Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)
ich an Dich denke.«
Viele Leute standen da herum, kritzelten, lasen, lachten. Ich wühlte mich durch. Wo war noch gleich mein Spruch? War er hier? Oder weiter rechts? Oder doch links? Die ganze riesige runde Wand war von oben bis unten bekritzelt. Da sich die Plattform drehte, war es wirklich nicht so einfach, seinen Spruch wiederzufinden. Man konnte sich an nichts orientieren. War es rechts neben dem Fahrstuhl gewesen oder links? War es am Popcorn-stand gewesen oder neben dem Getränkeausschank?
Und dann hatte ich die Stelle gefunden! Meine Schrift.
Meine eigene vertraute Schrift. Mit grünem Kuli.
Ich las den Spruch. Und das Datum. Es war fast genau ein Jahr her! Jemand hatte einen Pfeil gemalt. Zu einem anderen Satz. Mein Herz schlug höher. Die Handschrift kam mir bekannt vor! Ich traute meinen Augen nicht.
War dies eine Botschaft FÜR MICH? Oder war das ein Zufall?
»Servus«, stand da. Mit schwarzem Kuli. »Kannst Du Dir vorstellen, daß wir immer zusammen aufwachen? Ich liebe Dich. H.«
Ich drehte mich um. Er war hier! Er hatte sich entschieden!! Aber WO war er?? Ich liebe dich! Das, worauf ich immer gewartet hatte! Nun hatte ich es schriftlich. Öffentlich. Für immer. Tausende würden es lesen. Aber es galt nur mir.
Dieses Getümmel! Diese Reisegruppen, die aus den Aufzügen quollen! Dieses Gewirr von Menschen! Was für eine Leistung, seinen Antrag direkt neben mein Liebesgestammel für Fred zu schreiben! WAS für ein Selbstbewußtsein! Was für eine Ruhe! Was für eine Sicherheit!!
Er hatte lange gebraucht. Aber er hatte sich entschieden. Und es gab kein Zurück.
Und dann sah ich ihn. Meinen geliebten Hartwin.
Ohne Uniform. Ganz in Zivil. Ganz privat.
Da stand er. Am Abgrund. Mit dem Rücken zum Himmel.
Und lächelte mich an. Ich mußte über das Glas gehen.
Ohne nach unten zu schauen, lief ich strahlend auf ihn zu. Ich hatte gewußt, daß er kommen würde. Wir gehörten zusammen. Es gab keinen Zweifel mehr.
»Servus«, sagte ich. »Wie geht’s?«
»Schau mal, wer da kommt«, sagte Hartwin.
Ich drehte mich um.
Aus dem Aufzug quollen gerade wieder viele Leute.
Einer von ihnen war Fred Hahn. Er hatte ein hellblaues Hemd an. Dasselbe, das er vor einem Jahr getragen hatte. Nervös fingerte er in seiner Hemdtasche nach einer Zigarette. Suchend sah er sich um.
»Komm«, sagte Hartwin und griff meine Hand. »Laß uns gehen.«
Wir schafften es gerade noch, mit einer Ladung Menschen den gleichen Aufzug nach unten zu nehmen.
Fred Hahn hatte uns nicht gesehen.
Oder doch?
Als wir unten waren, liefen wir Hand in Hand über die Straße.
Am rosa Carlton Hotel standen die Taxis. Damals war ich in meiner blinden Verfolgungsjagd fast dem Fahrer auf den Schoß gefallen. Diesmal hielt Hartwin mir fürsorglich den hinteren Schlag auf.
»Wohin wünschen die Dame?«
»Wart einen Moment.« Ich stand da und schaute nach oben. Ich blinzelte gegen die Sonne. Viele winzige Menschlein drängelten sich da an der Glaskuppel.
Sie schauten auf uns herab.
Vielleicht bildete ich es mir ein.
Vielleicht aber auch nicht.
Eine einzelne Gestalt stand da und schaute auf uns herab. Sie hatte ein hellblaues Hemd an.
Ich hob kurz die Hand zum Gruß und winkte.
Dann stieg ich ein.
Die ganze Geschichte ist jetzt drei Jahre her.
Hartwin Danz und ich haben ein wunderschönes kleines Landhotel am Lake Rotorua. Von meiner Erbschaft hatte Hartwin nie etwas gewußt. Er wollte das Geld erst überhaupt nicht annehmen. Aber ich habe ihm gesagt, daß ich die Besitzerin des Hotels bin. Und er der Hoteldirektor. Wichtig ist doch nur, daß es blüht und gedeiht.
Hartwin ist ein wunderbarer Hoteldirektor. Wir beherbergen unsere Gäste nicht nur, wir zeigen ihnen auch das unberührte, wunderschöne Land, in dem wir jetzt leben. Das »Land der langen weißen Wolke«. Unsere Zimmer sind exklusiv eingerichtet, jedes anders. Alle haben einen eigenen Balkon, mit Blick über den weiten blauen See. Die Leute bleiben oft wochenlang, manche sogar Monate. Bei uns kann man wirklich Abstand finden, Abstand von der Hektik des Alltags. Man ist eben einfach so fern von Deutschland wie nirgendwo sonst auf der Welt. An den lauen Abenden sitzen wir mit unseren Gästen auf der Terrasse beim Essen. Der Mond liegt auf dem Rücken.
Hartwin konnte den Chefkoch der »MS Blaublut«, Detlev Löwensenf, für uns gewinnen. Er fühlt sich hier sehr wohl und verwöhnt unsere Besucher mit den edelsten Speisen. Einmal im Jahr legt die »MS Blaublut« unten in
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