Mord auf Raten
haben alle Geld.«
»Ich spreche nicht von Geld. Konkurrenzneid zum Beispiel. Er hat alle Frauen bekommen, die er wollte, und ein anderer hat ihm diesen Erfolg nicht gegönnt.«
»Zu weit hergeholt. Dafür mache ich keinen Termin aus, sondern erledige ihn unangemeldet. Am besten nachts, wenn alles schläft.«
»Und Eifersucht? Eine Frau ist stinksauer, dass eine andere jetzt ihren Platz eingenommen hat, obwohl sie haargenau weiß, dass Kaufung sich nie binden würde.«
»Du als Frau müsstest doch am besten wissen, wie Frauenmorden. Die hätte sich vielleicht mit ihm verabredet, dann aber eine Pistole gezogen und das ganze Magazin leer geschossen. Sie hätte es aber bestimmt nicht am Freitagabend gemacht und schon gar nicht am helllichten Tag.«
»Und warum nicht? Was, wenn sie eine letzte Aussprache mit ihm wollte oder verlangte, er hat eingewilligt, sie jedoch eiskalt abblitzen lassen oder sogar ausgelacht, und dann sind bei ihr alle Sicherungen durchgebrannt? Soll’s auch schon gegeben haben.«
»Aber er wurde von hinten mit seinem Brieföffner erstochen, das heißt, er muss sich umgedreht haben.«
»Affekthandlung. Er hat sie verhöhnt, sie hat sich den Brieföffner geschnappt und einfach zugestochen.«
»Könnte sein. Trotzdem, diese letzte Aussprache lege ich nicht auf einen Freitagabend, schon gar nicht in der Praxis, schließlich hatte er ja auch noch eine Wohnung in der Villa. Außerdem bin ich sicher, dass Kaufung derjenigen gesagt hätte, dass er an diesem Abend nicht kann, denn er hatte ja die Verabredung mit der Johannsen. Und noch was zu der Eifersucht – eine eifersüchtige Frau bringt in der Regel nicht den Mann um, den sie liebt, sondern die Nebenbuhlerin. Oder wie siehst du das?«
»Kommt drauf an. Was ist mit falscher Behandlung?«
Brandt hielt an einer Ampel und trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad. »Weißt du, was mich ganz einfach stört? Es ist der Tatort und der Tatzeitpunkt. Ganz gleich, ob Neid, Eifersucht oder was auch immer, dafür hätte Kaufung nicht in die Praxis fahren müssen.«
»Und wenn ihm jemand vorgeschwindelt hat, krank zu sein und dringend seine Hilfe zu brauchen?«
»Dann hätte er nicht so nervös sein müssen. Ein kurzer Abstecher in die Praxis, fünf Minuten Untersuchung, ein Rezeptoder ein Medikament aus seinem eigenen Sortiment … Und schon sind wir wieder am Anfang.«
»Sorry, aber ich bin vorläufig mit meinem Latein am Ende«, sagte Eberl.
»Warum in seiner Praxis?« Brandt sah seine Kollegin von der Seite an. Die Ampel sprang auf Grün, was er nicht gleich bemerkte. Hinter ihm wurde gehupt, er legte den Gang ein und gab Gas. »Warum nicht bei ihm zu Hause? Ich meine, Kaufung war mit der Johannsen für neun verabredet. Er war in Eile und wollte diesen unangenehmen oder ungelegenen Termin bestimmt so schnell wie möglich hinter sich bringen, denn eine Frau wie die Johannsen lässt man ungern warten. Außerdem sagt sie selbst, dass er die Pünktlichkeit in Person war. Dann mache ich doch nicht den Umweg über die Praxis, sondern sage zu demjenigen, er soll gefälligst zu mir nach Hause kommen, schließlich wohnen Kaufung und die Johannsen nur ein paar Meter auseinander. Und wenn wir schon dabei sind, ich bin mir inzwischen fast sicher, dass das ein sehr kurzfristig abgemachter Termin war, den er gar nicht eingeplant hatte.«
»Warum hat er ihn dann wahrgenommen?«
»Vielleicht wurde er unter Druck gesetzt? Das könnte die ungewohnte Nervosität erklären.«
»Merkst du was?«, fragte Eberl. »Wir stellen Hypothesen auf, ohne auch nur das Geringste zu wissen. Kaufung ist tot, und wir haben nicht den blassesten Schimmer, warum. Hören wir doch einfach, was die andern über ihn zu berichten haben.«
Das Haus von Petra Johannsen lag versteckt hinter einer hohen Hecke, die so exakt geschnitten war, wie es nur ein Gärtner oder eine äußerst geübte Hand konnte. Über derKlingel waren die Initialen W.P.J. in bronzefarbenen Lettern angebracht. Petra Johannsen meldete sich über die Sprechanlage, Brandt nannte seinen Namen. Sie kam heraus, um sich zu vergewissern, dass es auch der Mann war, mit dem sie gestern Abend gesprochen hatte, und öffnete das Tor. Trotz der brütenden Hitze, die von Minute zu Minute unerträglicher wurde, trug sie eine lange Jeans, Turnschuhe und einen Sweater. Sie war ungeschminkt und sah dennoch ausgesprochen hübsch aus, auch wenn in ihrem Gesicht noch deutliche Spuren des vergangenen Abends abzulesen waren.
»Hallo«,
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