Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi
verheiratet, hatte er behauptet, darum die Heimlichkeiten. Sollte Valentin sich doch etwas zusammenreimen. Andreas wollte nicht, dass er ihn mit einer der Novizinnen in Verbindung brachte, denn der Klosterwirt unterhielt wahrscheinlich vertraute Beziehungen zur Abtei.
Außer Valentin Zeiser wusste niemand von den Ausflügen, und als sich ihm eine Hand auf die Schulter gelegt hatte, war er erschrocken zusammengezuckt. Das Lachen klang weiblich, und als er sich umdrehte, hatte da in Jeans, Pulli und Daunenjacke Susanne Dahm gestanden und ihn angegrinst. Die Novizin war auch auf Abwegen. »Jetzt teilen wir ein Geheimnis«, hatte sie gesagt.
Traf sie sich mit dem Typen, den Andreas gesehen hatte, als er aus dem Boot gestiegen war? Schnell hatte sich der Mann in die Schatten zurückgezogen, richtig gesehen hatte Andreas ihn nicht.
Die Priorin hatte gesagt, sie habe einen Beweis, ein Foto, von ihm, das in der Nacht des Blitzeinschlags aufgenommen worden sei. Sie werde es zu verwenden wissen. Für Andreas eine klare Drohung.
Aber was war mit dem anderen? Hinter wem war der her? Hinter Susanne? Vielleicht hatte er mehr Erfolg gehabt als Andreas.
* * *
Der Abend hatte eine böse Wendung genommen. Schwester Jadwiga war weiß wie die Wand, Leonie war ihre Schutzbefohlene gewesen.
Ein Mord und dazu besondere Umstände. Sie konnten Leonie nicht halb im Wasser liegen lassen. Die Äbtissin traf eine Entscheidung. Das musste sie tun und dabei die Nerven behalten, weil aufgrund der Witterung kein Helikopter fliegen konnte. Die Polizei mit ihrem Team würde erst am nächsten Morgen eintreffen.
»Schwester Althea, zieh deine Strumpfhose an«, sagte Jadwiga.
Wie rücksichtsvoll, aber Altheas Stiefel waren nass, da würde eine trockene Strumpfhose auch nicht viel bringen.
Dalmetia hatten sie ins Bett gebracht, sie jammerte, sie werde gewiss ganz scheußliche Alpträume haben. »Wahrscheinlich«, hatte Althea ihr wenig einfühlsam zugestimmt. Was dachte sie bloß? Es war für alle ein Schock gewesen.
Susanne weinte. »Eberhard weiß vielleicht etwas«, lautete ihr abgehackt und unzusammenhängend vorgebrachter Einwurf.
Althea hätte sich gern mit diesem Eberhard beschäftigt, oder wenigstens mit Susannas Trauer, zuerst mussten sie jedoch Leonies Körper ins Trockene bringen.
»Schaffst du’s?«, fragte Althea die Novizin und ergänzte, an sich selbst gerichtet: Was gibt’s da zu schaffen? Das sprach sie nicht aus.
»Der Doktor schaut nach mir, aber ich weiß gar nicht, ob ich einschlafen will.« Es klang, als würde ein Kind sich gegen den Schlaf wehren, weil ein Ungeheuer im Dunkeln lauerte.
Es war tatsächlich ein Ungeheuer – ein menschliches.
Leonies Bett schien sie beide vorwurfsvoll anzustarren. An das Kopfkissen gelehnt saß der Bär mit seinem Rucksack und machte große Augen, als würde er warten.
Susanne griff nach Altheas Hand. »Schaust du später noch mal herein?«
Jadwiga hatte Valentin Zeiser als Wache bei der Toten zurückgelassen, bis geklärt war, was weiter zu geschehen hatte. Mürrisch tippelte er im Schnee auf und ab, bis ganz sicher auch nirgendwo mehr eine Spur von irgendetwas zu finden sein würde, und murmelte ständig: »Wie schrecklich, wie schrecklich.«
Die Krankentrage hatte man nach dem Abtransport der Mumie zurückgegeben, jetzt musste er sie wieder herausrücken. Außerdem erklärte ihm Jadwiga, was passieren würde, wenn sie am nächsten Morgen auch nur einen Ton darüber im Radio hören oder eine Zeile in der Zeitung lesen musste. Offenbar etwas ganz Fürchterliches. Vielleicht führte sie ihm die zehn Plagen vor Augen, denn der Klosterwirt nickte demütig.
Lichtenfels und Hardy waren auch wieder dabei, eine kleine Expedition, die helfen würde, Leonie zu bergen und alles zu bezeugen. Immerhin waren die beiden renommierte Forscher, die einen Ruf zu wahren hatten. Das war jedenfalls Jadwigas Argument.
Der Knochendieb war im Gästehaus verschwunden. Er gehe zu Bett, hatte der Archivar geflüstert und dabei ein Gesicht gemacht, als hätte ihn eine der Plagen schon ereilt. Althea überlegte, ob er Leonie vielleicht näher gekannt hatte. Er trauerte sichtbar, und sein Entsetzen ging tief.
Mit dem Mann stimmte etwas nicht, aber Althea hatte nichts weiter vorzuweisen als ihre Beobachtung am Altar, und das war nicht viel und hatte mit Leonie Haberl nichts zu tun.
Valentin war plötzlich auffallend schweigsam, Jadwiga betete tonlos, nur ihre Lippen bewegten sich.
Althea musste jeden
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