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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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des Grundsatzes ›in dubio pro reo‹ hört irgendwo auf. Doch Geschworene denken anders. Zweifel macht nämlich süchtig. Hat man erst akzeptiert, daß sich die Staatsanwaltschaft einmal getäuscht hat, fällt es beim nächsten Mal gleich viel leichter, das zu akzeptieren. Nach dem zweiten Mal sind die Geschworenen dann soweit, daß sie mit Freuden glauben, die Forelle paddelt deshalb in der Milch, weil sie aus der Bordküche einer vorüberfliegenden Concorde geflogen ist. Darum gehe ich davon aus, daß Sie Ihr Schäfchen im trockenen haben, Phil. Ich schätze, der Staatsanwalt schreibt Ihre Frau und Arnie als Unfälle ab, akzeptiert, daß Sie nichts mit Watersons Tod zu schaffen hatten, und gibt Ihnen einen Klaps auf die Hand, weil Sie in den Mord an Bev King verwickelt waren. Glückwunsch! Das heißt, man wird Sie wahrscheinlich für ein Weilchen einlochen, aber nachdem, was ich erlebt habe, bin ich sicher, daß Sie Ihren Haferbrei aufessen und mit einem lächelnden Gesicht herauskommen werden, insbesondere wenn es nur ein Kinderteller ist, den Sie leer essen müssen.«
    Dalziel hielt inne, und Swain musterte sein strahlendes Gesicht wie ein Matrose, der noch Angst vor den Riffen hat, die zwischen ihm und dem schützenden Hafen liegen.
    »Ist das offiziell, Superintendent?« fragte er.
    »Es ist mehr als offiziell«, lachte Dalziel. »Es ist das, was ich denke.«
    Swain nickte und begann zu lächeln.
    »Das genügt mir«, sagte er. »Ich danke Ihnen, daß Sie gekommen sind. Das war unerwartet freundlich von Ihnen.«
    Er stand auf und hielt Dalziel die Hand hin. Der musterte sie einen Augenblick und packte dann fest zu. Einige Sekunden standen sich die beiden lächelnd gegenüber, dann sagte Dalziel: »Das heißt …«
    »Das heißt …?«
    »Tja – es ist schade«, begann Dalziel, brach ab und schüttelte den Kopf wie im Bedauern. Das Lächeln verschwand von Swains Zügen. Er versuchte, seine Hand zurückzuziehen, aber aus Dalziels Griff war kein Entkommen, und langsam, ohne daß der Dicke seine Kräfte sichtbar einsetzte, drückte er Swain wieder auf seinen Stuhl.
    »Schade?« sagte Swain nach Luft schnappend.
    »Schade wegen der anderen Leiche«, sagte Dalziel. »Sie haben wohl gedacht, Sie halten sich an das Ami-Sprichwort: Wenn es nicht kaputt ist, versuch es nicht zu reparieren! Wenn kein Risiko besteht, warum dann Vorsichtsmaßnahmen ergreifen? Wenn sich alle sicher sind, warum dann Zweifel säen? Sie können meine Hand jetzt loslassen, Phil, wenn Sie möchten. Wir wollen doch nicht, daß die Wärter reden!«
    »Wovon zum Teufel sprechen Sie eigentlich? Was für eine andere Leiche?« wollte Swain wissen, der sich die blutleere Hand rieb.
    »Die des jungen Tony Appleyard natürlich. Ich kann nachvollziehen, warum Sie sich da nicht viel Mühe gegeben haben, Phil. Ich meine, alles wies so deutlich auf Arnie. Motiv, Gelegenheit, Verhaltensweise. Und obendrein glaubte er noch selbst, daß er es gewesen war!«
    »Er hat es ja auch getan! Sie Schwein! Was versuchen Sie mir anzuhängen? Ich brauche mir das nicht anzuhören. Ich will mit meinem Anwalt reden!«
    »Wie ich schon sagte, Phil, das würde entweder bedeuten, daß er von Barbados zurückkommen muß, was ihm kaum gefallen würde, oder daß Sie sich nach dort hinbequemen müßten, was zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht recht konveniert. Aber Sie haben natürlich das Recht, dieses Gespräch jederzeit abzubrechen. Ein Wort von Ihnen genügt. Ich kann sowieso nicht viel länger bleiben. Muß an mein Publikum denken. Wofür entscheiden Sie sich?«
    Um Selbstbeherrschung ringend, erwiderte Swain: »Sie sind ein schlechter Verlierer, Dalziel, und was Sie hier mit mir anstellen, ist nichts als kompensatorischer Sadismus. Aber das Fernsehprogramm ist an Feiertagen immer schrecklich langweilig, also können Sie mich ruhig noch eine Weile unterhalten.«
    Dalziel nickte zustimmend.
    »Wissen Sie was, Phil«, sagte er freundlich, »als wir uns kennenlernten, mochte ich Sie gar nicht, doch in letzter Zeit sind Sie mir richtig ans Herz gewachsen. Wie ein Tumor. Es wird mir fast leid tun, Sie herauszuschneiden. Der Fall, wie ich ihn heute sehe, liegt so: Arnie kam in der Tat zu Ihnen in der Meinung, er habe Appleyard getötet. Doch das ganze Gesülz, daß Sie ihm Hilfe versprochen haben, und der Streit mit Ihrer Frau, weil die das mitgekriegt hatte, ist Unsinn. Nein, Sie wurden hellwach und spitzten die Ohren, als Arnie Ihnen sagte, er habe die Handgreiflichkeiten mit

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