Mord auf dem Golfplatz
war, in Paris ein. Monsieur Béroldy war der jüngere Partner in einer Weinhandelsfirma, ein rundlicher Mann mittleren Alters, der die Freuden des Lebens liebte, seine bezaubernde Frau anbetete und ansonsten nicht weiter bemerkenswert war. Die Weinhandelsfirma war klein; sie machte zwar gute Geschäfte, gewährte dem jüngeren Partner aber kein großes Einkommen. Die Béroldys hatten eine kleine Wohnung und lebten zunächst sehr bescheiden.
Monsieur Béroldy mochte so unscheinbar sein, wie er wollte, seine Frau umgab jedenfalls das goldene Licht der Romantik. Die junge, gut aussehende und in jeder Hinsicht bezaubernde Madame Béroldy erregte sofort die Aufmerksamkeit der neuen Nachbarschaft, vor allem, als Gerüchte aufkamen, ein interessantes Geheimnis umhülle ihre Geburt. Angeblich war sie die uneheliche Tochter eines russischen Großfürsten. Andere nannten als Vater einen österreichischen Erzherzog, der mit ihrer Mutter in morganatischer Ehe verbunden gewesen sein sollte. In einem Punkt stimmten jedoch alle Gerüchte überein, nämlich darin, dass Jeanne Béroldy im Mittelpunkt eines aufregenden Geheimnisses stehe.
Zu den Freunden und Bekannten der Béroldys gehörte auch der junge Rechtsanwalt Georges Conneau. Schon bald zeigte sich, dass die faszinierende Jeanne sein Herz vollständig in ihren Bann geschlagen hatte. Madame Béroldy ermutigte den jungen Mann auf diskrete Weise, stellte aber immer wieder gewissenhaft ihre tiefe Zuneigung zu ihrem alternden Mann unter Beweis. Und doch gab es viele gehässige Mitmenschen, die bald erklärten, der junge Conneau sei ihr Liebhaber – und nicht der einzige!
Als die Béroldys seit etwa drei Monaten in Paris lebten, trat eine weitere Persönlichkeit auf den Plan. Und zwar Mr Hiram P. Trapp aus den Vereinigten Staaten, ein überaus reicher Mann. Als er der charmanten und geheimnisvollen Madame Béroldy vorgestellt wurde, fiel er ihrem Zauber augenblicklich zum Opfer. Seine Bewunderung war offenkundig, blieb aber streng respektabel.
Ungefähr zu dieser Zeit vertraute Madame Béroldy sich einigen Freundinnen an. Sie behauptete, sich große Sorgen um ihren Mann zu machen. Er habe, so erklärte sie, sich in verschiedene politische Affären verwickeln lassen, und sie erwähnte einige wichtige Unterlagen, die man ihm anvertraut habe und die mit einem für ganz Europa bedeutenden Geheimnis zu tun hätten. Diese Papiere waren ihrem Mann angeblich anvertraut worden, um Verfolger abzuschütteln, aber Madame Béroldy machte sich nun einmal Sorgen, da sie in Paris mehrere wichtige Mitglieder des Revolutionären Kreises erkannt zu haben glaubte.
Der Schicksalsschlag ereignete sich am 28. November. Die Zugehfrau der Béroldys fand zu ihrer Überraschung eine sperrangelweit offen stehende Wohnungstür vor. Da sie aus dem Schlafzimmer leises Stöhnen hörte, ging sie hinein. Und dort bot sich ihr ein entsetzlicher Anblick. Madame Béroldy lag an Händen und Füßen gefesselt auf dem Boden und stöhnte leise, nachdem sie sich von einem Knebel hatte befreien können. Auf dem Bett lag Monsieur Béroldy in einer Blutlache, in seinem Herzen steckte ein Messer.
Madame Béroldys Aussage war klar und überzeugend. Sie war aus dem Schlaf hochgeschreckt, als zwei maskierte Männer sich über sie beugten. Diese Männer hatten ihr den Mund zugehalten und sie gefesselt und geknebelt. Danach hatten sie von Monsieur Béroldy das berühmte Geheimnis verlangt.
Doch der furchtlose Weinhändler hatte sich schlankweg geweigert, ihren Wünschen nachzukommen. In seiner Wut über diese Weigerung hatte der eine der Männer ihm das Messer ins Herz gejagt. Dann hatten sie mit den Schlüsseln des Toten den Safe in der Zimmerecke geöffnet und eine Menge Papiere weggeschleppt. Beide Männer hatten Vollbärte gehabt und Masken getragen, aber Madame Béroldy war ganz sicher, dass sie sich auf Russisch verständigt hatten.
Diese Geschichte wurde zur Sensation. Die Zeit verging, doch die geheimnisvollen Bartträger wurden nie aufgespürt. Und als sich das Interesse der Öffentlichkeit endlich legte, kam es zu einer Aufsehen erregenden Entwicklung: Madame Béroldy wurde verhaftet und des Mordes an ihrem Mann bezichtigt.
Der Prozess erregte wiederum großes Interesse. Jugend und Schönheit der Angeklagten und das Geheimnis ihrer Herkunft machten ihn zur cause célèbre.
Es ließ sich einwandfrei beweisen, dass es sich bei Jeanne Béroldys Eltern um ein ganz und gar alltägliches und respektables Ehepaar
Weitere Kostenlose Bücher