Mord auf Widerruf
gerade gesagt, oder?« sagte sie wütend.
»Nein, was ich meine, ist, daß es gewöhnlich mehr als zwei Wege gibt.«
»Tatsächlich? Nennen Sie mir zwei weitere«, sagte sie herausfordernd.
»In Ordnung«, grinste Seymour. »Was würde passieren, wenn Sie Ihrem obersten Chef eine Bettpfanne an den Kopf werfen?«
»Man würde mich entlassen.«
»Das wäre ein Weg. Und was würde passieren, wenn Sie schwanger würden?«
»Im Augenblick, fürchte ich, müßte man den Balg wohl Jesus nennen«, sagte sie traurig.
»Sie können es nennen, wie Sie wollen, Sie wären zu zweit. Wollen Sie eine Familie?«
»Davon bin ich ausgegangen, als ich geheiratet habe«, sagte sie. »Ich bin Katholikin, müssen Sie wissen. Keine gute, aber immerhin. Er hatte andere Vorstellungen. Ich habe es mir einfach gemacht und mich angepaßt. Nein, das ist nicht gerecht. Ich habe mich angepaßt, weil ich es damals so wollte. Jetzt wünschte ich mir … aber es ist zu spät …«
»Dann ist es also endgültig aus zwischen Ihnen? Lassen Sie sich scheiden?«
Sie schüttelte den Kopf. »Keine Scheidung. So katholisch bin ich immerhin noch. Doch endgültig aus ist es, ja, auch wenn er mir wohl noch immer gefällt. Der komisch aussehende Kerl, der das erste Mal kam, hat ihnen wahrscheinlich erzählt, wie er uns beim Schmusen erwischt hat. Das hatte nichts zu bedeuten. Es gibt nur einfach nichts Tröstlicheres als zu schmusen, wenn man müde und deprimiert ist.«
Beim Reden warf sie kurz einen nachdenklichen Blick auf Seymour, und der nahm einen langen Schluck Luft aus seiner leeren Kaffeetasse.
»Wissen Sie«, nahm sie den Faden wieder auf, »ich habe ihn nicht verlassen, weil ich festgestellt habe, daß er nach der Heirat anders war. Ich habe ihn verlassen, weil er sich noch viel ähnlicher war, als ich gedacht hatte.«
»Äh?« sagte Seymour.
Lächelnd sagte sie: »Klingt bekloppt, nicht? Ich will damit sagen: Bevor wir heirateten, wußte ich, daß er den Mund voll nahm und sich schnell in die Hosen machte. Ich wußte, daß er gern Mister Cool spielte, aber bei der geringsten Provokation die Beherrschung verlor; und ich wußte, daß er verrückt nach echten Blondinen mit langen Beinen war. Aber das zählte alles nicht. Daß ich wußte, wie viel Angst er manchmal hatte, schien uns nur enger zu verbinden, und ich bildete mir ein, ihn von Situationen fernhalten zu können, die ihn zum Ausrasten brachten. Und was die Blondinen mit den langen Beinen anging, nun, ich war selbst eine, oder? Und was geschah? Nichts, außer daß er sich auf Dummheiten einließ, nur um zu beweisen, daß er keine Angst hatte. Und ich konnte nicht immer anwesend sein, um zu verhindern, daß er die Beherrschung verlor. Und seine Liebe zu gertenschlanken Blondinen beschränkte sich nicht auf mich. Wie gesagt, ich kann nicht die Tatsache dafür verantwortlich machen, daß ich nicht wußte, wie er war!«
»Auf welche Dummheiten hat er sich denn eingelassen?« fragte Seymour.
»So Sachen wie sich selbständig zu machen. Ich meine, so was ist verrückt, wenn niemand, der seine fünf Sinne beieinander hat, für einen arbeiten würde!«
»Doch Sie haben ihn noch immer gern? Und als er anrief und Sie bat, sich mit ihm zu treffen, sind Sie hingegangen?«
»Natürlich. Warum nicht?« wollte sie wissen.
»Sie wußten doch, daß die Polizei bei einer wichtigen Ermittlung seine Hilfe braucht«, sagte Seymour so streng er konnte.
»Ach diese Geschichte«, winkte sie ab. »Zu guter Letzt finden Sie ihn. Dabei geht es doch nur um einen dummen Unfall, oder nicht? Wenn er nicht ausgebüxt wäre, hätten Sie inzwischen wahrscheinlich alles aufgeklärt.«
»Sehr wahrscheinlich. Warum ist er also untergetaucht?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht fühlt er sich nun wichtig, wahrscheinlich ist es das.«
»Hat er Ihnen das gesagt, als Sie sich trafen?«
»Nein, aber ich habe ihn natürlich danach gefragt, und er tat ganz geheimnisvoll, und dieses Spielchen habe ich schon gleich am Anfang nicht mehr mitgespielt.«
»Worüber haben Sie noch gesprochen?«
»Ich kann mich nicht an alles erinnern. Nur an das Unangenehme – als er anfing, sich aufzuregen. Das ist das Problem bei Greg, er kann neunzig Prozent der Zeit charmant, amüsant, wunderbar sein, aber wenn man erst einmal von den restlichen zehn Prozent gekostet hat, dann erinnert man sich an nichts anderes mehr.«
»Dann erzählen Sie mir von den unangenehmen Dingen im ›Erlösten Pilger‹«, sagte Seymour.
»Nun, es
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