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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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er. »Gegen halb sieben. Niemand hat gesehen, wie er eingeworfen wurde. Weil PERSÖNLICH darauf stand, habe ich ihn ins Büro des Superintendent gelegt. Ich dachte, er sieht heute vormittag rein. Normalerweise tut er das, wenn er frei hat, es sei denn, er ist mindestens hundert Meilen weit weg.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Pascoe. »Danke, George.«
    Er legte den Hörer auf und setzte sich. Einen Augenblick später nahm er den Brief und öffnete ihn.
    Er las ihn zweimal, dann griff er wieder zum Telefon. »Zentralkrankenhaus.«
    Er gab Pottles Durchwahl an, aber die Stimme, die antwortete, war nicht Pottles.
    »Dr. Pottle ist heute leider nicht da.«
    »Kann ich ihn zu Hause erreichen? Es ist dringend.«
    »Nein, tut mir leid, er ist auf einer Konferenz in Straßburg. Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Nein«, erwiderte Pascoe.
    Er legte auf und las den Brief noch einmal. Es war keine Zeit, jemanden über den Fall zu informieren, aber es wäre gut gewesen, noch jemanden zu haben, der mit ihm die Worte enträtselt hätte – und die Last, die sie ihm aufbürdeten, mit ihm geteilt hätte. Nun wünschte er sich, er hätte Ellie die Briefe gezeigt. Er wünschte, Dalziel sei da und würde seinen Anteil an der Verantwortung übernehmen. Der groß war. Riesig, genaugenommen. Denn darum ging es in dem Brief, oder? Es war eine Mitteilung an Dalziel, daß er versagt hatte.
    Er erinnerte sich nun an das, was Pottle über den Selbstmörder als eine Art Spieler gesagt hatte, für den das eigene Leben der Einsatz ist. Der Psychiater hatte gemeint, die Gründe, die die Schreiberin dafür angab, daß sie Dalziel als Briefpartner gewählt habe, könnten trügerisch sein. Nicht seine Härte, sondern seine Berühmtheit als Kriminalist, sein Ruf, auf der Suche nach der Wahrheit durch die Wand zu gehen, hätten ihn zum Kandidaten gemacht.
    In ihrem letzten Brief ließ die dunkle Lady den Schleier fallen. Sie bekannte sich zwar nicht zu ihrem Namen, aber zu ihren Gefühlen. Der Brief war voll Bitterkeit und implizitem Vorwurf. Verschwunden war der Ton dankbarer Hochachtung, an seine Stelle war ein anklagender, beinahe spöttischer Ton getreten. Und er selbst wurde mit Dalziel in einen Topf geworfen. Dalziel, der hübsche Inspector und der häßliche Sergeant bildeten eine heilige Dreifaltigkeit, teilten sich die gleichen Erfolge und die gleichen Niederlagen … Das war ungerecht, sie hatte nicht ihn als Ansprechpartner ausgewählt, es war nicht seine … Ärgerlich schob er seine Rechtfertigungsversuche beiseite. Sie kosteten nur Zeit. Er war derjenige, vor dem der Brief lag, in welchem die dunkle Lady schrieb, daß sie sich an diesem Tag umbringen würde. Niemand sonst konnte sie davon abhalten, das stand fest. Es war an ihm. Aber wie? Er erinnerte sich an etwas anderes, das Pottle gesagt hatte. Hinweise, die sie liefern würde, wären aller Wahrscheinlichkeit nach solche, die ein Polizist interpretieren könnte. Es war an der Zeit, Bestürzung, Schuld und Wut zu vergessen. Es war an der Zeit, Polizist zu sein.
    Er las den Brief ein weiteres Mal durch.
    Er hatte das Gefühl, die Frau zu kennen. Er konnte aus dem Brief eine Bekanntschaft ableiten, obwohl es natürlich möglich war, daß sie ihn kannte, aber nicht umgekehrt. In dem Fall gäbe es keine Hoffnung. Also mußte er einfach von der Prämisse ausgehen, daß er sie kannte. Sie erwähnte auch Wield. Der häßliche Sergeant. Und sie bezog sich auf einen spezifischen Fall. Den Fall Swain. In den Fall Swain waren zwei Frauen verwickelt, beide hatten beträchtlichen Grund, vom Leben desillusioniert zu sein. Nüchtern ließ er sie vor seinem Auge Revue passieren. Shirley Appleyard war die jüngere, aber er hatte bei ihr immer eine reife Stärke gespürt. Und sie hatte ein Kind, an dem sie sich festhalten konnte. Auch Pamela Waterson war eine starke Frau. Doch ihr persönlicher Schicksalsschlag wurde von ihrer schweren Arbeit verschlimmert, den vielen Stunden, die sie in einer Umgebung verbrachte, wo Tod, Verfall und Krankheit herrschten …
    Er griff zum Telefon und wählte die Krankenhausnummer.
    Mrs. Waterson habe keinen Dienst, hieß es. Als nächstes rief er im Schwesternwohnheim an. Nach einer Weile beantwortete eine weibliche Stimme das Gemeinschaftstelefon. Ja, Pam sei da. Sie würde bei ihr anklopfen. Einige Minuten später war die Stimme wieder da. Es tue ihr leid, sie müsse sich getäuscht haben. Niemand gehe an die Tür.
    Und sie hatte aufgelegt, bevor Pascoe sich

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