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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Malen hüpfst du da wie eine Gemse hoch«, versuchte sie ihn zu überreden. »Sieh mal.«
    Sie glich eher einer Berglöwin als einer Gemse, als sie geschmeidig und goldbraun die Leiter ohne erkennbare Anstrengung erklomm. Dalziel sah hinauf zu ihr, wie sie aufrecht und erhaben auf der winzigen Plattform stand. Mit einem aufmunternden Lächeln gab sie ihm ein Zeichen, ihr zu folgen.
    »Soll ich für Sie die Räuberleiter machen, Superintendent?«
    Dalziel drehte sich um und sah Philip Swain. Der war auch so ein Problem. Eileen Chungs Einschätzung der Lage, daß nämlich Swains Mitwirkung für einen Menschen wie Dalziel ein Ansporn sein würde, hatte sich als richtig erwiesen. Doch Trimbles Warnung war ein größeres Hemmnis, als Dalziel freiwillig zugegeben hätte, und jetzt hatten die Geschworenen bei der Wiedereröffnung des Verfahrens zur Feststellung der Todesursache ihm auch noch den vernichtenden Schlag zugefügt, auf Tod durch Unfall zu erkennen. Swain hatte den Gerichtssaal unter Sympathiebekundungen verlassen, wohingegen Dalziel von den Vorwürfen, die es allenthalben hagelte, die Ohren klangen.
    Er war nicht unschuldig an seiner Lage gewesen, weil er einfach nicht davon abgelassen hatte, den Verdacht gegen Swain zu schüren, was Eden Thackeray nötigte, ihn verhalten, aber nachhaltig auseinanderzunehmen.
    »Und Sie waren in jener Nacht
wo
gewesen, Superintendent?« hatte er lächelnd gefragt.
    Es stellte sich heraus, daß Thackeray ganz genau wußte, wo er gewesen war und wieviel er zu Abend gegessen hatte, und ungeachtet ihrer Freundschaft war er bereit gewesen, wenn nötig, seine Aussagen von Zeugen bestätigen zu lassen. Als der alte Anwalt Dalziel irgendwie zu dem Eingeständnis brachte, daß er sich gerade in einen Eimer übergab, als er Gail Swain das erste Mal im Fenster bemerkte, war es mit Dalziels Glaubwürdigkeit völlig vorbei, und der Leichenbeschauer war in seinem Resümee fast soweit gegangen, Dalziels Vorgesetzte anzuhalten, eine Untersuchung über die Führung der Ermittlungen einzuleiten.
    »Sollten Sie nicht eigentlich in Kalifornien sein?« sagte er jetzt zu Swain.
    »Ich fliege am Wochenende mit dem Sarg hinüber.«
    »Ich hoffe, daß alles nach Wunsch verläuft.«
    »Danke«, erwiderte Swain überrascht. »Ja, es wird eine höchst schmerzliche Erfahrung sein. Wobei die Verzögerung nicht gerade hilfreich war.«
    »Was? Ach ja. Sie sprechen von der Beerdigung. Ich meinte das wirklich wichtige Ereignis, Ihre Gespräche mit den Anwälten von Delgado. Ich könnte mir vorstellen, daß die mich zum Bürgermeister von Los Angeles gemacht hätten, wenn ich Ihnen eine Anklage wegen Mordes angehängt hätte!«
    Swain war dicht daran, seinem Ärger freien Lauf zu lassen, nahm dann aber Dalziels Bemerkung mit Humor.
    »Das ist schon besser, Superintendent«, sagte er. »Ich hatte einen Augenblick lang geglaubt, daß Sie weich würden. Aber dennoch vielen Dank für Ihre guten Wünsche. Wenn sie aufrichtig gemeint sind.«
    »Aufrichtig sind sie«, sagte Dalziel. »Ich möchte Sie so schnell wie möglich wieder in meiner Reichweite haben.«
    »Wie mich das rührt. Und warum?«
    Dalziel lächelte wie ein Eisbär.
    »Natürlich wegen der Mysterienspiele«, sagte er. »Weil die zweite Besetzung Mist ist und Eileen der Meinung ist, daß Sie der beste Teufel sind, für den sie je Regie geführt hat.«
    Er sprach die Wahrheit. Swain war hervorragend in seiner Rolle, und Eileen war sehr ärgerlich gewesen, als sie hörte, daß er eine ganze Woche abwesend sein würde.
    »Ich fühle mich geschmeichelt«, sagte er lächelnd. »Und ich hoffe sehr, daß es Ihnen bis zu meiner Rückkehr gelungen ist, in den Himmel zu kommen.«
    »Zu guter Letzt komme ich da schon noch hin«, sagte Dalziel. »Meistens schaffe ich es. Vergessen Sie Ihren Text nicht, während Sie weg sind. Ich werde genau hinhören.«
    »Andy, kriegst du nun deinen Hintern hier hoch, oder was?« schrie Eileen Chung.
    »In Ordnung. Ich komme«, sagte Dalziel. Und machte sich an den langen Aufstieg.
     
    Als er später zurück zum Präsidium kam, parkte er sein Auto auf dem neugestalteten Parkplatz, der nun eine einzige, permanente spöttische Erinnerung an sein Versagen war. In seinem Büro wühlte er in seiner Post und stöhnte, als er einen weiteren Brief der »dunklen Lady« fand, wie Pascoe sie nannte. Als hätte er ihn durch seinen Gedanken aufgerufen, kam Pascoe in den Raum.
    »Das Klopfen haben wir uns abgewöhnt, was?«
    »Tut mir leid, Sir.

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