Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi
entdecken müssen. Die Schändung einiger der Schwesterngräber.
Zeta hatte sich bis zum Ende ihres kleinen, ganz persönlichen Büchleins Zeit gelassen mit ihrer Offenbarung. Die Geheimniswahrerin. Diese Schwester gab in ihrer letzten Stunde die fürchterliche Wahrheit an eine andere aus dem Konvent weiter. Über den Tod der Margarete von Enzensdorf.
Althea hatte erfahren, wie Margarete bestraft wurde, doch Kath und ihr hatte sich das Warum nicht offenbart – obwohl die alte Kath gesagt hatte, die Frau sei kein Opfer gewesen.
Es war in der Zeit der schlimmsten Hinrichtungsprozesse des 17. Jahrhunderts.
Margarete schrieb einen Brief an den Erzbischof von Salzburg, Max Gandolf von Kuenburg, in dem sie einige der Mitschwestern denunzierte, mit Vorwürfen, die der Erzbischof aufs Schärfste verfolgt hätte: Die Schwestern seien bewandert in Kräuterkunde und als Hebammen tätig. Sie böten den Menschen auf der Insel und in der Umgebung des Sees ihre Hilfe an.
Was Margarete dazu bewogen hatte, ihre Mitschwestern dem Feuer zu überantworten, war nicht überliefert, wohl aber ihr Sterben. Die damalige Äbtissin hatte das Schreiben an den Erzbischof gefunden und sich zum Handeln entschlossen. Entgegen aller Glaubensgrundsätze, entgegen dem ethischen Bewusstsein von Liebe und Schwesterlichkeit.
Wie ein göttliches Zeichen musste es ihr erschienen sein, dass einige Zeit zuvor ein Blitz in die Eiche gefahren war und den Baum der Länge nach aufgespaltet hatte.
Ein geeignetes Grab für die abtrünnige Schwester. Vergebung würde es für Margarete nicht geben.
Es wurde beschlossen, sie mit einem Hexenstern zu zeichnen.
Zeta hatte einen fünfzackigen Stern aufgemalt, die Zacken beschriftet mit den Worten Geist, Luft, Wasser, Erde, Feuer.
Dieser Hexenstern sollte in die Haut geschnitten und mit einem dunklen Blau sichtbar gemacht werden.
Althea fragte sich, welche Zusammensetzung ein dunkles Blau hervorbringen und haltbar machen konnte, aber das stand hier nicht. Siglinde Servus und die Abteilung, die toxikologische Untersuchungen durchführte, würden es in Kürze herausfinden. Ein Pflanzengift, riet Althea. Nur welches?
Margarete war tot, sie sollte nie wieder auferstehen, und diejenigen, die davon wussten, würden schweigen.
Das Pergament bezeugte den Mord, es schrie Margaretes Schuld hinaus. Unterzeichnet und gesiegelt.
Der Geheimniswahrerin wurde überliefert, dass sich der Körper im Baum befand. Darum auch Zetas Erklärung, warum Jadwiga gemeint hatte, ausgerechnet der alten Äbtissin davon berichten zu müssen.
Weil Jadwiga es nicht gewusst hatte.
Die letzten Zeilen im Tagebuch galten Althea, zumindest lasen sie sich so. Zeta schrieb, warum sie die Pergamentrolle an sich genommen hatte.
Meine Vorfahrin war Äbtissin von Frauenwörth. Der Mord wurde in ihrem Namen begangen, und ich kann nicht zulassen, dass Ulrika Bruggner öffentlich für ihre Tat verurteilt wird. Die heutigen Medien sind so – sie urteilen und verdammen.
Wer das Pergament findet, möge es bitte unter Verschluss halten.
Eine Unterstützerin war schon immer unsere selige Irmengard, auch eine Geheimniswahrerin.
Doch jetzt war Margarete auferstanden, buchstäblich, und Althea musste zusehen, wie sie etwas verheimlichen konnte, von dem ein Foto existierte.
Und »findet« war gut gesagt, ihr war das Pergament zugesteckt worden.
Ihre Gedanken jagten sich, und es war kein einziger edler darunter. »Schwester Zeta, du bringst mich ganz schön in Verlegenheit.«
Das Trenngitter vor dem Altar würde verschlossen sein, aber Althea wusste, wo sich der Schlüssel befand. Die Gebeine der seligen Irmengard waren in einem Zinnkasten, der am Irmengard-Altar im Chorgang stand. Darin lagen Stoffreste von Irmengards Habit und andere Berührungsreliquien. Konnte es sein, dass dort auch die Tagebücher der Äbtissinnen verwahrt wurden? Zetas Anspielung auf die Geheimniswahrerin könnte so etwas andeuten.
Wenn du es nicht weißt, wirst du einen Blick hineinwerfen müssen. Der Gedanke manifestierte sich, und ehe Althea weiter Rätselraten spielte, schlüpfte sie unauffällig zur Tür hinaus, die Treppe hinunter.
In Turnschuhen und mit dem Saum ihres Habits über einem Arm tappte sie durch die Gänge, vorbei an den Porträts der ehemaligen Äbtissinnen, von denen einige ziemlich mürrisch aussahen. »Es muss sein!«, flüsterte sie.
In der Abtei herumzuschleichen behagte Althea nicht sonderlich, und noch weniger würde es ihr gefallen, erwischt zu
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