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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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hörte. Dann richteten sich alle Augen auf ein Paar, dessen männlicher Teil ärgerlich seine Taschen durchsuchte. Es waren Dr. Ellison Marwood und Pamela Waterson. Der Pieper wurde gefunden und abgestellt. Marwood entschuldigte sich bei seiner Begleiterin. Pascoe ging zu ihnen hinüber und fragte: »Ruft die Pflicht, Dr. Marwood? Ich kenne das Gefühl. Machen Sie sich keine Sorgen um Mrs. Waterson. Ich übernehme, während Sie nach einem Telefon suchen.«
    »Sie sind zu freundlich«, sagte Marwood beißend. »Ich komme wieder, sobald es geht, Pam. Tut mir leid.«
    Sie kam in Pascoes Arme und tanzte leblos, bis der Quickstep vorbei war. Ein plätschernder Applaus reichte, um die Kapelle zu einem Tango anzuspornen.
    »Tanzen Sie Tango?«
    »Nicht, wenn es nicht sein muß. Sie haben ihn also noch immer nicht gefunden?«
    »Nein. Sie haben vermutlich auch nichts von ihm gehört?«
    »Nein. Ich glaube nicht, daß ich je wieder etwas von ihm hören werde. Ich glaube, er ist tot.«
    »Guter Gott, sagen Sie das nicht!« erwiderte Pascoe, ehrlich schockiert. »Er wird bald auftauchen, glauben Sie mir.«
    »Ich denke nicht«, sagte sie. Sie sprach ohne Gefühlsregung, doch wie bei seinem letzten Gespräch mit ihr hatte er das Gefühl, daß nicht weit unter der Oberfläche tiefe Verzweiflung lauerte.
    War es die Art Verzweiflung, die jemanden dazu trieb, Briefe an Fremde zu schreiben? Er hatte den Hinweis der Briefschreiberin, daß sie heute abend hier sein werde, nicht vergessen, aber es war ihm kaum der Mühe wert erschienen, sein Gehirn mit dem Problem zu belasten. Es waren an die zweihundert Frauen hier, alle hatten sie das Gesicht aufgesetzt, das für die Öffentlichkeit bestimmt war. Welche Hoffnung bestand da, zu dem Kummer unter der kosmetischen Kleidung vorzudringen?
    Hier nun hatte er eine Frau, die ihren Schmerz nicht versteckte, nicht verstecken konnte. Würde er auf eine direkte Frage vor Überraschung eine ehrliche Antwort bekommen? Aber wie sollte er wissen, ob die Antwort ehrlich war? Und Fragen könnten eine Panik auslösen. Besser, er blieb einfach wachsam.
    Er führte sie zurück an ihren Tisch, an dem sich hauptsächlich Krankenhauspersonal tummelte. Als er zu seinem eigenen Tisch zurückkehrte, kam Ellie gerade heftig hinkend von der Walstatt. Der Gemüsemann überschlug sich vor Entschuldigungen, doch das Funkeln in seinen Augen veranlaßte Pascoe, sich zu fragen, ob Ellies Tanzpartner nicht vielleicht doch den Zeh erkannt hatte, dem sein Schienbein zum Opfer gefallen war.
    Auf dem Tanzboden fegten Dalziel und Chung von einer Seite zur anderen, was eigentlich wie die Parodie eines Valentino-Tangos hätte aussehen müssen, es aber irgendwie doch nicht war. Wie von den beiden inspiriert, spielte die Kapelle nur ein klitzekleines bißchen schief.
    »Wie der letzte Abend auf der Titanic«, ließ sich jemand über der anschwellenden Musik vernehmen.
    »Oder auf dem Ball von Waterloo«, sagte ein anderer.
    Sie könnten recht haben, dachte Pascoe. Nur daß die lautlosen Eisberge und donnernden Kanonen nicht draußen lauerten, sondern wahrscheinlich im Gemüt oder Herzen einiger Feiernder der ausgelassenen Festgesellschaft. Herr im Himmel! Zwei Gläser Antifrostschutz, und schon schwelgte er in Schwulst!
    Er spürte, wie Ellie ihn ansah.
    »Auf welchem Stern?« sagte sie.
    »Ich habe mich gerade gefragt, ob du jemals wieder Fußball spielen wirst«, antwortete er.
    Der Tango ging zu Ende, und die Kapelle holperte und stolperte in einen altmodischen Walzer hinein.
    »Probier’s aus«, sagte Ellie und stand auf.
    Sie drehten sich einige Male im Kreis, ohne zu reden. Dann fühlte Pascoe ein Klopfen auf seiner Schulter.
    »Entschuldigung«, sagte Dalziel, ein Gigologrinsen wie ein Krummschwert im Gesicht. »Ein Mann mit einem Holzbein ist nichts für eine Frau, die sich so graziös bewegen kann.«
    »Verziehen Sie sich«, sagte Pascoe liebenswürdig.
    Sie tanzten davon. Ellies Arme lagen um seinen Nacken und zogen ihn an sich.
    »Das ist das Schönste, was ich heute abend gehört habe. Ich hab dich lieb.«
    »Ich dich auch.«
    »Warum befolgen wir deinen guten Ratschlag nicht selbst?«
    »Äh?«
    »Und verziehen uns.«
    Sie stahlen sich ohne viel Aufhebens davon. Wie einfach das Leben manchmal war, dachte Pascoe. Man mußte nur die Titanic verlassen.
    Natürlich nur solange man sich darüber im klaren war, daß man geradewegs in die Schlacht von Waterloo stolpern konnte.

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    Fünfter Teil
    LUZIFER :
    Ärger

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