Mord au chocolat
Zwei...«
»Ich kenne ihn...«
»Damit wird sich der Bezirksstaatsanwalt nicht zufriedengeben. Drei. Verdammt, Sarah...«
»Er kann es nicht getan haben, weil Owen Veatch durchs Fenster erschossen wurde. Und ich kann beweisen, dass Sebastian um diese Zeit im Haus war.«
»Wie?«
»Am Abend davor...« Sarahs Wangen färben sich feuerrot. »... habe ich ihn reingelassen.«
»Was?«
Mein Blut gefriert. Aber es fühlt sich gut an. »Sie hat
ihn in die Fischer Hall gelassen«, erkläre ich, stehe auf und gehe zu ihr. Unter meinen Füßen raschelt zerknülltes Victoria’s Secret-Papier. »Auf dem Schreibtisch vom Sicherheitsdienst liegen die Formulare, in denen sich alle Leute eintragen müssen, wenn sie reingehen, und später auch, wenn sie das Haus verlassen. Wann ist er rausgegangen, Sarah?«
»Nach dem Frühstück. Um Viertel vor neun.«
Triumphierend schaue ich Cooper an. »Also nach dem Mord. Verstehst du? Offenbar ist er unschuldig. Er musste sich eintragen. Sonst hätte der Wachtposten ihn nicht rausgelassen.«
Aber Cooper runzelt die Stirn. »Das begreife ich nicht. Wenn das stimmt, warum hat der Junge den Polizisten dann nicht gesagt, wo er zum Zeitpunkt des Mordes war? Warum hat er Ihnen die Formulare nicht gezeigt?«
»Weil er – jemanden schützen wollte«, murmelt Sarah unglücklich.
»Wen?«, frage ich.
»Okay, mich.« Anscheinend kann sie ihren Blick nicht vom Boden losreißen.
Cooper seufzt erleichtert und lehnt sich in seinem knarrenden Sessel zurück. »Und ich dachte, ritterliche Typen wären ausgestorben.«
»So ist es nicht.« Hastig hebt sie den Kopf und errötet wieder. »Wir haben nicht... Niemals...«
Verblüfft mustere ich ihr Gesicht. »Warum sollte er Sie sonst schützen?«
»Das – möchte ich nicht sagen. Können wir dem Detective nicht einfach die Formulare zeigen?«
»Was habt ihr denn die ganze Nacht gemacht?«, will Cooper wissen. »Wenn es nicht zu Intimitäten kam? Verzeihen
Sie meine Neugier, Sarah, aber danach wird Canavan sicher fragen.«
»Nein, es genügt nicht, wenn wir ihm diese Formulare zeigen«, entscheide ich gereizt. »Das müssen Sie uns verraten, Sarah. Warum will Sebastian Sie schützen? Was...«
»Waren Sie um acht wirklich mit ihm zusammen?«, fällt Cooper mir ins Wort. »Sie sagen, um Viertel vor neun hätten Sie ihn hinausbegleitet? Aber waren Sie die ganze Nacht mit ihm zusammen?«
»Würdet ihr zwei aufhören, gleichzeitig zu reden?« Neue Tränen drohen Sarahs Stimme zu ersticken. »Oh, das ist so frustrierend! Wie meine Eltern...«
Das bringt Cooper und mich zum Schweigen, wir schauen uns an. Eltern?
»Nein, ich war nicht die ganze Zeit mit ihm zusammen«, gesteht sie. »Was wir getan haben, geht niemanden was an und...«
»Aber – Sarah!«, unterbreche ich sie und überwinde den Vergleich mit ihren Eltern. Weil – na und? Das ist ihre Meinung. Habe ich etwa ihr unmögliches Kraushaar erwähnt? »Wenn Sie jemanden in die Fischer Hall lassen, ist es Ihre Pflicht, die ganze Zeit mit ihm beisammenzubleiben...«
»Glauben Sie denn, Sie können aufs Polizeirevier spazieren und den Bullen erklären, was sie wissen wollen, geht sie nichts an?« Cooper grinst fröhlich. »Wenn ja, wäre ich gern dabei.«
Plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. »Die Kaffeemaschine!« Anklagend zeige ich auf Sarah.
Beide starren mich an, als hätte ich chinesisch gesprochen.
Aber Sarah wirkt ein bisschen nervös. »Keine Ahnung, was Sie meinen...«
»O doch«, erwidere ich und zeige noch immer auf ihre Brust. »Die Abstellkammer. Da saßen wir, während die Spurensuche in unserem Büro war. Ich dachte, dort würde das Reinigungspersonal manchmal Pause machen. Da liegt ein Schlafsack. Und es gibt eine Kaffeemaschine. Offenbar hat sich da jemand einquartiert. Aber nicht die Putzfrauen und die Hausmeister. Sondern Sebastian, nicht wahr? Da hat er widerrechtlich gewohnt. Mit Ihrer Hilfe, nicht wahr?«
Schaudernd schlägt sie ihre Hände vors Gesicht und schweigt. Aber sie muss gar nicht antworten, ihre Körpersprache spricht Bände.
»Kein Wunder, dass Sebastian den Cops nicht verraten hat, wo er zum Zeitpunkt des Mordes war«, fahre ich fort. »Das konnte er nicht. Sonst hätte er Sie in Schwierigkeiten gebracht, und Sie würden Ihren Job verlieren, weil Sie einem Studenten erlaubt haben, illegal in der Fischer Hall zu wohnen. Was haben Sie sich bloß dabei gedacht, Sarah? Sind Sie verrückt geworden?«
Nun lässt sie die Hände sinken.
Weitere Kostenlose Bücher