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Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi

Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi

Titel: Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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ihn noch ein paar Minuten in Ruhe lassen.
    Diese paar Minuten kamen ihr wie eine halbe Ewigkeit vor, aber die Tür zum Badezimmer stand offen. Sie war froh, denn es bedeutete, dass er nicht vorhatte, sich zu verstecken. Vielleicht wollte er reden.
    Andreas hielt den Kopf unter den Wasserhahn, im Waschbecken sammelte sich verdünntes Blut. Heidelinde nahm eins von den alten Handtüchern und drückte es ihm in die Hand.
    »Hast du dich geprügelt?«, fragte sie.
    »Und wenn?«, kam es zurück.
    Reden, hatte sie gedacht, aber das war keine gute Einleitung.
    »Dann gab es einen Grund«, riet sie, obwohl sie sich keinen denken konnte. Ihr Sohn war kein Schläger, er ließ sich nicht provozieren.
    »Nein«, sagte Andreas.
    Was war das für eine Antwort? Am liebsten hätte sie ihn geschüttelt. Andreas war doch kein Kind mehr, er machte eine Gärtner-Lehre und war im Grunde umsichtig. Vielleicht manches Mal ein wenig aufbrausend, wenn ihn etwas ärgerte oder er sich ungerecht behandelt fühlte. Jetzt aber erkannte sie ihren Sohn kaum wieder.
    Er wandte Heidelinde sein Gesicht zu. Sie wusste, ihres zeigte Erstaunen. »Wer hat dich so zugerichtet?«, wollte sie wissen.
    »Jo«, sagte er.
    »Jo, der seit dem Sandkasten dein Freund ist. Dieser Jo?« Ungläubig starrte sie ihn an. Johannes Färber war schon seit Kindertagen Andreas’ Freund, womöglich gab es aber noch einen anderen Jo.
    Er verzog nur den Mund.
    »Andreas, weißt du was? Du bist kindisch.« Sie hatte genug von den Spielchen. Dann musste er eben selbst damit klarkommen. Sie wandte sich um.
    »Ich hab ihm gesagt, dass einer seiner Vorfahren ein berüchtigter Hexenrichter war, der Angeklagte foltern und hinrichten ließ. Das haben doch deine tollen Recherchen ergeben.« Er spuckte Blut ins Waschbecken.
    Heidelinde hätte ihn um ein Haar ins Gesicht geschlagen, trotz seiner Verletzungen.
    »Weißt du, was du da anrichtest?«, schrie sie ihn an.
    »Weißt du es denn?« Aus seinem Blick sprach Zorn. »Ich habe es gelesen – alles. Auch das von der Magd, von Leonies Ahnin und dem Bacher-Bauer. Und ich wette, die Klosterschwestern werden keine Nachfahrin einer verurteilten Hexe als Nonne in ihrer Mitte dulden.«
    »Hör auf!«, rief Heidelinde und legte sich die Hände über die Ohren, um nichts mehr hören zu müssen.
    * * *
    Der Abend begann schon ziemlich früh – die Wintertage stahlen das Licht, hätte Althea gesagt. Sie hatte Jadwiga das dunkle Geheimnis noch nicht offenbart, die Priorin würde es früh genug von Siglinde Servus erfahren. Es war aber auch keine Zeit gewesen, vielleicht würde Althea später kurz an ihre Tür klopfen.
    Sie hatte begonnen, in Zetas Tagebuch zu lesen, und diesmal konnte sie nebenbei nicht stricken. Womöglich gab es Hinweise auf den Verbleib der Tagebücher.
    Der Archivar war im Gästehaus untergebracht worden, so würde er wenigstens den Schwestern keine schlaflosen Nächte bereiten. Ihr ohnehin nicht, obwohl er ein schmucker Mann war.
    Althea wusste nicht, was sie erwartet hatte … vielleicht nicht das Tagebuch einer ganz normalen Frau: ihr Werdegang, ihre Lieben, Leiden, Herausforderungen, Verfehlungen und Träume.
    Der Konvent hat mich zur Äbtissin unserer Gemeinschaft gewählt; einen schlechteren Zeitpunkt gibt es nicht. Ich wollte niemanden lieben außer den, dem ich mich versprochen habe. – Meine Liebe ist nicht stark genug, wenn sie einen anderen Mann ansieht – und begehrt , las Althea in einem Eintrag aus dem Jahr 1964.
    Sie hatte Zeta nur als alte Frau gekannt. Die junge Frau hatte sich verliebt. Zu der Zeit hatten archäologische Ausgrabungen in der Abtei stattgefunden, bei denen Fresken und Altarbilder entdeckt wurden. Mit einem Altertumsforscher hatte sie zuerst die Leidenschaft für die Historie des Klosters und danach noch eine andere geteilt. Sie schrieb darüber sehr offen, auch dass sie sich geliebt hatten. Das war ein Ding!, musste ihr Althea zugestehen.
    Zeta selbst verglich ihre Naivität mit der von Katharina Dallhuber, einer siebzehnjährigen Schülerin, die sich aus enttäuschter Liebe in einer Vollmondnacht vom Turm des Klosters gestürzt hatte. Seitdem, hieß es, höre man jeden ersten Vollmond im Oktober im Torbogen ihr Weinen und Schluchzen. Aber Katharina Dallhuber war damals schwanger gewesen.
    Zeta hatte sich schließlich für eine andere Liebe entschieden.
    Sie erzählte vom Klosteralltag, von Feierlichkeiten, von Unwettern und Stürmen, und was sie eines Morgens auf dem Friedhof hatte

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