alles mit rechten Dingen zugeht“, antwortete Hoffmann, der es vermied, langen Blickkontakt mit Maurer zu halten.
„Das lassen Sie mal ganz meine Sorge sein. Möchten Sie etwas trinken? Einen Kaffee oder ein Wasser?“
Hoffmann schüttelte den Kopf. „Nein, danke.“
„Ich bin die leitende Staatsanwältin. Sie können mir also ruhig vertrauen.“
„Bisher hatte ich immer mit Kommissarin Will oder ihrem Kollegen zu tun.“
„Das ist richtig, aber leider sind die Ermittler alle außer Haus. Dringende Ermittlungen. Deshalb müssen Sie mit mir vorlieb nehmen. Keine Angst, ich fresse Sie schon nicht auf.“
„Aber warum werde ich von der Staatsanwaltschaft vernommen? Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich möchte einen Anwalt.“
Felicitas Maurer platzte allmählich der Kragen. Mit so viel Hartnäckigkeit hatte sie nicht gerechnet. Bislang war sie mit jungen Männern immer ganz gut zurechtgekommen. Sie erhob sich von ihrem Platz und ging um den Schreibtisch herum. Dass sie dabei den Blick auf ihre langen Beine preisgab, war kein Zufall. Sie setzte diese Wirkung bewusst ein.
„Sie können wirklich ganz beruhigt sein. Sie brauchen keinen Anwalt. Jedenfalls dann nicht, wenn Sie jetzt alles sagen, was Sie wissen. Momentan betrachte ich Sie als einen wichtigen Zeugen. Sollten Sie aber weiter beharrlich schweigen, könnte ich es mir anders überlegen.“
Hoffmann blickte Maurer an. „Also gut. Aber viel weiß ich wirklich nicht. Ich glaube auch nicht, dass Ihnen mein Wissen weiterhilft.“
„Das lassen Sie mal meine Sorge sein.“
„Lea hat mir erzählt, dass sie etwas über eine Vergewaltigung herausgefunden hat. Natürlich habe ich nachgefragt, weil ich wissen wollte, um was es genau geht. Aber sie hat nur gesagt, dass es eine verworrene Geschichte sei und sie erst noch einige Dinge recherchieren müsse.“
„Hat sie denn irgendwelche Andeutungen gemacht, um wen es dabei ging?“
„Leider nein. Aber ich habe vermutet, dass sie selbst betroffen war und vielleicht einer der Lehrer der Täter war.“
„Wie
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