Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman
Kellerbereich durch eine absolute Ordnung. Bohlan hatte noch nie in seinem Leben einen solch aufgeräumten Keller gesehen. Die Waschküche war weiß gefliest, die Wände gekachelt. In ihr standen eine Waschmaschine und ein Trockner sowie Gastherme und Wasserkessel für die Heizungsanlage. Ein weiterer Raum war als eine Art Vorratskeller eingerichtet, die Wände komplett mit Ikea-Holzregalen zugestellt, auf denen vereinzelt Marmeladengläser und Konservendosen standen. Der dritte Kellerraum beherbergte eine kleine Werkstatt. Allerlei Werkzeuge wie Sägen, Laubsauger und Schlagbohrmaschinen lagerten auf den Regalen. Ein großer Werktisch war pikobello aufgeräumt und wies fast kein Staubkorn auf. Blieb noch ein vierter Raum. Er war ebenfalls komplett gekachelt und gefliest, allerdings im mediterranen Stil mit Terracotta und anderem Schnickschnack. Im hinteren Teil befand sich eine Sauna, daneben eine Dusche.
„Sehr merkwürdig“, sagte Bohlan. „Ich hätte gewettet, dass wir hier unten so etwas wie eine Folterwerkstatt finden.“
Will nickte nachdenklich. „Mir ging es genauso.“
„Wir müssen etwas übersehen haben“, sagte Bohlan. „Vielleicht gibt es irgendwelche geheime Türen oder so etwas.“
„Du schaust zu viele Fernsehkrimis“, entgegnete Will. Dennoch sah sie sich suchend um, machte schließlich einige Schritte auf die Saunatür zu und öffnete sie.
„Und?“, hörte sie Bohlan rufen, während sie auf zwei Sitzbänke und einen Ofen starrte.
„Nichts.“
Das Klingeln an der Haustür durchdrang Bohlan wie die Sirene einer Alarmübung aus seiner Kindheit. Erschrocken fuhr er zusammen.
„Das werden die Kollegen sein“, sagte Will und kam aus der Sauna.
„Ja, vermutlich“, gab Bohlan lakonisch zur Antwort. „Ich gehe mal hoch.“
Tatsächlich standen Steininger und Steinbrecher vor der Tür, hinter ihnen das SEK.
„Tom!“, rief Steinbrecher erfreut. „Ich hatte schon befürchtet, ihr wärt mal wieder mit einem Alleingang in eine brenzlige Situation gestolpert.“
„Hör auf. Mir ist nicht nach Scherzen zu Mute.“
„Wieso? Gibt’s ein weiteres Opfer?“ Steinbrechers Miene verdüsterte sich.
„Bis jetzt noch nicht.“ Bohlan machte einen Schritt zur Seite und ließ die Kollegen hinein. Steinbrecher und Steininger sahen ihn fragend an.
„Wir waren uns sicher, dass der Kopfjäger in der Falle sitzt und wir nur noch zuschnappen müssen“, erklärte Bohlan. „Annette von Lichtenhagen und Michael Pergande waren zum Abendessen verabredet.“
„Und wenn sie nicht hier gegessen haben, sondern sich woanders getroffen haben?“, wandte Steininger ein.
„Unwahrscheinlich. Die Küche steht voll mit ungespültem Geschirr.“
„Außerdem steht von Lichtenhagens Beetle vor der Tür“, sagte Will, die gerade die letzten Stufen der Treppe hinaufstieg und ziemlich ratlos aussah.
„Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie sind noch hier oder sie sind nach dem Essen weggefahren. Was ist mit Pergandes Fahrzeug?“, fragte Steininger.
„Haben wir noch nicht überprüft. Vielleicht kann das jemand von euch übernehmen. Neben dem Haus ist eine Garage.“
Steininger nickte und drehte sich um. Im Hinausgehen griff er einen Schlüsselbund vom Haken und verschwand in der Dunkelheit.
„Bliebe noch der Speicher“, sagte Will. Ihre Worte schienen wie ein letzter Rettungsanker.
„Also, Jungs, Speicher überprüfen“, bellte Steinbrecher. Nur Sekundenbruchteile später erfüllte lautes Getrampel das Haus, verursacht von sechs Polizisten auf dem Weg nach oben.
„Ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass wir etwas Entscheidendes übersehen haben“, sagte Bohlan und trat ins Wohnzimmer. Er machte einige Schritte auf das Fenster zu und blickte in den Garten. Und dann sah Bohlan etwas, das wie eine Erleuchtung wirkte.
Klaus von Lichtenhagen hatte gewartet, bis die Kommissare in das Auto gestiegen waren, das unmittelbar vor dem Haus in einer Parkbucht gestanden hatte. Dann hatte er sein Handy aus der Jackentasche geholt und die Nummer seiner Frau gewählt. Leider war nur die Mailbox zu hören. Je mehr er über die vergangenen Tage und Wochen nachdachte, desto klarer wurde ihm, wie sehr sein Leben aus den Fugen geraten war. Die Affäre, die er mit Katharina Fischer begonnen hatte, war ein Fehler gewesen. Katharina war eine interessante, begehrenswerte Frau, aber in Wahrheit hatte er sich nur mit ihr eingelassen, um eine alte offene Rechnung zu begleichen. Doch wie er später
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