Mord auf Raten
mitzuteilen, dass Ihr Mann tot ist.«
Für einen Moment herrschte vollkommene Stille. Katharina Wedel sah Brandt an, als hätte er einen üblen Scherz gemacht und als würde sie nun darauf warten, dass er sich dafür entschuldigte. Doch als auch nach einigen Sekunden nichts dergleichen geschah, setzte sie sich in den breiten und tiefen Ledersessel, den Blick unverwandt auf den Mann gerichtet, der ihr diese Nachricht überbracht hatte.
»Was sagen Sie da? Mein Mann ist tot? Was ist passiert? Hatte er einen Unfall oder …«
»Er wurde umgebracht.«
»Umgebracht? Wann und wo?«
»In seiner Galerie.« Die Frage nach dem Wann ließ Brandt vorläufig unbeantwortet.
Sie schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. Sie weinte nicht, sie fing nicht an zu schreien, sie wirkte vollkommen ruhig, aber es war nicht diese Ruhe vor dem Sturm oder besser vor dem Zusammenbruch, es war eher eine ganz normale, unerklärliche Ruhe, die Brandt so noch nie zuvor bei einem Angehörigen erlebt hatte.
»Wie wurde er umgebracht?«
»Erschossen.«
»Das ist furchtbar. Hat er lange leiden müssen?«
»Das wissen wir nicht, aber …«
»Erst Jürgen, dann mein Mann«, wurde Brandt von ihr unterbrochen. »Da hat jemand ganze Arbeit geleistet.«
»Wie soll ich das verstehen?«, fragte Brandt leicht irritiert.
»Wer immer es auch war, er hat zwei Männer ermordet, die die besten Freunde waren.«
»Frau Wedel, wir müssen Ihnen die obligatorischen Fragen stellen. Zum Beispiel die, ob Ihr Mann Feinde hatte?«
»Jeder Mensch hat Feinde, nur die meisten geben sich nicht als solche zu erkennen. Man lächelt einem freundlich ins Gesicht und stößt ihm dabei ein Messer in den Rücken. Man merkt es erst, wenn es zu spät ist.«
»Frau Wedel, ihre philosophischen Ergüsse in allen Ehren, aber wir müssen herausfinden, ob Ihr Mann real existierende Feinde hatte, die sowohl ihm als auch Ihnen bekannt sind.«
Sie überlegte einen Augenblick und antwortete: »Ich denke schon, aber ich kann leider nicht mit Namen dienen, denner hat mit mir nicht darüber gesprochen. Er war überaus erfolgreich, was sicherlich einigen Leuten nicht gepasst hat. Sie kennen das ja, Neid beherrscht unsere Welt. Neid und Gier. Und dahinter verbergen sich immer Feinde.«
»Wie würden Sie Ihre Ehe beschreiben? War sie glücklich, harmonisch?«
Katharina Wedel senkte den Kopf und sagte: »Wir haben eine überaus glückliche und harmonische Ehe geführt, aber das habe ich Ihnen, soweit ich weiß, bereits gesagt, als Sie mich über den Tod von Dr. Kaufung informiert haben.«
»Haben Sie Ihren Mann eigentlich gar nicht vermisst?«
»Ich verstehe Ihre Frage nicht.«
»Nun, das ist ganz einfach, und damit will ich auch Ihre Frage nach dem Wann beantworten. Ihr Mann wurde gestern Abend irgendwann zwischen einundzwanzig Uhr dreißig und Mitternacht getötet, genau wissen wir es erst nach der Autopsie. Haben Sie sich nicht gewundert, dass er heute Morgen nicht zu Hause war?«
»Nein«, antwortete sie kühl, »das habe ich nicht, weil ich die ganze Nacht durchgearbeitet habe und mein Mann weiß, dass ich dann nicht gestört werden möchte.«
»Kann das jemand bezeugen?«
»Ist das eine normale Frage, oder steckt da etwa mehr dahinter?«
»Beantworten Sie bitte einfach nur meine Frage, umso schneller sind wir wieder weg.«
»Ich schreibe gerade an meinem neuen Buch, und dabei pflege ich alleine zu sein. Ich bin Schriftstellerin, falls Sie das vergessen haben sollten. Überhaupt, was soll das? Stehe ich etwa unter Verdacht, meinen Mann getötet zu haben? Wenn ja, dann sagen Sie es. Ich mag es nicht, wenn mit verdeckten Karten gespielt wird.«
»Frau Wedel, das ist kein Spiel, das wir hier spielen …«
»Und ich versichere Ihnen, mit dem Tod meines Mannes nicht das Geringste zu tun zu haben, auch wenn ich es nicht beweisen kann, weil ich ja kein Alibi habe.«
»Was ist mit Ihrer Tochter?«
»Die wird um acht ins Bett geschickt, sie kann nicht bezeugen, ob ich hier war oder nicht.«
»Hat sich Ihr Mann oft so lange in der Galerie aufgehalten?«
»In letzter Zeit immer häufiger, schließlich sollte übermorgen seine große Ausstellung feierlich eröffnet werden.«
Brandt meinte einen zynischen Unterton aus ihren Worten zu hören, ging aber nicht darauf ein, würde es jedoch auch nicht vergessen. »Und Sie haben den ganzen Abend nicht telefoniert und gefragt, wie es ihm geht, oder er hat hier angerufen und sich nach Ihrem Befinden erkundigt? Ich dachte immer, in
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