Mord auf Widerruf
dir die Gelegenheit!«
Wenn Dalziel sich für eine Einladung revanchierte, führte er seine Gäste in eine Wirtschaft oder ein Restaurant. Ellie konnte nicht abstreiten, schon häufig gesagt zu haben, daß Dalziels mysteriöses Zuhause ihre Neugier reize.
»In Ordnung«, sagte sie. »Das sind zwei Gründe. Nun rück mit dem dritten raus.«
»Wenn zwei gut sind, dann ist das ohnehin die Mehrheit«, wand er sich.
»Versuch nicht, mich auszutricksen. So etwas gehört sich nicht für einen Chief Inspector. Wie lautet Nummer drei?«
»Sofort. Wir sind gleich da.«
Plötzlich drückte er zweimal fest auf die Hupe. Ellie schreckte hoch.
»Was sollte denn das?«
»Ich dachte, ich hätte eine Katze gesehen«, sagte er unbestimmt, bog nach links ab und unmittelbar danach noch einmal nach links.
»Haben wir uns verfahren?«
»Nein. Da sind wir.« Er fuhr vor, stieg aus und schaute auf seine Uhr.
»Wir haben reichlich Zeit«, sagte Ellie. »Ist das wirklich das richtige Haus? Ich hatte etwas Unheimlicheres erwartet.«
»Du solltest dir wirklich mehr alte Filme ansehen. Wenn er im Ausland ist, braucht er nur einen Sarg voll Erde aus seiner Heimat Transsylvanien.«
Dalziel riß beim ersten Klingeln die Tür auf. Er sah makellos aus, wie er da in einem weißen Hemd, rot-grün gestreiftem Schlips und einem hervorragend sitzenden Anzug aus einem hochwertigen anthrazitfarbenen Wollstoff vor ihnen stand. Einen Moment dachte Peter Pascoe, daß Dalziel womöglich schon fertig sei, doch dann sah er seine nackten Füße.
»Ellie, wie geht’s?« sagte Dalziel herzlich. »Lange nicht gesehen.«
»Hallo, Andy«, erwiderte sie. »Sie sehen schick aus.«
»Sie meinen den Anzug? Mit einem guten Anzug kann man sich überall sehen lassen, heißt es nicht so? Nur hereinmarschiert. Legen Sie ab, Ellie, machen Sie’s sich bequem. Bei Gott, Sie sehen auch nicht gerade übel aus. Warten Sie, bis ich Sie beim Bürgermeisterball zum Tanz hole. Wir werden es der jungen Brut zeigen!«
Peter Pascoe schneuzte sich heftig die Nase im vergeblichen Bemühen, seinen Lachanfall zu unterdrücken. Es war zu komisch, wie Dalziel sich des Altersunterschieds gar nicht bewußt war. Ellie funkelte ihren Mann an, und Dalziel sagte: »Nehmt euch etwas zum Trinken. Ich brauche nicht mehr lange.«
Das Zimmer, in dem sie waren, war klein und quadratisch und mit einer dreiteiligen Plüschgarnitur ausgestattet, einem Fernseher mit einer 14-Zoll-Bildröhre, einer Glasvitrine, in der ein Queen-Anne-Teeservice stand, einer viktorianischen Anrichte und einem so hochpolierten Marmorkamin, daß er aus Plastik zu sein schien. Auf dem Kaminsims standen eine Kutscheruhr (stehengeblieben), zwei Messingleuchter, drei Messingaffen und ein angeschlagener Porzellanaschenbecher mit der Inschrift
Souvenir aus Bridlington.
Über der Feuerstelle hing ein runder Spiegel, der eine neue Silberauflage brauchte und der die Flugbahn dreier Porzellanenten über die himmelblaue, mit rosa Hundsrosen geschmückte Tapete unterbrach.
»Wie in einer BBC -Kulisse für ein Fünfziger-Jahre-Stück«, sagte Ellie und fuhr leicht mit dem Finger über den Kaminsims. Er blieb staubfrei.
»Er hat wahrscheinlich eine Zugehfrau«, sagte ihr Mann.
»Genau wie du, was? Wo stehen denn die Getränke, von denen wir uns bedienen dürfen?«
Peter Pascoe öffnete die Anrichte. Sie war voller Gläser und Flaschen, alles Whisky, einige Single Malts, andere verschnitten. Er nahm irgendeine, füllte ein Glas und reichte es Ellie. Dann sah er wieder auf seine Uhr.
»Peter, nun beruhige dich doch. Es ist doch nichts Hochoffizielles. Es kommt nicht darauf an, wann wir erscheinen, solange wir es nicht übertreiben.«
»Wird der Junge ungeduldig?« sagte Dalziel beim Eintreten. »Er hat jedoch ganz recht. Wenn die Getränke gratis sind, sollte man nicht schüchtern sein.«
»Alles gut und schön, wenn man nicht fährt«, sagte Peter Pascoe. »Übrigens, ich werde gleich so anfangen, wie ich weiterzumachen gedenke – könnten Sie mir etwas Wasser ins Glas tun, Sir?«
Er reichte sein Glas Dalziel, der den Gesichtsausdruck eines Priesters angenommen hatte, der von einem Kommunikanten um ein wenig Salz für die Oblate gebeten wird. Traurig den Kopf schüttelnd, verließ er den Raum.
»Verdünnen hat keinerlei Wirkung auf den Alkoholspiegel«, begann Ellie zu predigen, doch ihr Publikum war im Begriff, seinem Gastgeber aus dem Zimmer zu folgen.
»Du willst wohl sichergehen, daß ich ihn ertränke?« knurrte
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