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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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die Verhandlung schön früh angesetzt, damit sie nicht mit meiner Schauspielerei kollidiert. Sie fehlen uns übrigens allen. Ihr Ersatz ist nicht schlecht, kann Ihnen aber nicht das Wasser reichen. Ihm fehlt das tiefere Verständnis, das Sie für die Rolle hatten!«
    Als er hinaus in das goldene Licht des sommerlichen Tags ging, lächelte Dalziel noch immer. Er hatte nichts gegen eine gute Portion Schadenfreude, aber dafür hätte er einen so schönen Morgen nicht geopfert. Er war von dem neuen Fall, den Pascoe ihm in den Schoß gelegt hatte, entzückt gewesen, doch inzwischen hatte er einen sehr gesunden Respekt vor Swains Geschicklichkeit, sich zu drehen und zu wenden und sich zu ducken und auszuweichen, wenn man ihm neue Beweise entgegenschleuderte. Er konnte sich vorstellen, wie das Gehirn des Mannes, den er soeben verlassen hatte, bei dem verzweifelten Versuch, ein Schlupfloch in die Freiheit zu finden, sich wie eine Fledermaus auf einem Speicher im Kreise drehte und Klangspiralen aussandte.
    Ja, er hatte sich schadenfroh die Hände reiben wollen, aber er hatte darüber hinaus auch Verwirrung stiften wollen. Behutsam zog er das Pflaster ab. Der Ballen seiner Hand kam unverletzt zum Vorschein. Auf der Heugabel war eine Blutspur gewesen, und es war dieselbe Blutgruppe wie die von Tony Appleyard. Doch das war nicht dieselbe Blutgruppe wie die von Dalziel. Wenn man es mit einem gerissenen Fuchs zu tun hatte, durfte man ihn nicht mit seinen eigenen Waffen schlagen wollen. Er war durch Erfahrung klug geworden. Doch es konnte nicht schaden, einem raffinierten Gegner etwas zu geben, woran er sich die Zähne ausbeißen konnte!
    Nun lag alles in den Händen der Juristen.
    Und natürlich auch des lieben Gottes.
    Er warf einen Blick auf seine Ambanduhr. Eileen Chung würde ungeduldig werden.
    Er holte tief Luft und machte sich auf den Weg, um mit der Schöpfung zu beginnen.

Zwei
    D er Brief lag unbemerkt auf Dalziels ausnahmsweise nicht mit Akten übersätem Schreibtisch, als Pascoe gegen zehn das Büro betrat.
    Bis jetzt war es relativ ruhig gewesen, doch nun wurde es in der Stadt zusehends voller. Die Helfer auf den zentralgelegenen Parkplätzen mußten die ersten verärgerten Autofahrer abweisen, und bald würden die Kneipen aufmachen. Ohne Zweifel hatten sich die Ordnungshüter vor fünfhundert Jahren ähnlichen Problemen gegenübergesehen. Auch damals führten öffentliche Feste zur Störung der öffentlichen Ruhe und feiertägliche Menschenansammlungen zu feiertäglichen Straftaten, doch ausnahmsweise empfand Pascoe keinen Trost bei dem Gedanken an die historische Kontinuität. Wären die Mysterienspiele im Mittelalter geblieben, wo sie hingehörten, und all diese Ausflügler daheim geblieben, um die feiertäglichen Sportereignisse am Fernseher zu verfolgen, wäre das Leben für die Polizei von Mid-Yorkshire um einiges einfacher gewesen.
    Oder mach ich mir ins Hemd, weil ich für den Laden hier verantwortlich bin? fragte er sich. Es war komisch; er war sich absolut sicher gewesen, daß Dalziel der Versuchung nachzusehen, ob alles in Ordnung sei, nicht würde widerstehen können, und er hatte sich darauf vorbereitet, seinen Vorgesetzten genervt mit einem sarkastischen Spruch zu begrüßen. Doch angesichts der Tatsache, daß die Prozession am Mittag losging, war es nicht sehr wahrscheinlich, daß der Dicke jetzt noch aufkreuzen würde, und besorgt stellte Pascoe fest, daß er so etwas wie Enttäuschung darüber empfand.
    Vielleicht, dachte er, als er die Tür zum Büro des Superintendent aufstieß, vielleicht bin ich ja gar nicht wegen der Akte hergekommen, von der ich vermute, daß sie der dicke Andy aus meinem Aktenschrank geholt hat, sondern um seine Aura zu inhalieren. Der Gedanke war so widerlich, daß er beinahe auf dem Absatz kehrtgemacht hätte. Da sah er den Brief.
    Obwohl er auf dem Kopf lag, erkannte er die Maschinenschrift. Ohne ihn zu berühren, schritt er langsam um den Schreibtisch, bis er den Umschlag richtig herum lesen konnte. Er war an Detective Superintendent Andrew Dalziel, Leiter der Kriminalpolizei im Polizeipräsidium Mid-Yorkshire, adressiert. In der Ecke oben links stand, ebenfalls getippt, PERSÖNLICH . Der Umschlag hatte keine Briefmarke.
    Er nahm den Hörer ab und stellte zum Empfang durch.
    »Auf Mr. Dalziels Schreibtisch liegt ein Brief«, sagte er. »Wann ist er angekommen?«
    Nach einer Beratungspause kam Sergeant Broomfield an den Apparat.
    »Lag heute früh im Briefkasten«, sagte

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