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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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keine Ahnung, daß im Kemble auch Sumo-Ringer auftreten.«
    Die Bemerkung klang ziemlich komisch aus dem Mund des einzigen Mannes im Saal, der es eindeutig mit Dalziel aufnehmen konnte.
    »Das«, sagte Peter Pascoe, »ist der Superintendent Andrew Dalziel, mein Vorgesetzter, der mit großer Freude vernehmen wird, daß akademische Objektivität und christliche Nächstenliebe in dieser Welt noch immer blühen und gedeihen. Die Herren entschuldigen mich.«
    Bauch und Ellbogen wichen zur Seite wie das Rote Meer, und er ging hinüber zu Ellie, die mit einer mausartigen Frau mittleren Alters in Tweedkostüm und Gesundheitsschuhen in ein Gespräch vertieft war.
    »Hallo«, begrüßte Ellie ihn. »Amüsierst du dich?«
    »Ich bin gerade den beiden größten Langweilern in die Hände geraten, die man sich vorstellen kann«, sagte er. »Und nun brauche ich zur Abwechslung dringend etwas Leichtes.«
    »Ja, wir haben dich in der Ecke gesehen«, sagte Ellie, eine Spur zu aufgeräumt. »Dorothy, das ist mein Mann, Peter. Peter, das ist Dorothy Horncastle.«
    »Hallo«, sagte Pascoe, der eine Minute auf der Leitung stand. Aber Ellie räumte jeden Zweifel aus.
    »Die Frau von Kanonikus Horncastle«, fuhr sie fort. »Entschuldigen Sie mich bitte, ich muß unbedingt mit Ratsherr Wood über die Kaffeemaschine im Arbeitslosenzentrum sprechen.«
    Vielleicht wollte sie sich taktvoll zurückziehen, um Pascoe ihre Gegenwart zu ersparen, wenn er seinen peinlichen Patzer auszubügeln versuchte, aber er fühlte sich im Stich gelassen.
    »Ich wollte sagen, daß ich persönlich keine Ahnung vom Mittelalter habe und dem Hin und Her der hochspezialisierten Diskussion nicht folgen konnte, obwohl ich keinen Zweifel hege, daß …«
    Stotternd brach er unter Dorothy Horncastles Blick ab. Sie war gar nicht die gelassene Dame von Welt, die sich unterschwellig über seine Verlegenheit amüsierte, dachte er, sondern war an der Kränkung, die er ihrem Mann zugefügt hatte, aufrichtig desinteressiert.
    »Sie sind bei der Polizei, wenn ich mich nicht täusche?« sagte sie.
    »Ja, bei der Kripo.«
    »Einer von Mr. Dalziels Leuten?«
    »Ja. Kennen Sie den Superintendent?«
    »Nur vom Hörensagen. Ist er ein alter Freund von Miss Chung?«
    »Nein, obwohl man es nicht glauben würde, nicht wahr?« sagte Pascoe lächelnd in dem Augenblick, als die Presse in Gestalt von Sammy Ruddlesdin von der »Evening Post« das Zwiegespräch der beiden rüde unterbrach.
    »Er steht im Ruf eines Menschen von überraschendem Scharfblick«, sagte Dorothy Horncastle.
    »Ja? Ich meine, ja, ich vermute, das stimmt. Möchten Sie ihn kennenlernen?«
    Sie überlegte, dann lächelte sie wie über einen heimlichen Scherz. »Vielleicht später.«
    Eileen Chung hatte Dalziel Ruddlesdin überlassen und war auf dem Weg zu ihnen. Sie blieb aber nicht bei ihnen stehen, sondern sagte nur im Vorbeigehen: »Hallo, Dorothy.« Sie bedachte Peter Pascoe mit einem Flattern ihrer langen Wimpern und gab ihm durch ein kaum wahrnehmbares Daumenzeichen zu verstehen, daß alles bestens lief, bevor sie sich zwischen die mittelalterlichen Streithähne warf. Unstone wurde zum entzückten Wackelpudding und beugte sich über ihre Hand, um einen widerlichen Kuß draufzupflanzen, und selbst der frostige Stiftsherr taute unter Eileen Chungs Sonnenenergie sichtlich auf, auch wenn er keinen Versuch unternahm, sie mit einer körperlichen Berührung zu begrüßen.
    Pascoe merkte, daß Mrs. Horncastle die Szene gespannt beobachtete. Sie konnte doch wohl nicht eifersüchtig sein?
    Er sagte: »Eileen Chung scheint es gelungen zu sein, die erhitzte Debatte der beiden zu beenden, was mehr ist, als ich von mir sagen kann.«
    »Er hält sich für Gott«, sagte sie.
    »Wie bitte?«
    »Mein Mann denkt, er ist praktisch schon Gott.«
    Pascoe sah sich den Mann im Licht dieser Aussage noch einmal an. Er mußte einräumen, daß er ihn trotz der Kürze ihrer Bekanntschaft zwar als schwafelnden, altjüngferlichen Moralapostel eingestuft hatte, aber nicht so weit gegangen war, ihn für paranoid zu halten.
    »Bringt er diese Überzeugung in einer bestimmten Form zum Ausdruck?« fragte er. »Ich meine, versucht er sich an Wundern, Levitationen oder ähnlichem?«
    »Was?« Plötzlich hatte die Frau ein ganzes Jahrzehnt hinweggelächelt. »Aber nein. Ich meine nicht, daß er an Sinnesstörungen leidet, Mr. Pascoe. Er glaubt ganz einfach, daß Miss Chung ihn darum bitten wird, in den Mysterien die Rolle Gottes zu spielen.«
    »Das

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