Mord au chocolat
viele Leute ermordet, Heather. Wenn ich auch nicht abergläubisch bin – ich fürchte beinahe, über der Fischer Hall liegt ein Fluch.«
Sobald Lucy meinen Dad erblickt, springt sie von ihrem
fast völlig zerfetzten Magazin auf und wedelt mit dem Schwanz, läuft zu ihm und leckt seine Hand ab.
»Hallo, Lucy«, sagt er. »Nicht jetzt. Wir gehen später spazieren. Erst mal muss ich diesen Karton wegbringen. Da fällt mir ein, Heather – wenn du ein paar Minuten Zeit hast, möchte ich was mit dir besprechen. Larry und ich wollen dir einen geschäftlichen Vorschlag machen. Davon würden wir alle drei profitieren. Sicher interessiert es dich... Aber im Moment hast du wohl was anderes zu tun...«
Als Sarah immer lauter schluchzt, wirft Dad einen fragenden Blick in Coopers Richtung, weil ich offensichtlich zu beschäftigt bin, um zu antworten, und die Tränenflut eindämmen muss.
»Meine Schuld«, erklärt Cooper und zeigt auf Sarah. »Ich bin ein herzloser Schuft. Ohne jedes Feingefühl.«
»Klar.« Dad nickt verständnisvoll. »Natürlich. Das hat mir schon immer an dir gefallen. Eh, Heather...«
Ich blicke von Sarahs Rücken auf, den ich beschwichtigend tätschle. »Ja, Dad?«
»Vorhin hat Tad angerufen, weil er dich nicht auf deinem Handy erreichen kann. Du sollst zurückrufen. Sicher will er wissen, ob du okay bist, nach allem, was – eh – geschehen ist.«
»Danke, Dad.«
»Nun...« Unbehaglich mustert er die gramgebeugte Sarah, die neben mir auf der Couch kauert. »Ich glaube, das ist die letzte Nacht, die ich in diesem Haus verbringe. Wenn’s recht ist, mache ich geschmorte Rippchen zum Dinner für euch alle. Die habe ich schon mariniert. Ihr zwei seid doch daheim?«
Cooper und ich nicken, Dad lächelt zufrieden.
»Sehr gut. Dann sehe ich euch um acht herum. Ja, dich auch, Lucy.« Zu Sarah gewandt, fügt er hinzu: »Sie sind ebenfalls eingeladen, junge Dame. Hoffentlich geht’s Ihnen bis dahin besser. Es ist genug für alle da. Bye.«
Dad eilt davon, und Lucy schmollt, weil er sie nicht mitnimmt. Enttäuscht zerreißt sie Giselle Bündchens Gesicht. Coopers Blick schweift durchs Fenster, zum Himmel, der sich über den Sandsteinhäusern auf der anderen Straßenseite rosig färbt. Inzwischen schluchzt Sarah etwas leiser. Sie scheint sich zu beruhigen. Falls die Art und Weise, wie sie ihre Nase an ihrem Ärmel abwischt, diese Schlussfolgerung zulässt. Ich schaue mich nach Papiertaschentüchern um, dann erinnere ich mich, wo ich bin.
Schließlich finde ich eine Serviette von Dunkin’s Donuts, die nicht allzu benutzt aussieht, und halte sie ihr hin. Sie greift danach und putzt sich die Nase. Die Augen von unverhohlenem Hass erfüllt, starrt sie Cooper an. »Mit dem Mord an Owen habe ich nichts zu tun.«
»Das behaupte ich ja gar nicht.« Cooper nimmt die Füße vom Schreibtisch und beginnt, auf die Tastatur seines Computers einzuhämmern. Wahrscheinlich sucht er irgendwas im Internet. So, wie ich ihn kenne, geht’s um Giselle Bündchen.
»He, Sie haben mich eine Verschwörerin genannt!«, schreit Sarah.
»Heather hat’s Ihnen erklärt«, murmelt er, ohne sich vom Bildschirm abzuwenden.
»Ja, das stimmt, Sarah«, sage ich, »die Cops werden Sie nicht mit Sebastian reden lassen. Ich fürchte, er darf keine Besucher empfangen, außer seinem Anwalt. Schätzungsweise ist er gar nicht mehr in Manhattan, sondern auf Rikers Island.«
»Auf Rikers Island!«, wiederholt sie entsetzt.
»In den Tombs«, werde ich von Cooper verbessert. »Inzwischen werden sie ihn vom Sixth Precinct ins Manhattan Detention Center gebracht haben.« Mit schmalen Augen fixiert er den Bildschirm. »Vielleicht auch nicht. Morgen fährt er sicher nach Rikers.«
»O nein!« In wilder Panik springt sie auf. »Da dürfen sie ihn nicht hinbringen! Das verstehen Sie nicht! Er hat Asthma, er ist allergisch!«
Endlich schwingt Cooper seinen Drehsessel herum und starrt Sarah wütend an. Er sieht fast beängstigend aus. So wie am Morgen, als er mir verboten hat, bei den Ermittlungen der Mordkommission mitzumischen. »Okay, das war’s. Jetzt habe ich mir diese Scheiße lange genug angehört, Sarah. Erzählen Sie mir, was eigentlich los ist, oder verschwinden Sie. Nein!«, stößt er hervor, als sie sich Hilfe suchend zu mir wendet. »Schauen Sie Heather nicht an. Reden Sie, oder verlassen Sie mein Haus. Ich zähle bis drei. Eins...«
»Er hat’s nicht getan!«, jammert sie.
»Das weiß ich. Wie können Sie’s beweisen?
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